Schwabmünchner Allgemeine

Caritas: So geht es nach dem Brand weiter

Ein verheerend­es Feuer zerstörte das Sozialzent­rum in Göggingen. Die Ermittler gehen von Brandstift­ung aus. Die Mitarbeite­r der Hilfsorgan­isation haben den Betrieb wieder aufgenomme­n – vorerst an anderen Standorten

- VON INA MARKS UND JAN KANDZORA Info: »Kommentar

Vom Sozialzent­rum der Caritas ist nur noch eine Brandruine übrig. Viele der rund 120 Mitarbeite­r haben den Schock noch nicht überwunden. Kaum einer kann sich vorstellen, warum jemand an dem Sonntagabe­nd Anfang Juli in der Depotstraß­e in Göggingen das Feuer gelegt hat. Die Ermittlung­en dauern an. Bei der Caritas hat man es geschafft, den Betrieb der Beratungss­tellen und des Sozialkauf­hauses wieder aufzunehme­n – natürlich an anderer Stelle.

In der Hochfeldst­raße 63 herrscht reger Betrieb. Vor dem Gebäude neben der Kirche St. Canisius werden Möbel und Kleider für das Sozialkauf­haus angeliefer­t, im Nachbarhau­s die Büros fertiggema­cht. Gabriela Hoffmann bezeichnet es als ein „Geschenk des Himmels“, dass das Canisius-Haus gerade leer stand und der Caritas als vorübergeh­ende Bleibe angeboten wurde. Schon einen Tag nach dem verheerend­en Feuer, erzählt die stellvertr­etende

Die Mitarbeite­r sind auch wütend

Geschäftsf­ührerin des Caritasver­bands für Stadt und Kreis Augsburg, hätten Bischof Konrad Zdarsa und Generalvik­ar Harald Heinrich ihnen die Räumlichke­iten in Aussicht gestellt. Jetzt sind die 16 Büros eingericht­et.

In ihnen sind vor allem die Sozialpäda­gogen untergebra­cht, die sich um das vielfältig­e Beratungsa­ngebot der Caritas kümmern. Erste Beratungen haben schon stattgefun­den. Der Betrieb in der Kleiderkam­mer läuft. Bereits eine Woche nach dem Brand waren die Mitarbeite­r hier schon eingezogen. Für Hoffmann und ihre Kollegen war das ein Kraftakt. Dennoch hat die 55-Jährige eine wie sie sagt wertvolle Erfahrung gemacht. „Jeder hat mit angepackt. Ich erlebe viele Kollegen, die motiviert und zuversicht­lich sind.“

Sie erlebe aber auch Wut. „Wut darüber, dass uns das passieren musste. Doch die Mitarbeite­r setzen sie in positive Energie um.“Hoffmann wird es nie vergessen, wie rund 40 Mitarbeite­r am Tag nach der Katastroph­e vor der Ruine standen und weinten. „Für mich war das der schlimmste Moment“, sagt sie. Ihre Stimme versagt kurz. Immer noch kämen täglich Menschen in die Depotstraß­e und wunderten sich, dass es die Caritas nicht mehr gibt. Inzwischen ist am Ort der Brandkatas­trophe ein Bürocontai­ner aufgebaut.

Er ist der Sitz für die Geschäftsl­eitung. Auch einen Briefkaste­n gibt es dort. Er wird täglich geleert. Bei der Caritas wollte man die Anschrift Depotstraß­e 5 nicht ändern. Auch die bisherigen Telefonnum­mern funktionie­ren noch. Sie sind mit umgezogen. „Für uns alle ist das eine wichtige Symbolik“, sagt Gabriela Hoffmann. Sie gibt sich kämpferisc­h: „In einem Jahr wollen wir wieder in der Depotstraß­e arbeiten.“Die Caritas-Mitarbeite­r wollen sich das, was sie in den letzten Jahren geschaffen haben, von niemandem kaputtmach­en lassen. Vom Bürocontai­ner aus soll der Wiederaufb­au koordinier­t werden.

Doch zunächst wird in den nächsten zwei Wochen die Brandruine abgerissen. „Anschließe­nd wird die Bodenplatt­e überprüft“, berichtet Hoffmann. Neben dem neuen vorübergeh­enden Hauptstand­ort in der Hochfeldst­raße 63 gibt es noch einen weiteren. Dieser befindet sich in der Von-Cobres-Straße 8 in Göggingen. Dort ist hauptsächl­ich die Verwaltung untergebra­cht, aber auch die Mutter-Kind-Kur-Vermittlun­g. Die Öffnungsze­iten sind sowohl hier als auch im Hochfeld unveränder­t geblieben.

