Schwabmünchner Allgemeine

Schräger Sound im Bahnhof

- VON RUPERT HUBER redaktion@augsburger allgemeine.de

Es gibt ja Menschen, die behaupten, Herbert Grönemeyer klinge wie eine verrostete Gießkanne. Nun war es Wilhelm Busch nicht vergönnt, den Vergleich nachzuprüf­en, aber er hinterließ den viel zitierten Satz, wonach Musik oft als störend empfunden wird, weil stets sie mit Geräusch verbunden. Und mit zu großer Lautstärke, wie der Mann in Füssen fand, der eine Autofahrer­in schlug, weil sie im Wagen massiv mit Justin Bieber oder so zugange war.

Musik gar als Folter einzusetze­n, hielt der Berliner S-Bahn-Chef für die ideale Lösung, um Obdachlose von der Station Hermannstr­aße zu vertreiben. Mit atonaler Musik als Waffe. Wer nun entsetzt die drohende Schändung von Schönberg oder Ligeti an den Klanghimme­l malt, hat nicht mit dem Verein Initiative neue Musik Berlin gerechnet. Der organisier­te am Bahnhof ein Konzert, spielte zeitgenöss­ische Musik und verteilte Lebensmitt­el an Bedürftige. Der Waffengang wurde abgeblasen. Musik sei kein Mittel für eine kriegerisc­he Auseinande­rsetzung, diene friedliche­n Zwecken. Man könnte ihnen noch Nietzsche vorlesen, nach dessen Erkenntnis das Leben ohne Musik ein Irrtum wäre. Aber bereits die Billiglaut­sprecher wären der Dynamik und Wucht neuartiger Klänge nicht gewachsen.

Was auch für ICE-Bahnhöfe gilt, wo die Obdachlose­n Mitleid mit den Fahrgästen haben, denen das Unternehme­n akustische Rätsel aufgibt: „Die 1. Klasse mit den Wagen 12, 14 und – – fährt heute in umgekehrte­r -Reihung“. Damit nicht genug des Terrors: „Den Anschlussz­ug in Nürnberg nach Berlin –

(Gegenzug fährt ein) – erreichen wir voraussich­tlich

Ja was jetzt?

Wann komponiert mal ein Neutöner die Kakophonie des Bahnsteigs?

flüster quietsch knirsch Nuschel quietsch, wrdlprfmd.

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