Ihr Garten ist ein Schildkrötenparadies
Anita und Roland Krätschmer pflegen seit Jahren griechische Landschildkröten. Eine Stärkung des Sozialfriedens hat jetzt zu reichem Nachwuchs geführt. Was damit gemeint ist und wie der Nachwuchs groß gezogen wird / Serie (3. Teil)
Zehnfachen Nachwuchs konnte das Ehepaar Krätschmer im letzten Jahr um diese Zeit feiern. Zehn griechische Landschildkröten erblickten in Königsbrunn das Licht der Welt und das ist schon eine kleine Sensation.
Seit 1988 hat Roland Krätschmer einige dieser Tiere unter seiner Obhut und somit sind seine mittlerweile fünf erwachsenen Reptilien um die dreißig Jahre alt. Dass es erst jetzt geklappt hat mit der Nachzucht, dafür hat seine Ehefrau Anita eine einfache Erklärung: „Wir haben einen Mann aus der Gruppe im letzten Jahr abgegeben und somit ist der Sozialfrieden gestärkt worden.“Auf drei Damen kommen nun zwei Herren und damit hatten die Weibchen wohl 2017 Muße und Ruhe, genügend Eier zu vergraben.
Damit ist es aber nicht getan, denn die Witterung in Deutschland ist nicht dazu geeignet, der Natur freien Lauf zu lassen. Fünfzig bis siebzig Tage dauert die Brutzeit und zu viel Regen und auch Kälteeinbrüche im Sommer gefährden den Nachwuchs. Deshalb hat das Ehepaar im letzten Jahr sämtliche gelegten Eier vorsichtig wieder freigelegt und die obere Seite markiert. Denn genau so wie gelegt, müssen die Eier dann im improvisierten Brutkasten weiterbrüten können. „Sie dürfen auf keinen Fall auf der anderen Seite, oder auf dem falschen Kopf landen, dann gehen die Föten sofort kaputt“, erklärt Roland Krätschmer. So eine Aufzucht sei im Prinzip nicht wirklich schwer, der Brutkasten ist mit Sand ausgelegt und hat auch einen Glasschutz obendrauf. Immer wieder mal ein paar wenige Wassertropfen und eine gleichmäßige Temperatur, dann sollte sich der Erfolg planmäßig einstellen.
Von dreizehn Eiern sind im letzten Jahr immerhin zehn Jungtiere geschlüpft und so hoffen die Krätschmers, dass es in diesem Jahr von siebzehn Eiern auch viele kleine Schildkröten schaffen werden. „Das Schwierige an der Prozedur ist eigentlich, die Eier überhaupt zu finden, denn die Weibchen graben diese ja an einem Ort ihrer Wahl ein“, erklärt Anita Krätschmer. Also haben die Krätschmers die erwachsenen Schildkröten sehr aufmerksam beobachtet und aus dem Verhalten der Tiere herauslesen können, wo und wann die Weibchen die Eier abgelegt haben. „Sie sind unruhig, graben mal hier und mal dort, dann weiß man: Aha, sie suchen sich Stellen“, erklärt Roland Krätschmer, den viele Königsbrunner als stellvertretender Leiter des Ordnungsamtes kennen.
Und damit auch alles seine Ordnung hat, haben sowohl die erwachsenen als auch die jungen Schildkröten die erforderlichen Papiere. „Verkaufen werde ich aber keines der Tiere“, macht er gleich klar. Damit alle genügend Platz haben, auch die neuen bald erwarteten Babys, wer- im großen Garten der Krätschmers gerade schon die neuen Gehege geplant und bald gestaltet.
Anita Krätschmer arbeitet bei der Stadt Königsbrunn im Sozialbüro und hat nicht nur ein Herz für Menschen, sondern eben auch für die Tiere im eigenen Garten. „Die Anlage für Schildkröten sollte so gestaltet sein, dass sie sich verstecken und ihrer Natur folgen können. Das heißt, sie müssen graben können“, erklärt sie. Dabei muss das Gehege ausbruchsicher sein, denn Schildkröten seien sehr schnell und sonst schnurstracks auf dem Weg nach Griechenland, scherzen die Krätschmers. Zumindest rennen die Tiere einfach immer geradeaus und überrennen alles was ihnen im Weg steht, egal, ob das ein Futternapf in der Anlage ist oder Hindernisse in der freien Natur. Wenn sie tatsächlich entkommen, dann sollte man versuchen, den Radius abzustecken, das Loch im Zaun suchen und diese Richtung immer geradeaus verfolgen, rät Krätschmer. Denn ohne Hilfe können die Tiere in unseren Breitengraden kaum überleben. Es wird für sie im Herbst zu kalt und der Übergang zum Winterschlaf dauert zu lange.
Vereinfacht erklärt, müssen die erwachsenen Tiere sich bis zum Schlafen richtig viel Fett anfressen, um zu überwintern. Wird es draußen kalt, werden die Schildkröten träge und fressen nicht mehr richtig, schlafen aber auch noch nicht. Bis sie ihren tatsächlichen Winterschlaf abhalten, haben sie in solchem Fall schon an Gewicht verloren und verden lieren dadurch unter Umständen ihr Leben. Roland Krätschmer bringt seine Tiere nun schon seit Jahren über den Winter und weiß daher auch genau wie es geht.
Einfach aus ihrer Heimat in Südeuropa mitnehmen darf man die Tiere übrigens nicht. Der Bestand der griechischen Landschildkröten hat sich in den letzten Jahren wieder verbessert, geschützt sind sie trotzdem weiterhin. Den größten Fehler, den viele Menschen mit diesen Tieren machen ist, sie falsch zu füttern, wie Krätschmer erklärt und als Ratschlag ausführt: „Informieren Sie sich darüber, was fressen Schildkröten oder auch andere Tiere, wenn sie in der freien Natur leben.“Bei den gepanzerten Tieren sei das hauptsächlich Löwenzahn oder Klee, Obst oder Gemüse sollte nur ein Leckerli sein, keine tägliche Mahlzeit, sagt der Experte. Krätschmers Tiere danken ihm ihre Diät auf alle Fälle, sie wachsen und gedeihen, kommen über den Winter und sind gar nicht scheu, sondern lassen sich auch über den Kopf streicheln.
Wenn man alles richtigmacht, dann hat man viele Jahre seine Freude an ihnen, sie werden im Durchschnitt sechzig bis siebzig Jahre alt. Roland Krätschmer ist seit rund 40 Jahren Mitglied des Vereins Wasserstern Augsburg. Ihm werden auch bei Bedarf Tiere anvertraut, die entweder krank sind oder aufgefunden wurden. Wer Ratschläge zum Thema Schildkröten braucht, kann sich tagsüber unter der Telefonnummer 08231/606-116 melden.