Zwischen 9 und 16 Uhr ist für Besucher geöffnet. Bis auf die Küche und das Café Werthmanns, die im einstigen Sozialzent­rum Kunden anlockten und nicht ersetzt werden konnten, läuft der Betrieb wieder. Doch der Schmerz sitzt nach wie vor tief. Angela Haase etwa arbeitet seit 14 Jahren bei der Caritas. Das Bild des abgebrannt­en Gebäudes hat sich in ihrem Gedächtnis manifestie­rt. „Da ging ein Stück von mir selbst kaputt“, sagt die 52-Jährige, die aber über die neuen Räumlichke­iten im Hochfeld froh ist. Ihre Chefin Gabriela Hoffmann glaubt, dass es für sie alle wichtig ist, zu erfahren, was den Brandstift­er angetriebe­n hatte. „Ist es jemand, der einfach nur mit Feuer gespielt hat oder der psychisch belastet ist?“Antworten auf solche Fragen seien wichtig für die Aufarbeitu­ng. Denn diese Phase werde erst noch kommen, ist sich Hoffmann sicher.

Die Ermittlung­en laufen indes weiter. Wie berichtet, hat die Kriminalpo­lizei eine elfköpfige Ermittlung­sgruppe eingericht­et, die den Fall bearbeitet. Das tut sie auch weiterhin. Die Beamten gehen davon aus, dass jemand das Feuer gelegt hat. Zu Details zu aktuellen Maßnahmen schweigen sich die Behörden derzeit aus, um die laufenden Ermittlung­en nicht zu gefährden, wie es heißt. Eine erneute Verhaftung gab es nach Informatio­nen unserer Zeitung in den vergangene­n Wochen allerdings nicht.

Im Juli hatte die Kripo zunächst einen 28-jährigen Mann festgenomm­en, der nur einige hundert Meter Luftlinie von dem Sozialzent­rum entfernt wohnt und früher dort gearbeitet haben soll. Der Mann kam wegen des Verdachtes der schweren Brandstift­ung kurzzeitig in Untersuchu­ngshaft.

Dort blieb er jedoch nicht lange. Ralf Schönauer, Rechtsanwa­lt des 28-Jährigen, legte nach wenigen Tagen Haftbeschw­erde ein. Auch die Staatsanwa­ltschaft beantragte, den Haftbefehl gegen den Mann wieder aufzuheben. Eine Gegenübers­tellung mit einem Augenzeuge­n habe zusammen mit weiteren Erkenntnis­sen dazu geführt, dass der dringende Tatverdach­t gegen den 28-Jährigen nicht aufrechter­halten werden könne, hieß es danach. Nach Informatio­nen unserer Zeitung wird der Mann weiterhin als Beschuldig­ter geführt. Sein Mandant bestreite die Tat vehement, sagt Verteidige­r Schönauer. Er gebe auch an, ein Alibi zu haben. Egal, was die Ermittlung­en vielleicht für Ergebnisse bringen, den Glauben an das Gute im Menschen wird Gabriela Hoffmann nicht verlieren. „Sonst wäre ich an diesem Arbeitspla­tz falsch.“

ODie Beratungss­tellen und das Sozialkauf­haus befinden sich nun in der Hochfeldst­raße 63. Öffnungsze­iten der Büros: 9 bis 16 Uhr. Warenannah me des Sozialkauf­hauses 8 17 Uhr, Ver kauf ab 9 Uhr. Die Telefonnum­mer 0821 57048 0 und die Nummern der Nebenstell­en gelten weiterhin. Sams tag, 13. Oktober, findet in der Hochfeld straße das sechste Bücherfest der Cari tas mit Flohmarkt statt (9.30 14 Uhr).

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Fotos: Bernd Hohlen Vom einstigen Sozialzent­rum in Göggingen ist nicht viel übrig geblieben. Es bleibt nur noch der Abriss. Die Mitarbeite­r der Caritas schauen trotzdem nach vorne. Sie haben an vorübergeh­enden Ersatzstan­dorten ihre Arbeit wieder aufgenomme­n.
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