Hier soll die Zukunft für Bayerns Wälder wachsen
Im Lindacher Forst im Landkreis Augsburg werden Türkentannen und Libanonzedern gepflanzt. Auf einem Versuchsfeld entstehen auch die besten Roteichen-Nachkommen. Bis zur Ernte vergehen noch Jahrzehnte
Auf einer Fläche von gut 5000 Quadratmetern, versteckt im Lindacher Forst zwischen Biburg und Horgau, wächst Bayerns Zukunft heran – oder auch nicht. Im Frühjahr wurden dort Baumarten gepflanzt, die in 100 Jahren den prognostizierten Klimaänderungen gewachsen sein sollen. Die Experten hoffen, dass sie in der Zukunft das Spektrum der Nadelholzarten in Süddeutschland einmal erweitern können. Die Wahl fiel auf Atlasund Libanonzeder sowie Türkentanne, weil sie jetzt schon unter Klimabedingungen wachsen, die für Schwaben in einigen Jahrzehnten erwartet werden.
Der Türkentanne gefällt’s offenbar nicht auf dem Versuchsfeld der Bayerischen Staatsforsten: Die meisten der kleinen Pflänzchen sind bereits verkümmert. Forstrevierleiter Tobias Veh und der Leiter des Forstbetriebs Zusmarshausen, Hubert Droste, untersuchen die kleinen Zweige eines kniehohen Pflänzchens. Da ist nichts mehr zu machen: Aus ihm ist ein vertrocknetes Gerippe geworden. So wie aus vielen der kleinen und markierten Bäume auf dem Versuchsfeld.
Veh schätzt, dass der Ausfall bei der Bornemüllertanne, die auch als Türkentanne bezeichnet wird, bei außergewöhnlich hohen 90 Prozent liegt. Ein Grund könnte das trocken-warme Frühjahr und die große Hitze des Hochsommers sein. „Oder ein Fehler in der Nachzucht, weil die gleichzeitig gepflanzten Zedern wesentlich besser angewachsen sind“, sagt Droste. Das Saatgut der trocken- und frostresistenten Zedernarten und der Tanne wurde in der Türkei gewonnen und in deutschen Pflanzschulen nachgezogen. Droste: „Es stammt aus Wäldern, wo die Jahresmitteltemperatur heute schon deutlich über zehn Grad beträgt und in denen weniger als 700 Millimeter Niederschlag fallen.“Zum Vergleich: Die jährlichen Niederschlagswerte im Raum Augsburg liegen im Augenblick bei etwa 800 bis 850 Millimetern, die Jahresdurchschnittstemperatur liegt bei neun Grad. Weißtanne und insbesondere die Douglasie fühlen sich bei diesem Klima richtig wohl. Sie wurden im Lindacher Forst deshalb extra neben die Alternativbaumarten gepflanzt, um das Wachstum gut vergleichen zu können.
Der Waldversuch im Lindacher Forst, der vom Amt für Saat und Pflanzenzucht in Teisendorf (Chiemgau) in Zusammenarbeit mit dem Forstbetrieb Zusmarshausen angelegt wurde, ist Teil eines großen länderübergreifenden Projekts: Insgesamt wurden in Bayern und Baden-Württemberg vier Versuchsfelder angelegt. Um alle Fragen klären zu können, ist der Versuch auf mehrere Jahrzehnte angelegt.
Zeit wird es auch brauchen, bis ein weiteres Projekt im Staatsforst erfolgreich ist. Einige Kilometer entfernt gibt es ein weiteres Versuchsfeld, auf dem Saatgut von Roteichen optimiert wird. Ziel es ist, die besten Nachkommen von qualitativ hochwertigen Altbäumen zusammenzuführen, um eine gegenseitige Bestäubung zu ermöglichen. Dafür wurden Bayern beste Roteichen ausgewählt. Das Amt für forstliche Saat- und Pflanzenzucht hatte in Zusammenarbeit mit den Bayerischen Staatsforsten vor einem Jahr die Nachkommen von mehreren Dutzend Altbäumen in getrennten Parzellen gepflanzt. Sie sollen jetzt regelmäßig gemessen werden. Die schlechten Exemplare entnehmen die Forstwissenschaftler. Zurück bleiben Bayerns Beste: Sie sollen dann ab einem Alter von 40 Jahren zur Saatguternte genutzt werden. Weitere Versuchsflächen gibt es bei Laufen, Ingolstadt, Augsburg und Friedrichshafen.
Übrigens: Auch die Roteiche, die in Nordamerika zu Hause ist, gilt als Baum mit Zukunft. Sie wächst doppelt so schnell wie die heimischen Eichen und kommt gleichzeitig mit hohen Temperaturen gut aus – die wird es wohl noch öfters geben.
Bayerns beste Roteichen auf einem Fleck