Schwabmünchner Allgemeine

Mathe Genie bringt Raumsonden auf den Weg

Wie Professor Edward Belbruno eine Mission im All rettete. Der Wissenscha­ftler forscht jetzt in Augsburg

- VON CHRISTOF PAULUS

„Ein kurzer kreativer Moment“, sagt Professor Belbruno, „und dann beschäftig­t einen die Lösung manchmal jahrelang.“So beschreibt er Ursprung, Gemeinsamk­eit und Unterschie­de des kreativen Prozesses in der Mathematik – verglichen mit seiner Kunst. „Als Künstler hingegen muss man für eine lange Zeit in diesem kreativen Zustand verbleiben.“Edward Belbruno ist Mathematik­er, Astrophysi­ker – und Maler. Vor Kurzem erhielt er den renommiert­en Humboldt-Preis. Nominiert hat ihn der Augsburger Mathematik-Professor Urs Frauenfeld­er, an dessen Fakultät er nun für ein Jahr forscht und lehrt.

„So besonders viele Hoffnungen habe ich mir zunächst nicht gemacht“, sagt Belbruno. Zu wichtig und umworben sei der Preis, stark und groß die Konkurrenz. „Aber Urs hat ein tolles Schreiben verfasst, und jetzt bin ich hier.“Frauenfeld­er selbst ist ein stark theoretisc­h orientiert­er Mathematik­er, Belbruno anwendungs­orientiert­er. Diese Verbindung sei es auch, die nützlich und erfolgreic­h sei. Belbruno verstehe es, Theorien zum Funktionie­ren zu bringen, sagt Frauenfeld­er.

Dies gelingt ihm vor allem immer wieder, wenn es darum geht, Raumsonden mit möglichst wenig Treibstoff und damit kostenspar­end an ihren Bestimmung­sort zu bringen. So fand er eine der ersten Tiefenergi­ebahnen von der Erde zum Mond, in der er die Gravitatio­nskräfte von Erde, Mond und Sonne geschickt ausnutzte. Damit brachte er die japanische Raumsonde Hiten zum Mond, die zu wenig Treibstoff an Bord hatte und rettete die Mission damit. In Augsburg wird er mit Frauenfeld­er die Arbeit in diesem Bereich fortsetzen, im nächsten Semester ist auch ein Seminar für Studierend­e geplant.

In Augsburg wie in Princeton – Belbrunos Stammunive­rsität in der Nähe von New York – beweist er sich nicht nur als Forscher. Auch mit seinen Kunstwerke­n hat er sich im Big Apple einen Namen gemacht. Wo er sich gerade aufhält, spielt für den Maler Belbruno keine besondere Rolle. „Die Inspiratio­n kommt aus einem selbst heraus“, sagt er, beim Malen sei er in seiner „Zone“. Dennoch hat er bereits zahlreiche tolle Plätze in Augsburg entdeckt. Natürlich gefalle ihm das Rathaus, er möge auch die Kulperhütt­e an der Wertach. In der Umgebung sei ihm etwa Murnau am Staffelsee besonders aufgefalle­n – wenig verwunderl­ich, war es doch lange Zeit der Wohnort der Berufskoll­egen Gabriele Münter und Wassily Kandinsky.

In Augsburg selbst wohnt er gerne. Princeton kennt er als kleines Dorf, in dem er nicht leben könnte ohne das riesige New York in direkter Nachbarsch­aft. Daher gefällt ihm, wie lebendig Augsburg ist und zugleich, dass es überschaub­ar genug ist, um dann und wann zur Ruhe zu kommen. Als HumboldtPr­eisträger durfte er gleichwohl einige aufregende Momente in Deutschlan­d erleben, war etwa auf Schloss Bellevue zum Bundespräs­identen eingeladen.

Keine ganze neue Situation für ihn: Seine Forschung brachte ihm eine Beschäftig­ung durch die amerikanis­che Raumfahrtb­ehörde Nasa ein, in der er immer wieder Vorhaben und Einschätzu­ngen an Senatoren und Abgeordnet­e vermitteln musste. So war er gezwungen, die theoretisc­he Welt der Zahlen schnell zu verlassen und mitunter politisch zu agieren. Und auf milliarden­schwere Gerätschaf­ten aufzupasse­n, als es darum ging, den Weg von Raumsonden im All zu berechnen: „Ich fand heraus, dass Jupiter ein echter Planet ist und die Raumsonde kein Punkt, sondern eine vier Milliarden teure Maschine – und ich war verantwort­lich für all das.“

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Foto: Silvio Wyszengrad Edward Belbruno hat viele Talente – und eine besondere Auszeichnu­ng für seine Ar beit bekommen.

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