Augsburg? (K)eine Großstadt
Manuel Grajdek lehrt junge Menschen das Autofahren. Die Fuggerstadt sei dafür aus vielen Gründen sehr gut geeignet. Nur eine Stelle gibt es, die meidet er mit allen, die nicht sicher im Auto sind – Serie (5)
„Kein Gas geben, wir sind in einem verkehrsberuhigten Bereich. Mach mal etwas langsamer, du musst nur mit der Kupplung fahren“, mahnt Manuel Grajdek seinen Schüler, während das Auto eine Straße nahe des Klinikums entlang rollt.
Dem bordeauxroten Audi A 5 sieht man auf den ersten Blick nicht an, dass es sich um ein Fahrschulauto handelt. Nur eine kleine Plakette in der Heckscheibe ziert der Schriftzug „Fahrschule“. Der Sportwagen biegt nach rechts ab und jetzt kann man an dem weißen Schriftzug auf der Seite erkennen, dass hier ein Anfänger am Steuer sitzt. „Fahrschule Manuel Grajdek“steht in weißen Lettern auf allen Seiten des Fahrzeugs. „Ich möchte meinen Schülern den größtmöglichen Mehrwert bieten. Dazu gehören moderne Unterrichtsräume und gut ausgestattete Fahrzeuge“, betont Manuel Grajdek. Das zählt zur Philosophie seiner Fahrschule.
Der 40-Jährige ist seit elf Jahren Fahrlehrer und war anfangs bei einer Fahrschule angestellt. „Aber dort habe ich auch schon immer sehr selbstständig gearbeitet“, erzählt er. Mit der Philosophie der Fahrschule sei er nicht immer einverstanden gewesen und habe gemerkt, dass er selbstständig werden und seine eigene Fahrschule aufbauen will.
2014 eröffnete sein Unternehmen in Neusäß, 2017 expandierte es nach Haunstetten. Mittlerweile unterrichtet Grajdek rund 50 Schüler aus allen Stadtteilen Augsburgs. „Eine Schülerin ist sogar extra mit dem Zug aus Schwabmünchen nach Neusäß gefahren, um am Theorie-Unterricht teilzunehmen“, sagt Grajdek und lacht.
Die Fahrstunde ist ruhig, sein Schüler fährt vorbildlich. Zwischendrin weist Manuel Grajdek ihn ab und zu auf kleinere Fehler hin. Auch die anderen Verkehrsteilnehmer fahren anständig. Die Augsburger seien sehr gewissenhafte Fahrer, meint Grajdek, aber manche sehen das Fahrschulschild als rotes Tuch und sind dann besonders ungeduldig, was sich durch dichtes Auffahren und Überholmanöver ausdrü- Das sei aber in Augsburg die Seltenheit.
Auf einmal klingelt das Handy von Manuel Grajdek. Ein Schüler möchte seine erste Praxisstunde ausmachen, hatte sich aber bei der Terminvereinbarung um eine Woche verschätzt. Jetzt muss der Fahrlehrer umdisponieren. „Ich mache nie lange im Voraus Fahrstunden aus, weil man vorher oft nicht genau weiß, ob dann nicht doch jemand abspringt oder ein Schüler kurz vor seiner Prüfung doch noch eine Übungsstunde braucht“, meint er. Als Fahrlehrer müsse man flexibel sein. Und man muss alle Wege durch Augsburg kennen wie seine Westentasche, denn von Schüler A zu Schüler B sollte so wenig Zeit wie möglich verloren gehen. Dabei muss er oft durch den Stadtkern.
Gar nicht gerne fährt er dabei mit seinen Fahrschülern am neuen Königsplatz vorbei. „Die Straßenführung dort ist ein Graus. Das war früher viel besser geregelt, als heute. Heute wissen die Schüler oft nicht, wo sie sich einordnen müssen, um in die gewünschte Richtung abbiegen zu können“, meint er. Das sei auch für alteingesessene Augsburger oder Leute aus dem Umland eine Herausforderung, da man die neue Führung der Straße nicht gewohnt ist, sagt er. Der neue Königsplatz zählt zu den schwierigeren Stellen für die Fahrschüler.
Doch die Augsburger Schüler sind nicht von gestern. „Die meisten sind sehr zielstrebig“, findet Manuel Grajdek. Der Stadtteil und seine jeweilige Straßenführung machen aber auch einen Unterschied, ob die Schüler eher ruhig oder gesprächiger sind. Es kommt halt auf den Schwierigkeitsgrad an. Aus Gesprächen können auch Freundschaften entstehen. Einige seiner ehemaligen Schüler seien jetzt genau das: Freunde. Das sei eine der schönsten Nebenwirkungen des Fahrlehrerberufs.
Sein Fahrschüler hält in einer Straße in Hammel. Wechsel am Steuer, die nächste Schülerin ist an der Reihe. Sie hat am kommenden Tag ihre praktische Fahrprüfung und fährt noch einmal das Prüfungsgebiet ab. Augsburg ist perfekt geeignet, um Autofahren zu lernen, meint Grajdek: „Wir haben hier alcke. les, was man braucht. Die Autobahn mit drei Spuren ist in der Nähe, man kann gut über Land fahren und in der Innenstadt gibt es nicht so viele Staus wie in anderen Großstädten.“Das ist eines der wichtigsten Merkmale von Augsburg, meint Manuel Grajdek, es ist eine Großstadt, ohne eine Großstadt zu sein. „Man hat alles, was man braucht, und was man nicht hat, erreicht man innerhalb kürzester Zeit mit der guten Infrastruktur“, sagt er.
Souverän wendet seine Schülerin den Wagen an einem Berghang in einer schmalen Straße und fährt durch den Bärenkeller in Richtung MAN. Manuel Grajdek ist zufrieden mit ihr und zuversichtlich, dass sie die Prüfung schaffen wird.
Bei der Prüfung sieht man seine Schüler ohnehin oft ganz anders. Die Prüfungsangst nimmt viele in ihren Bann. „Dabei müssen die Schüler keine Angst vor den Prüfern haben“, sagt Grajdek. „Einem Prüfer sei es genau so wichtig, dass ein Schüler die Prüfung besteht, wie ihm selbst und dem Fahrlehrer. In Augsburg herrsche ein sehr gutes Klima zwischen den Fahrschulen und den Prüfern. Die Fahrstunde neigt sich ihrem Ende zu und seine Schülerin parkt das Fahrschulauto. Sie fährt am nächsten Tag zur Prüfung und besteht sie im ersten Versuch. Manuel Grajdek freut sich: „Eine bestandene Prüfung freut mich als Fahrlehrer immer genau so wie den Schüler. Dieses gute Gefühl trägt man auch als Lehrer gerne mit nach Hause.“