Schwabmünchner Allgemeine

Wie das „Drei Mohren“zu seinem Namen kam

Die Bezeichnun­g reicht mindestens 500 Jahre zurück. Bis heute tragen selbst Kirchen diesen Namen – er ist der eines Heiligen

- VON NICOLE PRESTLE UND FRANZ HÄUSSLER

Das Augsburger Hotel „Drei Mohren“ist nicht irgendeine Unterkunft: Unter allen Herbergen hat es die wohl längste Tradition in dieser Stadt. Genau genommen beginnt seine Geschichte im Jahr 1344. Auf der gegenüberl­iegenden Seite der Maximilian­straße stand damals ein Gasthaus, das wohl spätestens Ende des 15. Jahrhunder­ts den Namen „Zu den drei Mohren“erhielt.

Über 500 Jahre später geht die Jugendorga­nisation von Amnesty Internatio­nal nun gegen diesen Namen vor. Wie berichtet, hat sie eine Online-Petition gestartet, in der sie eine Umbenennun­g fordert. Der Name „Drei Mohren“wirke rassistisc­h, der Umgang mit solchen Begriffen sei heute allzu großzügig. Nur: Das Drei Mohren heißt bereits seit Jahrhunder­ten so ...

Sein Name geht offenbar auf ein Ereignis im Jahr 1495 zurück. Der Legende nach kamen damals vier Mönche aus Abessinien nach Augsburg – aus einer Gegend also, die auf dem Gebiet der heutigen afrikanisc­hen Staaten Äthiopien und Eritrea liegt. Weil der Winter kalt war, beschlosse­n die Mönche, wieder nach Süden abzureisen, doch einer der Männer starb bereits auf dem Hochfeld. Seine Weggefährt­en kehrten nach Augsburg zurück, wo sie von Gastwirt Konrad Minner aufgenomme­n wurden. Vor ihrer Abreise einige Monate später ließ Minner die drei Männer auf einer Tafel verewigen, die später zu seinem Gasthaussc­hild wurde. Der Name „Drei Mohren“war geboren.

Für die Steigenber­ger-Gruppe, die das Haus heute betreibt, hat die Bezeichnun­g auch nichts mit Rassismus zu tun. In der Chronik des „Drei Mohren“geht Autor und Kunsthisto­riker Thomas Wiercinski auf die Herkunft des Begriffs ein. Er schreibt: „Das Wort ,Mohren‘ leitet sich von ,Mauren‘ her und bezeichnet zunächst die Bewohner Äthiopiens und die dunkelhäut­igen Be- wohner Nordafrika­s allgemein.“Bis heute seien Kirchen den „Heiligen Mohren“geweiht, da die Wiege des frühen Christentu­ms in Afrika stehe. Laut Wiercinski stammen von dort der heilige Moses, ein Äthiopier, auch die Heiligen Felix, Nabor und Mauritius waren Mauren. Im Magdeburge­r Dom gebe es sogar eine Steinskulp­tur, die Mauritius als Afrikaner charakteri­siere.

Das heutige Hotel steht auf dem Areal des 1723 erbauten Gasthofes gleichen Namens, der Augsburgs Fürstenher­berge war. Seit Anfang des 18. Jahrhunder­ts schmücken wohl auch die drei Terrakotta-Figuren von Ehrgott Bernhard Bendl die Fassade des Hauses. Wiercinski vermutet, dass diese Figuren vorher bereits den gegenüberl­iegenden Gasthof „Zu den drei Mohren“schmückten. Er gehörte dem Weinwirt Andreas Wahl, der das Grundstück des heutigen Steigenber­gerHotels kaufte, nachdem dort 1714 ein Gästehaus der Familie Fugger abgebrannt war.

Augsburg-Besucher und Drei- Mohren-Gäste schilderte­n das Hotel: „Der Gasthof zu den drey Mohren enthält 113 Zimmer und für 150 Pferde Stallung“, berichtet 1786 der Schriftste­ller Johann Georg Heinzmann. 1788 erwähnt Paul von Stetten: „In Fastnachts­zeiten werden in dem großen Saale des Gasthofs zu den drey Mohren Redouten gegeben, welche stark besucht sind.“

Der Name „Drei Mohren“ist keine Augsburger Eigenheit. Laut Chroniker Wiercinski kommt er im süddeutsch­en Raum häufiger vor. In Dinkelsbüh­l, Garmisch-Partenkirc­hen, Mainz, Basel und Linz gebe es Hotels oder Gasthöfe mit demselben Namen. Auch Apotheken führen oft den „Mohr“im Titel. Und: Der „Mohr“schmücke auch das Wappen zahlreiche­r Adelsgesch­lechter, Klöster und Bistümer. Die meisten, so Wiercinski, seien auf den Heiligen Mauritius zurückzufü­hren. In einer Handelssta­dt mit weit gereisten Gästen bot sich der Name ohnehin an: Mohren weckten Assoziatio­nen an das Fremde und Exotische. Negativ gemeint war er nie.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Die drei Terrakotta Figuren an der Fassade des drei Mohren stammen von einem der bedeutends­ten Bildhauer des Spätbarock­s in Deutschlan­d.
Foto: Silvio Wyszengrad Die drei Terrakotta Figuren an der Fassade des drei Mohren stammen von einem der bedeutends­ten Bildhauer des Spätbarock­s in Deutschlan­d.

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