Schwabmünchner Allgemeine

Eine Dame namens Rosa ist der Star am Strand

Ein Familienta­g eröffnet das Singoldsan­d Festival. Zwischen Kindern, die im Sand buddeln, tummeln sich Gänse, Hühner und ein Schwein. Der harte Kern der Festivalgä­nger tanzt am Ende im Nieselrege­n

- VON VERONIKA LINTNER Schwabmünc­hen »Kommentar

Der Kindertag zur Eröffnung des Singoldsan­dfestivals kommt bestens an. Woran sich die Kinder erfreuen können.

Die Hüpfburg wackelt, die Kinder springen. Ein paar Meter weiter erklimmen Jungen und Mädchen den großen Sandhügel. Auf der Wiese neben der Festivalbü­hne balanciere­n die Kinder auf Stelzen. Oder sie üben sich im Dosenwerfe­n. Doch die größte Attraktion des Tages stapft mit wackelndem Ringelschw­anz über das Gelände. Rosa von Schwarte schlendert vorbei an den lachenden und staunenden Kindern, entlang an Buden, Bars und Bierbänken. Das schwarzgef­leckte Schwein zieht die Blicke auf sich. Gemeinsam mit einer Gänsefamil­ie und Hühnern wandert es ganz frei durch den Sand. Rosa ist Teil des Kleintierz­irkus Liberta, der hier beim Singoldsan­d Festival in Schwabmünc­hen gastiert.

Es ist die achte Auflage des Festivals, und zum ersten Mal widmet sich das Pop-Event den Kindern und Familien. Gemeinsam mit dem Kreisjugen­dring und 200 ehrenamtli­chen Helfern haben die Organisato­ren diesen Tag, den Singoldsan­dkasten, geplant. Um 14 Uhr strömen die ersten Familien auf das Gelände am Ufer der Singold, eine stattliche Menschensc­hlange reiht sich vor den Eingang. 1500 Besucher – so wird die Bilanz lauten.

Eltern und Kinder wollen einen Blick auf den Zirkus Liberta erhaschen, sie drängen sich in der Nachmittag­shitze um die Manege vor dem bunt bemalten Wohnwagen. Gänse schnattern, die Kinder kichern, und ab und an gluckst eine Henne. Dieter Schetz, der Direktor des „Kleinsten Zirkus der Welt“, tritt auf. Der Mann mit dem Spitzbart reißt ein paar lockere Sprüche, um ganz beiläufig eine weiße Maus aus einem Becher zu zaubern. Dann lässt er eine schwarze Katze durch einen Rahmen aus Zeitungspa­pier hüpfen.

Vor der Strandbühn­e eröffnet sich der Sandstrand – die Manege, in der sich die Kinder austoben dürfen. Während viele buddeln und den Sand in Förmchen pressen, lässt sich ein Junge gleich mehrmals mit sichtliche­r Freude vom Berg kullern. Ein kleiner Planwagen zieht Spuren durch den Sand. Er gehört Betty Schönmetz und Sabine Schuster. „Zwei Muttis und drei Kinder – so sind wir heute unterwegs“, sagt Schönmetz. Was sie für den Tag am Singoldsan­dkasten brauchen, listet Schuster auf: „Schnuller, Handtuch, Mütze, Sonnenhut, Decken und Trinken. Da kann man einen Bollerwage­n gut gebrauchen.“

Die Tochter von Betty Schönmetz hat beim Aktionspar­cours des Kreisjugen­drings mitgemacht und sich fünf Stempel ergattert. Die dreijähri- ge Lilly verrät schüchtern und in knappen Worten, was sie auf diesem Weg gemeistert hat. „Ringe werfen“, sagt sie und macht große Augen. Eine Balancierü­bung hat sie absolviert und auch mit Bällen auf Dosen geworfen. Als Gewinn winkt ein Eis – eine angemessen­e Belohnung bei schwüler Hitze. Doch Lillys kulinarisc­hes Highlight: „Popcorn!“

Kinderwage­n schlängeln sich durch eine Seitengass­e des Geländes, Kässpätzle-Bude, T-ShirtDruck und Batik. Zähfließen­der Verkehr – ein Buggy reiht sich an den nächsten. Doch in die Kolonne der Kinderwage­n mischt sich eine Gruppe von Rollstuhlf­ahrern. Das Schwabmünc­hner Seniorenze­ntrum Haus Rafael besucht den Singoldsan­dkasten. Zenta Klein hat mit ihrem Rollstuhl einen schattigen Platz am Stand der Wasserwach­t gefunden. „Es ist etwas laut“, sagt die Frau mit dem weißen, gewellten Haar. „Aber es ist alles so schön hergericht­et. Die Kombinatio­n ist toll.“Die freilaufen­den Gockel bringen sie zum Lachen und vor allem Rosa von Schwarte.

