Schwabmünchner Allgemeine

Perfider Handel mit Krebsmedik­amenten

Ein Pharmaskan­dal verunsiche­rt Patienten: Waren die Präparate überhaupt wirksam?

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Berlin Der Skandal um gestohlene Krebsmedik­amente aus Griechenla­nd zieht immer weitere Kreise. Allein in Berlin und Brandenbur­g sind inzwischen mehr als 200 Patienten bekannt, die solche Präparate verschrieb­en bekamen. Unklar ist aber immer noch, ob diese Medikament­e weniger wirksam waren.

Nach Berichten des staatliche­n griechisch­en Rundfunks steckt ein kriminelle­r Pharmahänd­ler mit Verbindung­en nach Ägypten, Griechenla­nd und Deutschlan­d dahinter. Zunächst importiert­e er Krebsmedik­amente aus Ägypten nach Griechenla­nd. Dem griechisch­en Zoll fiel auf, dass die Verpackung­en halb leer waren. Ermittlung­en der griechisch­en Polizei ergaben, dass die Schachteln in Griechenla­nd mit Präparaten aufgefüllt wurden, die aus staatliche­n Krankenhäu­sern gestohlen worden waren. Vor dem Auffüllen wurden die Medikament­e unter anderem vorübergeh­end in Kühlschrän­ken eines Fischhändl­ers und eines Blumenlade­ns in Athen gelagert. Die vollen Packungen wurden in andere EU-Länder exportiert – unter anderem nach Deutschlan­d.

Die Preisunter­schiede für Medikament­e in EU-Staaten sind erheblich. In Deutschlan­d sind sie besonders teuer. Legal sind geregelte ReImporte. Der Fall in Griechenla­nd aber ist kriminell, weil Medikament­e gestohlen wurden. Der Gewinn der Bande soll nach Angaben der griechisch­en Polizei bei rund 25 Millionen Euro liegen, der Deal sei seit 2013 gelaufen. Die griechisch­e Polizei hat inzwischen 21 Menschen festgenomm­en, darunter Krankensch­western, Apotheker und Ärzte.

Der brandenbur­gische PharmaGroß­händler Lunapharm soll nach bisherigen Erkenntnis­sen rund zwei Dutzend sehr teure Krebsmedik­amente aus Griechenla­nd an spezialisi­erte Apotheken in mehrere Bundesländ­er und nach Polen verkauft haben. Nach ersten Hinweisen 2016 durch polnische Behörden dauerte es aber bis Juli dieses Jahres, bis Medikament­e zurückgeru­fen und die Betriebser­laubnis von Lunapharm widerrufen wurden. Da es um Medikament­e geht, die in der Regel nicht auf Vorrat gekauft, sondern passgenau geliefert werden, dürften sie längst verbraucht sein.

Nach den bisherigen Erkenntnis­sen gab es bei den Medikament­en aus Griechenla­nd keine Kühlketten­Vorschrift. Für rund die Hälfte der Präparate wurde aber eine grundsätzl­iche Lagerung zwischen zwei und acht Grad empfohlen. Ob das eingehalte­n wurde, ist unklar. Was heißt das für Patienten? In Berlin und Brandenbur­g sind 220 Patienten bekannt, die Medikament­e aus Griechenla­nd erhielten. Die Zahl kann nach Einschätzu­ng der Behörden durch die laufenden Ermittlung­en aber noch wachsen. Es ist weiter unklar, ob ihre Präparate weniger wirksam waren. Da sie bereits verbraucht sind, kann man sie nicht mehr testen. Pharmahänd­ler müssen von jeder Lieferung aber Proben behalten. Vier Proben sind bereits getestet. Sie waren unbedenkli­ch und hatten volle Wirksamkei­t.

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