Vom EV Königsbrunn in die USA
Eishockey Ben Bittner träumte schon als Kind davon, in Amerika Eishockey zu spielen. Jetzt wird der Traum Wirklichkeit
Neusäß Zehn Jahre ist es her, dass unsere Zeitung erstmals über den Multi-Sportler Ben Bittner berichtet hat. Mit Fußball, Tennisracket und Eishockeyschläger posiert der damals Achtjährige vor der Hecke im elterlichen Garten im Neusässer Ortsteil Täfertingen. Ben Bittner und die Hecke sind inzwischen genauso gewachsen wie die Träume, die der Dreikäsehoch schon damals hatte: in Amerika die schnellste Mannschaftssportart der Welt zu spielen. Nun wird er Realität: Vor Kurzem hob der Flieger ab in Richtung des Landes der unbegrenzten Möglichkeiten. Der mittlerweile 18-Jährige hat ein Eishockey-Stipendium bekommen und spielt nun für das Lindenwood Belleville College, 20 Minuten von Downtown St. Louis entfernt.
Zustande gekommen ist die Verbindung über eine Agentur. Dort musste Ben Bittner Schulnoten und Eishockey-Statistiken einreichen sowie kleine Videos mit Highlights aus seinen Spielen für das Juniorenteam des EV Königsbrunn, die Freunde der Eltern gedreht hatten. 14 Tore und zwölf Assists in 20 Spielen waren eine gute Reverenz für den Mittelstürmer, der auch auf den Außenpositionen eingesetzt werden kann. Schließlich kam das Angebot aus Belleville. Nachdem er am Gersthofer Paul-Klee-Gymnasium sein Abitur gemacht hat, wird er dort nun Marketing studieren.
Die Begeisterung für das Eishockey wurde dem 1,86 Meter großen Schlacks schon in die Wiege gelegt. Siggi Holzheu, ein mit der Familie befreundeter Spieler des Augsburger EV, brachte zu Bens Geburt Mini-Schlittschuhe als Geschenk mit ins Krankenhaus. Als Siebenjähriger hat er bei den AEV-Kleinstschülern mit der Laufschule angefangen. Mit 14 ist er dann nach Königsbrunn gewechselt. „Wegen dem Leistungsdruck und dem viermaligen Training in der Woche“, wie er sagt. Denn neben Eishockey war Ben Bittner auch noch im Fußball beim TSV Täfertingen, im Tennis und beim Skifahren sportlich unterwegs.
Das wundert angesichts der sportlichen Familie nicht. Sein Vater Bernd ist aktiver Tennisspieler, der aber mittlerweile mehr mit dem jüngeren Bittner-Spross Tom, 14, auf Turnieren in ganz Europa unterwegs ist. Mutter Heike ist die Sportbeauftragte an ihrer Schule, wo sie unterrichtet.
Ben Bittner hat aber noch ein ganz anderes Hobby – oder soll man sagen, eine Leidenschaft? In seiner knapp bemessenen Freizeit versucht er sich als Modefotograf. „Wenn jemand neue Schuhe oder Klamotten hat, machen wir davon Fotos an coolen Plätzen“, erklärt er.
Amerika kennt Ben Bittner schon von einigen Urlauben mit seiner Familie. Fast wäre er sogar irgendwo in den Weiten von Montana geboren worden. Dort hatten die Bittners einen Autounfall, und die in der 25. Woche schwangere Mama musste die Nacht im Krankenhaus verbringen, weil die Herztöne den Ärzten Sorgen breiteten. „Das wäre schon etwas früh gewesen“, war Heike Bittner erleichtert, als sich alles wieder normalisierte und sie mit dem Ungeborenen im Bauch die Heimreise antreten konnte.
Seine Familie ist erst mal mitgereist über den Großen Teich. Während Ben in St. Louis bleibt, werden die anderen Bittners noch eine Rundreise unternehmen. „Vormittags wird studiert, nachmittags geht’s aufs Eis“, freut sich Ben schon auf seine Zimmergenossen, einen Kanadier, der ebenfalls Eishockey spielt, und einen Tennisspieler aus Weißrussland. „Vielleicht kann ich ihm ja Trainerstunden geben“, lacht der 18-Jährige, der in den großen Ferien gerade in einem Tenniscamp arbeitet.
Als „Freshman“, also Neuling an einem amerikanischen College, nimmt man aufgrund des vielen Fast Foods normalweise im ersten Jahr zehn Kilogramm zu. Das will Ben Bittner nicht: „Ich werde darauf achten, mich gesund zu ernähren.“
Das Zunehmen hat er nämlich schon hinter sich. „Als mein Trainer bei unserem ersten Telefonat im März hörte, dass ich bei 1,86 Meter nur 62 Kilo wiege, hat er gesagt, ich muss zunehmen. Mit Krafttraining im Fitnessstudio habe ich zehn Kilo zugenommen.“
Lindsay Middlebrook ist von seinem neuen Schützling begeistert: „Ben hat einen hohen EishockeyIntelligenz-Quotienten“, sagt der Trainer auf der Homepage der Belleville Linx (Luchse). „Ich erwarte von ihm einen sehr großen Einfluss auf unser Team in den nächsten vier Jahren.“
So lange könnte der Neusässer für das 2014 gegründete Team in Belleville spielen. „Ich war noch nie so lange von zu Hause weg“, sagt Ben Bittner, der erst einmal für ein Jahr bleiben will.
Die Komplimente aber gibt er schon in bester amerikanischer Manier von sich: „Ich bin sehr motiviert, hart zu trainieren, und freue mich, mit meinen Stärken einen Beitrag für das Team zu leisten. Ich bin stolz, mich einen Luchs nennen zu dürfen. Ich danke meiner Familie und speziell meinem Vater und der Agentur athletes-USA, die mich auf meinem Weg zum College-Eishockey immer unterstützt haben.“