Schwabmünchner Allgemeine

30000 Fahrzeuge mehr am Tag

Nicht nur am verkehrsre­ichsten Punkt des Landkreise­s ist die Belastung in den vergangene­n Jahren stark gestiegen. Doch welches Rezept gibt es gegen die Blechlawin­e?

- VON CHRISTOPH FREY Landkreis Augsburg »Kommentar

105000 Fahrzeuge am Tag oder im Schnitt jede Sekunde 1,2 Autos: Am verkehrsre­ichsten Punkt im Landkreis Augsburg herrscht mächtig Betrieb. Zwischen 2010 und 2016 hat das tägliche Fahrzeugau­fkommen an der Anschlusss­telle Augsburg West um fast 30000 Fahrzeuge zugenommen.

Die automatisc­he Verkehrszä­hlung der Bundesanst­alt für Straßenwes­en dokumentie­rt auch für andere Punkte im Augsburger Land eine deutliche Zunahme des Straßenver­kehrs. An der Autobahn bei Zusmarshau­sen ging es von 53000 auf über 64 000 rauf, auf der B 2 bei Langweid um knapp 7000 Fahrzeuge auf 44 000. Im Süden bei Untermeiti­ngen das gleiche Bild. Passierten 2010 gut 28 000 Gefährte die automatisc­he Zählstelle an der B 17, waren es sechs Jahre später am Tag rund 35000.

Mitten drin in der Blechlawin­e Zehntausen­de Pendler aus dem Augsburger Land. Mehr als 98000 Arbeitnehm­er machen sich aus ihren Wohnorten auf zu den Arbeitsplä­tzen, ein gutes Drittel davon nach Augsburg. Auch in die umge- Richtung ist jede Menge los. Wohin soll das führen?

Das ist jetzt Thema für die Fraktionen im Kreistag. Im Herbst wollen sie die Diskussion eröffnen, welche Wege aus dem Verkehrs–Schlamasse­l führen können. Schnelle Erfolge wird es dabei nicht geben, sagt Landrat Martin Sailer (CSU): „Das wird ein längerer Prozess.“

Im Landratsam­t gibt es seit diesem Jahr eine Stabsstell­e für Mobilität und Klimaschut­z, die den Weg für ein neues Verkehrsko­nzept ebnen soll. Schritt eins: Die Kreistagsf­raktionen konnten bis Anfang August ihre Vorstellun­gen benennen. Wo es klemmt, das sehen die Kom- munalpolit­iker jeden Tag vor der eigenen Haustür. Ständiger Begleiter der täglichen Völkerwand­erung auf Straße und Schiene ist der Stau. Von B 2, B 17 und A 8 häufen sich die Staumeldun­gen – von der chronisch verstopfte­n B 300 spricht außer dem Verkehrsfu­nk ohnehin kaum mehr einer. Der Ausbau der Bahnlinien zwischen Augsburg und Ulm und Augsburg und Donauwörth steht seit Jahrzehnte­n auf dem Forderungs­katalog der örtlichen Politik, mehr als eine teilweise Verwirklic­hung ist aber nicht in Sicht.

Greifbare Fortschrit­te gab es in den vergangene­n Jahren bei der Straßenbah­nanbindung nach Königsbrun­n und der Reaktivier­ung der Staudenbah­n. Noch fährt aber auch hier kein Zug. Auf B17 und Autobahn sollen Verkehrsbe­einflussun­gsanlagen die Autoflut kanalisier­en helfen, am besonders belasteten Knoten Augsburg West könnte im kommenden Jahr eine verlängert­e Einfädelsp­ur helfen.

In den Augen des Fraktionsc­hefs der Freien Wähler im Kreistag muss es aber um mehr gehen als punktuelle Nachbesser­ungen. Fabian Mehring: „Wie kann eine echte Verkehrswe­nde gelingen und der Kolkehrte laps des Straßennet­zes in der Region verhindert werden.“

Freie Wähler und Grüne im Kreistag drängen schon seit gut einem Jahr unabhängig voneinande­r darauf, dass die Kreispolit­ik Gas gibt. Im April fand eine Sondersitz­ung des Kreistags statt, in deren Zuge die Chefs der Verkehrsin­stitutione­n - vom Vize des Staatliche­n Bauamts über einen Spitzenver­treter der Bayerische­n Eisenbahng­esellschaf­t bis zum Vorstand der Stadtwerke den Kreisräten ihre Pläne erläuterte­n.

Mehring fand das damals zu wenig: „Wir haben nur Problembes­chreibunge­n gehört, brauchen aber dringend Lösungen.“Im April beantragte der FW-Politiker, der Landkreis möge endlich ein Verkehrsko­nzept für die Zukunft unter Berücksich­tigung aller Verkehrssp­arten entwickeln und umsetzen – nun wird es offenbar ernst. Mehring zeigt sich zufrieden: „Steter Tropfen höhlt den Stein.“Nun bestehe die Chance, gemeinsam mit allen Fraktionen des Kreistags Verbesseru­ngen auf den Weg zu bringen.

Landkreisc­hef Sailer äußert sich zurückhalt­ender. Zuerst einmal müsse man sammeln, was die Kreistagsf­raktionen als gewählte Vertreter der Politik wollten, dann müsse man unter anderem schauen, wie sich die Verkehrsst­röme entwickeln. Für manche Projekte sei der Landkreis allein schlicht eine Nummer zu klein, sagt Sailer mit Blick auf Nahverkehr­starife oder Schienenwe­ge. „Das können wir allein nicht stemmen.“„Spannende Ansatzpunk­te“sieht Sailer dagegen im Bereich Carsharing. Auch für den Radverkehr könnte der Kreis aus eigener Kraft etwas tun. Derzeit aber sei der Inhalt des Konzepts offen.

Wie zahlreich die Wünsche sind, verdeutlic­ht allein ein Blick auf die Forderunge­n der Freien Wähler. Sie sind Lückenschl­üsse im Radwegenet­z und wollen das Potenzial von Radautobah­nen ausloten. Der Personenna­hverkehr brauche eine Reform der in diesem Jahr in Kraft getretenen Tarifrefor­m, das Verkehrsle­itsystem an der B17 solle im Erfolgsfal­l auch auf der B 2 ab Langweid installier­t werden.

Der Landrat äußert sich zurückhalt­ender

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Foto: Marcus Merk Schwerpunk­t Autobahn: Dort hat die Zahl der Fahrzeuge besonders zugenom men.

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