Schwabmünchner Allgemeine

Das Kaffeehaus „anno 1578“schließt überrasche­nd

Als Grund für das Aus wird eine Umstruktur­ierung genannt. Das Köpfhaus hat eine lange Geschichte

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Der Abschied kommt überrasche­nd: Das Kaffeehaus anno 1578 am Fuggerplat­z hat gegenwärti­g geschlosse­n. Über die Gründe dringt nicht viel an die Öffentlich­keit. Am Eingang zum Lokal, das im Köpfhaus untergebra­cht ist, informiert ein Schild. Darauf ist zu lesen: „Aufgrund betriebsbe­dingter Umstruktur­ierung ist das Kaffeehaus vorübergeh­end geschlosse­n. Wir bitten um Verständni­s.“Preistafel­n stehen noch im Nebenraum. Der Blick ins Lokal zeigt, dass Tische und Stühle ebenfalls an gewohnter Stelle sind.

Der Name des Lokals anno 1578, das bei Gästen wegen der Außenbewir­tung beliebt war, erinnert an die Historie. Es ist untergebra­cht im Köpfhaus, das eine bewegte Vergangenh­eit hat, wie ein Blick ins Zeitungsar­chiv zeigt. Historiker Franz Häußler hat sie zusammenge­tragen. Im Jahr 1578 ließ die Tuchhändle­rfamilie Hainhofer am Alten Heumarkt, dem heutigen Fuggerplat­z, mehrere spätmittel­alterliche Gebäude zu einem Haus vereinigen. Sie beauftragt­e damit den Maurermeis­ter Johannes Holl, Vater von Elias Holl. Davon ist die Renaissanc­e-Gewölbehal­le mit fünf Rotmarmors­äulen erhalten, die zum Kaffeehaus anno 1578 umfunktion­iert ist.

Im Jahre 1712 kaufte Johann Köpf aus Lindau das Kaufmannsh­aus, das als „Köpfhaus“bis heute firmiert. Die Silberhänd­ler- und Bankiersfa­milie war bis 1771 Eigentümer. Georg Jacob von Köpf gab dem großen Bau das heutige Aussehen. 1738/39 ließ er das Gebäude innen und außen grundlegen­d erneuern. Anno 1771 übernahmen der Bankier Georg Walther von Halder und seine Frau Magdalena Barbara, geborene von Köpf, das prächtige Haus. Ihr Sohn Friedrich war der letzte von Halder. Er übertrug 1832 das Bank- und Wechselges­chäft auf seinen Neffen Paul von Stetten. Das Köpfhaus wurde zur Stetten-Bank. Sie ging 1907 in der Dresdner Bank auf. Es wurde für einige Jahre zum repräsenta­tiven Mietshaus, zeitweise zum Dienst- und Wohnsitz des kommandier­enden Generals in Augsburg.

Im Jahr 1913 verkaufte Friedrich Johann von Stetten das Haus an die Industrie- und Handelskam­mer Augsburg (IHK). 60 Jahre lang war das Köpfhaus ihre Zentrale. Es diente nicht nur als Bürohaus, sondern als repräsenta­tiver IHK-Sitz.

Dank des Einsatzes des Hausmeiste­rs überstand die IHK-Zentrale den Feuersturm in der Bombennach­t des 25./26. Februar 1944 mit reparablen Schäden. Die IHK konnte ihr Gebäude im Stadtzentr­um weiterhin nutzen. 1968 begann die Planung für ein neues Kammergebä­ude mit Bildungsze­ntrum. Im September 1973 übersiedel­ten die damals 138 IHK-Mitarbeite­r in den Neubau an der Stettenstr­aße. Das Köpfhaus stand zum Verkauf. Nachbar Siller & Laar erwarb es 1974, behielt den nicht optimal nutzbaren Bau aber nur bis 1982. Nun kam die Kaufhauske­tte Karstadt zum Zug. Ihr gehörte das angrenzend­e Nachkriegs­gebäude. 25 Jahre besaß der Konzern das einstige Bürgerhaus, das sich architekto­nisch gewaltig vom damit verbundene­n Kaufhaus unterschei­det. 2007 trennte sich der Karstadt-Konzern vom Köpfhaus. Diesem Besitzwech­sel folgte eine Umgestaltu­ng, um die Immobilie rentabler nutzbar zu machen. Die einstige Eingangsha­lle wurde zum Kaffeehaus anno 1578 umfunktion­iert.

 ?? Foto: Bernd Hohlen ?? Im Köpfhaus sitzt das Kaffeehaus „anno 1578“. Derzeit bleibt das Restaurant samt Außenbewir­tung geschlosse­n.
Foto: Bernd Hohlen Im Köpfhaus sitzt das Kaffeehaus „anno 1578“. Derzeit bleibt das Restaurant samt Außenbewir­tung geschlosse­n.

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