Über den Zustand Augsburger Brücken
In einer alten Fabrikhalle auf dem AKS-Gelände entstehen hochpreisige Wohnungen und neue Läden. Die Nachfrage ist enorm, doch wie gut ist der Umgang mit dem bedeutenden Baudenkmal?
Früher war es eine Fabrikhalle für Textilarbeiter. Dann stand das Gebäude leer und verfiel immer mehr. Jetzt wird der historische Bau der früheren Augsburger Kammgarnspinnerei (AKS) im Textilviertel saniert und um einen modernen Anbau erweitert. Dort entstehen neue hochwertige Wohnungen und Läden. Eine denkmalgeschützte Fassade wurde bei den Arbeiten allerdings stark verändert. Damit stellt sich die Frage: Sind rund 70 neue Fenster im alten Gemäuer noch denkmalgerecht?
Hinter dem Projekt steht die Firma La Fontana Due, ein Unternehmen der Immobiliengesellschaft Millenium Development in München. Geschäftsführer Kurt Kirmair betont auf Anfrage: „Wir halten uns an die denkmalschutzrechtlichen Genehmigungen.“In dem sanierten und erweiterten Gebäude werden 42 hochwertige Wohnungen und 16 Gewerbeeinheiten entstehen. Kirmair spricht von einer gewaltigen Nachfrage. Der Quadratmeterpreis liege deutlich über 6000 Euro. Dennoch habe es rund 4500 Interessenten gegeben. Fast alle Einheiten, bis auf zwei, seien verkauft. Der Kaufpreis für die Eigentumswohnungen ergibt sich Kirmair zufolge aus der guten Entwicklung des früheren Fabrikgeländes zwischen Provinound Prinzstraße. Auf dem AKSAreal sei ein attraktiver neuer Stadtteil entstanden.
Laut Geschäftsführer wurde für das Immobilienprojekt eine Baufirma aus Mailand eingeschaltet. Diese sei auf die Kombination von denkmalgeschützten Altbauten mit Neubauten spezialisiert. Eine Herausforderung sei, unter dem historischen Trakt eine Tiefgarage einzubauen. Im Vorfeld habe man auch auf Wünsche der Stadt reagiert. Die architektonische Planung sei optimiert worden. Kritik an seinem Engagement hält Kirmair für nicht angebracht: „Seit ich das Areal entwickle, werde ich angegiftet.“
Das alte Industriegelände ist freilich nicht irgendein x-beliebiges Baufeld in Augsburg. Die 1836 gegründete Augsburger Kammgarn- spinnerei war eine der großen Augsburger Textilfabriken. Zu ihren besten Zeiten standen Tausende Arbeiter an den Spindeln. Bedeutende Architekten der damaligen Zeit wie Jean Keller gaben dem weitläufigen Fabrikgelände ein einheitliches Erscheinungsbild mit attraktiven Gebäuden. Die Reste der historischen Bausubstanz gruppieren sich heute vor allem entlang der zentralen Verbindungsachse durchs Gelände, an der alten Fabrikstraße. Dort, gegenüber dem mächtigen Kesselhaus mit dem hohen Schornstein, steht auch der Gebäudetrakt von La Fontana Due.
Leser unserer Zeitung verfolgen das Vorhaben mit Interesse. Einige wundern sich aber über einen aus ihrer Sicht unsensiblen Umgang mit dem Baudenkmal. Die historische Ostfassade der Fabrikhalle sei „regelrecht zerlegt und mit Fenstern durchlöchert“worden, so die Kritik. Dabei gebe es doch hohe Aufla- für den Denkmalschutz. Was sagen Experten dazu?
Das Projekt wird von der städtischen Denkmalpflege und von Stadtheimatpfleger Hubert Schulz begleitet. Er spricht von einem „möglichen Umgang“mit einem Denkmal. Um das Gebäude neu nutzen zu können, seien Veränderungen nötig. Die rund 70 Fenster seien erforderlich, damit die Wohnungen ausreichend Licht bekommen. Auch die Durchbrüche für die Läden im Erdgeschoss hält der Heimatpfleger für vertretbar. Probleme sieht er allenfalls bei Details. Der Hintergrund: La Fontana Due hatte bei der Planung anfangs nachbessern müssen. Im zweiten Anlauf wurde für den architektonischen Entwurf ein international renommiertes Büro engagiert: Hillmer & Sattler aus München.
Schulz spricht von einem „sehr feinfühligen Entwurf“. Die Stadt genehmigte dann auch die Planung. Anschließend wurde jedoch ein anderes Büro mit der Ausführung beauftragt. Der Heimatpfleger sagt, „das Architekturniveau konnte nicht in allen Details gehalten werden“. Bedarf für Nachbesserungen sah er zuletzt bei den Fenstern. Dort habe es Diskussionsbedarf mit dem Bauträger gegeben. Insgesamt sei er mit dem Ergebnis denkmalpflegerisch aber nicht unzufrieden: „Es muss auch mutige Leute geben, die Geld in die Hand nehmen und mit alter Bausubstanz umgehen.“
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege. Die Arbeiten seien in Abstimmung erfolgt, sagt Alexandra Beck von der Pressestelle – das gelte auch für die Fenster in der Mauer im Osten. „Denkmalschutz bedeutet nicht, dass ein Gebäude nicht verändert werden darf“, sagt sie. Vielmehr sei es wünschenswert, dass Baudenkmäler genutzt werden und so für die Nachgen welt erhalten bleiben. Aus Sicht der Denkmalbehörde sollen dabei die historischen Besonderheiten des Baus bewahrt werden, Kompromisse müssten aber eingegangen werden. Beck: „Die Fenster in die Ostseite zu integrieren, war solch ein Kompromiss, um das Denkmal durch Umnutzung in Wohnraum erhalten zu können.“