Und während die Frau mit dem kleinen Strohhut ihre Portion Pommes genießt, läuft die Sau um die Ecke. Vorbei an der Currywurst­bude bis zum Cocktailst­and, an dem Eltern ein wenig Ruhe und Unterzwisc­hen haltung finden. Das Festival bleibt ein Schwabmünc­hner Projekt. Vereine betreiben die Stände, von den Volleyball­ern bis zum THW. Doch zu den Schaustell­ern gehört auch Lucy aus Schwabmünc­hen. „Das Geschäft läuft gut“, sagt die Zwölfjähri­ge. In ihrem Pavillon bietet sie Flechtfris­uren und bunte Strähnchen an. Ihre Kundschaft steht Schlange – vor allem Mädchen, die ihre Haare pink färben wollen. „Nimm Platz“, sagt sie jeder kleinen Kundin und weist auf den Sitz, der mit goldener Folie bespannt ist. Und routiniert wie ein Profi stellt sie mit einem Lächeln die nächste Frage: „Was hättest du gerne?“

Die Atmosphäre ist entspannt und herzlich – und die Kulisse kreativ. 50 ehrenamtli­che Helfer haben sich allein um die Dekoration gekümmert. Stühle und Segel hängen in und an den Bäumen. Eine Lichterket­te, die sich um einen Baum aus Draht schlängelt, funkelt in den Abendstund­en. Die Lightbar des THW leuchtet mit den Glühbirnen der Cocktailba­r um die Wette.

Doch das Finale des Kindertags kündigt sich mit Donner und Blitz an. Gerade, als ein Pirat auf der Strandbühn­e eine Zaubershow präsentier­t und die Kinder zu Späßen animiert, setzt Regen ein. Viele Familien verlassen das Gelände, andere suchen Unterschlu­pf in den Zelten. Doch der harte Kern bleibt, bis das Prasseln zu einem leichten Nieseln abklingt. Und bis die Livemusik beginnt. „Ihr seid die Tapfersten der Tapferen“, rufen die Sänger von „Unter meinem Bett“in die Menge. Dutzende Regencapes sammeln sich am Geländer.

Eltern und Kinder tanzen gemeinsam. Ein Junge im Regenponch­o setzt sich in den nassen Sand und blickt mit Kullerauge­n auf die Bühne. Josef Falch vom Kreisjugen­dring betrachtet diese Szenen und ist glücklich. „Diesen schönen Platz so zu erleben, das war herrlich“, sagt Falch. Gerne würde der KJR das Projekt Singoldsan­dkasten fortsetzen. Auch Falchs Kollegin Mairi MacFarlane würde sich über eine Fortsetzun­g freuen: „Es war megagalakt­isch gut.“

Und als die Musik verklingt, die letzte Vorführung beendet ist, und die Leuchtbuch­staben über dem Zirkus-Container erloschen sind, da setzt sich Dieter Schetz auf eine Holzkiste und zündet sich eine Zigarette an. Hühner und Gänse scharen sich um ihn, die Katzen hat er in den Wagen gebracht. Er wartet nur noch auf Rosa von Schwarte. „Aber die weiß genau, wo ich bin“, sagt der Zirkusdire­ktor. „Ist ja schließlic­h keine dumme Sau.“

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Fotos: Christian Kruppe Das Zirkusschw­ein hatte keinen Auftritt in der Show, machte dafür aber das ganze Gelände unsicher.
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Am Nachmittag war es bei bestem Wetter vor der Bühne noch gerammelt voll (links). Später kam es dann auf die richtige Aus rüstung an: Gut, dass es die Regencapes günstig zu kaufen gab (rechts).
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