Putin tanzt bald in der Steiermark
Auf der Hochzeit der Außenministerin
Vor dem Ersten Weltkrieg noch ließ sich die russische Zarenfamilie kaum eine Hochzeit der Habsburger entgehen. Familienfeste waren in der Kaiserzeit Hochämter der Diplomatie. Dass die von der Freiheitlichen Partei (FPÖ) ins Amt gebrachte österreichische Außenministerin Karin Kneissl den russischen Staatschef Wladimir Putin zur Hochzeit am Samstag eingeladen hat, erinnert daran. Kneissl, 53, heiratet den ein Jahr älteren Unternehmer Wolfgang Gamlitz in der idyllischen Südsteiermark. Dass Putin kommt, verschafft Kneissl Respekt. Bei ihrem ersten Moskau-Besuch als Ministerin im April hatte sie eine Abfuhr des russischen Außenministers Sergej Lawrow erlitten, als sie Österreichs Vermittlung im SyrienKonflikt anbot.
Doch die Einladung stößt auch auf Skepsis. Schließlich hat die EU gerade erst die Sanktionen verlängert, die 2014 nach der Annexion der Krim gegen Russland verhängt worden waren. Putin steht außerdem wegen der Manipulation der US-Wahlen und der Brexit-Abstimmung, des Giftanschlags in Großbritannien und seiner Syrien-Politik in der Kritik. Die Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses des ukrainischen Parlaments, Hanna Hopko, erklärte sofort nach Bekanntwerden der als privat bezeichneten Hochzeitseinladung: „Von nun an kann Österreich kein Vermittler in der Ukraine mehr sein.“
Kanzler Sebastian Kurz, ein anderer Hochzeitsgast, hat sich genau diese Rolle aber als derzeitiger Ratspräsident der EU zum Ziel gesetzt. Auch der russische Präsident ist an internationaler Unterstützung interessiert. Denn die nationale Zustimmung zu seiner Politik sinkt. Nach einer Umfrage des unabhängigen russischen Levada-Instituts unterstützten im Juli 2018 nur noch 67 Prozent der Russen seine Aktivitäten, nach 82 Prozent im April. Auch das Vertrauen in ihn schwindet, von 60 Prozent im Januar 2018 auf 48 Prozent im Juni.
Es ist kein Geheimnis, dass Putin sich in Österreich sehr wohlfühlt. Schon als KGB-Offizier sei er zum Skifahren gekommen, heißt es. Doch es dürften nicht nur die Berge sein, die Putin anziehen. Österreichische Politiker haben sich immer wieder für das Ende der Sanktionen oder zumindest eine Abmilderung ausgesprochen.