30000 Fahrzeuge mehr am Tag
Nicht nur am verkehrsreichsten Punkt des Landkreises ist die Belastung in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Doch welches Rezept gibt es gegen die Blechlawine?
105000 Fahrzeuge am Tag oder im Schnitt jede Sekunde 1,2 Autos: Am verkehrsreichsten Punkt im Landkreis Augsburg herrscht mächtig Betrieb. Zwischen 2010 und 2016 hat das tägliche Fahrzeugaufkommen an der Anschlussstelle Augsburg West um fast 30000 Fahrzeuge zugenommen.
Die automatische Verkehrszählung der Bundesanstalt für Straßenwesen dokumentiert auch für andere Punkte im Augsburger Land eine deutliche Zunahme des Straßenverkehrs. An der Autobahn bei Zusmarshausen ging es von 53000 auf über 64 000 rauf, auf der B 2 bei Langweid um knapp 7000 Fahrzeuge auf 44 000. Im Süden bei Untermeitingen das gleiche Bild. Passierten 2010 gut 28 000 Gefährte die automatische Zählstelle an der B 17, waren es sechs Jahre später am Tag rund 35000.
Mitten drin in der Blechlawine Zehntausende Pendler aus dem Augsburger Land. Mehr als 98000 Arbeitnehmer machen sich aus ihren Wohnorten auf zu den Arbeitsplätzen, ein gutes Drittel davon nach Augsburg. Auch in die umge- Richtung ist jede Menge los. Wohin soll das führen?
Das ist jetzt Thema für die Fraktionen im Kreistag. Im Herbst wollen sie die Diskussion eröffnen, welche Wege aus dem Verkehrs–Schlamassel führen können. Schnelle Erfolge wird es dabei nicht geben, sagt Landrat Martin Sailer (CSU): „Das wird ein längerer Prozess.“
Im Landratsamt gibt es seit diesem Jahr eine Stabsstelle für Mobilität und Klimaschutz, die den Weg für ein neues Verkehrskonzept ebnen soll. Schritt eins: Die Kreistagsfraktionen konnten bis Anfang August ihre Vorstellungen benennen. Wo es klemmt, das sehen die Kom- munalpolitiker jeden Tag vor der eigenen Haustür. Ständiger Begleiter der täglichen Völkerwanderung auf Straße und Schiene ist der Stau. Von B 2, B 17 und A 8 häufen sich die Staumeldungen – von der chronisch verstopften B 300 spricht außer dem Verkehrsfunk ohnehin kaum mehr einer. Der Ausbau der Bahnlinien zwischen Augsburg und Ulm und Augsburg und Donauwörth steht seit Jahrzehnten auf dem Forderungskatalog der örtlichen Politik, mehr als eine teilweise Verwirklichung ist aber nicht in Sicht.
Greifbare Fortschritte gab es in den vergangenen Jahren bei der Straßenbahnanbindung nach Königsbrunn und der Reaktivierung der Staudenbahn. Noch fährt aber auch hier kein Zug. Auf B17 und Autobahn sollen Verkehrsbeeinflussungsanlagen die Autoflut kanalisieren helfen, am besonders belasteten Knoten Augsburg West könnte im kommenden Jahr eine verlängerte Einfädelspur helfen.
In den Augen des Fraktionschefs der Freien Wähler im Kreistag muss es aber um mehr gehen als punktuelle Nachbesserungen. Fabian Mehring: „Wie kann eine echte Verkehrswende gelingen und der Kolkehrte laps des Straßennetzes in der Region verhindert werden.“
Freie Wähler und Grüne im Kreistag drängen schon seit gut einem Jahr unabhängig voneinander darauf, dass die Kreispolitik Gas gibt. Im April fand eine Sondersitzung des Kreistags statt, in deren Zuge die Chefs der Verkehrsinstitutionen - vom Vize des Staatlichen Bauamts über einen Spitzenvertreter der Bayerischen Eisenbahngesellschaft bis zum Vorstand der Stadtwerke den Kreisräten ihre Pläne erläuterten.
Mehring fand das damals zu wenig: „Wir haben nur Problembeschreibungen gehört, brauchen aber dringend Lösungen.“Im April beantragte der FW-Politiker, der Landkreis möge endlich ein Verkehrskonzept für die Zukunft unter Berücksichtigung aller Verkehrssparten entwickeln und umsetzen – nun wird es offenbar ernst. Mehring zeigt sich zufrieden: „Steter Tropfen höhlt den Stein.“Nun bestehe die Chance, gemeinsam mit allen Fraktionen des Kreistags Verbesserungen auf den Weg zu bringen.
Landkreischef Sailer äußert sich zurückhaltender. Zuerst einmal müsse man sammeln, was die Kreistagsfraktionen als gewählte Vertreter der Politik wollten, dann müsse man unter anderem schauen, wie sich die Verkehrsströme entwickeln. Für manche Projekte sei der Landkreis allein schlicht eine Nummer zu klein, sagt Sailer mit Blick auf Nahverkehrstarife oder Schienenwege. „Das können wir allein nicht stemmen.“„Spannende Ansatzpunkte“sieht Sailer dagegen im Bereich Carsharing. Auch für den Radverkehr könnte der Kreis aus eigener Kraft etwas tun. Derzeit aber sei der Inhalt des Konzepts offen.
Wie zahlreich die Wünsche sind, verdeutlicht allein ein Blick auf die Forderungen der Freien Wähler. Sie sind Lückenschlüsse im Radwegenetz und wollen das Potenzial von Radautobahnen ausloten. Der Personennahverkehr brauche eine Reform der in diesem Jahr in Kraft getretenen Tarifreform, das Verkehrsleitsystem an der B17 solle im Erfolgsfall auch auf der B 2 ab Langweid installiert werden.
Der Landrat äußert sich zurückhaltender