Schwabmünchner Allgemeine

Der Lehrer von Kissinger und Ludwig Erhard

Porträt Was die Hochsträßl­er über Josef Rühfel herausfand­en und warum Straßberge­r so stolz auf ihn sind. Er ist zwar nicht der bekanntest­e Sohn des Ortes, aber war auf verschiede­nen Gebieten sehr bedeutend

- VON CORINNA KAMMERER UND KARIN HABIGER

Bobingen Er war Kaiserlich­er Professor, Humanist und Heimatfors­cher, ebenso Philosoph und Poet: Im September vor 140 Jahren wurde in Straßberg Dr. Josef Rühfel geboren. Der Heimatvere­in der Hochsträßl­er hält in Bobingen die Erinnerung an ihn wach. Vorträge und inzwischen die zweite Führung auf seinen Spuren innerhalb weniger Jahre gehören dazu. Die Stadt hat ihm eine Gedenktafe­l an der Alten Schule und einen Weg in Straßberg gewidmet. „Den Humboldt der Stauden“hat ihn Kulturamts­leiterin Elisabeth Morhard einmal in einem Bericht unserer Zeitung genannt.

Dieser Sohn Straßbergs ist vielen Bobingern sicher wesentlich weniger bekannt als Roy Black. Karin Habiger initiierte daher bereits vor der Sommerpaus­e eine Führung und fand motivierte Mitstreite­r bei der Zusammenst­ellung wichtiger Fakten.

Josef Rühfel wurde am 21. September 1878 in Straßberg geboren. Seine Eltern waren „Käsereibes­itzerehele­ute“. Einer seiner Biografen, Richard Ringenberg, schreibt über seine Herkunft: „Dr. Rühfel entstammt einer alten Familie, deren Glieder ausnahmslo­s Pastoren und Magister waren. 1610 wurde schon ein Vorfahre von ihm in Gießen promoviert. Oberst Rühfel, der Urgroßvate­r Rühfels, wurde durch die napoleonis­chen Kriege in die hiesige Gegend verschlage­n und durch einen Schicksals­schlag zu einem handwerkli­chen Beruf gezwungen.“Rühfel schlug einen ganz anderen Lebensweg ein.

Nach dem Besuch des Gymnasiums St. Stephan in Augsburg begann er im Herbst 1900 ein Studium der neueren Sprachen an der Ludwig-Maximilian­s-Universitä­t in München. Mit dem Doktortite­l in der Hand (1907) bekam er eine Anstellung am humanistis­chen Gymnasium im Oberelsass und heiratete im selben Jahr Luise Wilhelmine Mallert, mit der er fünf Kinder hatte. Ab 1917 unterricht­ete er am Lyzeum in Straßburg und bekam dort Titel „Kaiserlich­er Professor“verliehen. Nach der Entlassung durch die Franzosen kam er 1919 nach Bayern zurück an die Oberrealsc­hule Fürth und lehrte ab 1923 bis zu seinem Ruhestand am Gymnasium in Fürth. In Fürth, so wurde bei der Führung in Bobingen informiert, habe er auch Heinz Kissinger, den späteren Außenminis­ter der USA, und Ludwig Erhard unterricht­et. Erhard soll ein guter Schüler gewesen sein, Kissinger erhielt im Haus seines Lehrers Nachhilfe. Zu Besuch kam auch Ludwig Erhard, dessen Freundin mit Rühfels Tochter Elli befreundet war.

1956 verstarb Josef Rühfel in Fürth, wo er auch seine letzte Ruhestätte fand.

Doch warum interessie­ren sich Heimatkund­ige heute noch für Josef Rühfel? Er hat auch in Straßberg Spuren hinterlass­en. Während der Ferien kam er immer wieder zurück in seine Heimat.

Er ging viel spazieren, hörte den Leuten zu, befragte sie und sammelt Informatio­nen über Straßberg und Umgebung. Seine Niederschr­iften darüber veröffentl­ichte er in mehreren Publikatio­nen. In der Abhandlung „Volkskundl­iches aus der Augsburger Gegend“von 1919 schrieb er über den Bairischen Hiasl: „Der Bairische Hiasl kam öfter nach Straßberg. In einem gewissen Hause pflegte er einzukehre­n und zu übernachte­n. Zum Eigentümer, der vor dem Gewaltigen zitterte, soll er begütigend gesagt haben: Du darfst schon dableiben.“

Während der Ferienzeit in den Jahren von 1924 bis 1934 habe die Rühfel-Familie im Schloss Straßberg eigene Räumlichke­iten zur Verfügung gehabt, von wo aus Prof. Rühfel Streifzüge durch seine Heimat machte, um mit Waldarbeit­ern und Bauersleut­en zu sprechen. Bisweilen sei die ganze Familie auch im Schloss Wellenburg bei Fürst Fugger zu Gast gewesen, mit welchem Josef Rühfel gut befreundet war.

So steht es in einem der Bücher, die Karin und Klaus Habiger, Elisabeth Plößl und Monika Bistritzki ausgewerte­t und bei ihrer jüngsten Veranstalt­ung vorgetrage­n haben. Zu ihren Quellen gehört N.J.S. Mayr, der in der damaligen Zeit unter anderem auch heimisches Liedgut oder einzelne Bauten schriftlic­h dokumentie­rte. Die Mutter Brunhilde von der Enkelin Rühfels, Ant-

Ein kaiserlich­er Professor

je Häusler, die viele Informatio­nen zur Verfügung stellte, stieß 1945 nach abenteuerl­icher Flucht zur Familie. Rühfels Enkelkinde­r empfanden den Opa als sehr gestreng. Die vier Kinder seines Sohnes Heinrich waren öfters mit ihm zusammen. Aber er zeigte ihnen zum Beispiel auch, wie man Fische mit der Hand fing. Rühfel las demnach in 20 verden schiedenen Sprachen. Sprachen, wie Griechisch, Hebräisch und Armenisch, waren dabei, er übersetzte auch Teile der Bibel. Und N.J.S. Mayr schreibt über Rühfel, dass dieser über Erzählunge­n berichtete, es hätte unterirdis­che Gänge zwischen allen sieben Schlössern, angefangen von Wellenburg über Bannacker, Burgwalden, Engelshof, Straßberg und Hardt bis nach Guggenberg bestanden. Diese seien jedoch längst aufgefüllt und sind somit nicht mehr auffindbar. Berichte, Bücher und Erzählunge­n haben noch viel mehr überliefer­t, was im Kreis der Hochsträßl­er über den interessan­ten Sohn Straßbergs nun zusammenge­stellt und dokumentie­rt ist.

 ?? Foto: Stadtarchi­v ?? Josef Rühfel wurde vor 140 Jahren in Straßberg geboren und war als Lehrer tätig. Doch eigentlich wird er heute von Heimatkun digen als Gelehrter seiner Zeit gesehen, der immer wieder nach Straßberg zurückkehr­te.
Foto: Stadtarchi­v Josef Rühfel wurde vor 140 Jahren in Straßberg geboren und war als Lehrer tätig. Doch eigentlich wird er heute von Heimatkun digen als Gelehrter seiner Zeit gesehen, der immer wieder nach Straßberg zurückkehr­te.

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