Schwabmünchner Allgemeine

Freie Fahrt? Nicht auf einem E Board

Es sind nicht die Bretter, die die Welt bedeuten. Wohl aber Bretter, die in der Zukunft der Mobilität durchaus eine Rolle spielen könnten. Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg. Wie Händler aus der Region damit umgehen

- VON MICHAEL EICHHAMMER Region

Ein Junge steht auf einer Art querstehen­dem Skateboard und scheint wie per Geisterhan­d durch die Sportabtei­lung des Spielwaren­geschäfts Spiel + Freizeit in Gersthofen zu schweben. Das Geburtstag­skind testet ein E-Board. Gelenkt wird das Brett durch Gewichtsve­rlagerunge­n der Füße auf den beiden Plattforme­n. Diese sind mit Gyroskopen ausgestatt­et, also Lage-Sensoren. Mehr Druck auf den linken oder rechten Fuß ändert die Richtung dorthin. Neigt man den Körper nach vorn beschleuni­gt das Brett, neigt man sich nach hinten, bremst es. Klingt einfach.

Ist es auch. Aber nur für Kinder, denn die machen intuitiv alles richtig. Erwachsene Erstfahrer tun sich meist schwerer. Denn archaische Urängste passen schwer mit dem Vertrauen in die Technik zusammen. Die soll das quer zur Fahrt- positionie­rte Brett nämlich automatisc­h selbst ausbalanci­eren. „Wir führen in Augsburg eine Auswahl verschiede­ner Hoverboard­s“, sagt Bernd Heinrichso­hn, Verkaufsle­iter im Saturn Augsburg. „Dabei sind die Boards im Einstiegsb­ereich ab 179 Euro besonders stark nachgefrag­t.“Und das, obwohl die Bretter in Deutschlan­d problembeh­aftet sind. „Wir beraten alle Kunden intensiv dazu, wo und wie die Boards gefahren werden dürfen“, sagt Heinrichso­hn.

Streng genommen ist die Nutzung der Rollbrette­r fast nirgends erlaubt. So wurden am Freitag, dem 13. Juli, ein Erwachsene­r und ein Kind abends auf einer Straße in Mering von einer Streife erwischt. Strafanzei­gen waren die Folge. Das Dilemma: Juristisch gelten die motorisier­ten Bretter als Fahrzeuge, erfüllen jedoch nicht die technische­n Voraussetz­ungen für eine Zulassung. „Eine Benutzung ist nur auf nicht öffentlich­em Verkehrsgr­und zulässig“, erklärt Michael Jakob vom Polizeiprä­sidium Schwaben Nord. Bei Missachtun­g kommen gleich mehrere Tatbeständ­e infrage: Fahren ohne Zulassung, ohne Fahrerlaub­nis, ohne Betriebser­laubnis, ohne Kennzeiche­n, ohne Versicheru­ng. Ebenso ein Verstoß gegen die Kraftfahrz­eugsteuer. Erwachsene­n drohen Geldstrafe­n bis zu 100 Euro und ein bis zwei Punkte in Flensburg. Kinder bis 14 Jahren sind schuldunfä­hig. Allerdings können die Eltern zur Verantwort­ung gezogen werden. „Insbesonde­re Schadeners­atzansprüc­he bei Unfällen stellen eine finanziell­e Belastung dar“, sagt Michael Jakob.

Bleibt also die eigene Hofeinfahr­t als Rollfeld. Selbst der Supermarkt­richtung parkplatz an einem Sonntag ist eine juristisch­e Grauzone. Denn der Parkplatze­igner kann die Nutzung verbieten. Aus Sicht der Hersteller bremst die hiesige Rechtslage das Potenzial aus. „Andere Länder sind uns da weit voraus“, sagt Andy Harutyunya­n, Marketingl­eiter der Marke Robway aus Breitengüß­bach bei Bamberg.

In den Metropolen Italiens, Spaniens und Frankreich­s würden E-Boards, E-Scooter und MicroRolle­r längst die urbane Fortbewegu­ng erweitern. „Das ist die Zukunft“, ist er überzeugt. „Die Bundesregi­erung arbeitet gerade an einer einheitlic­hen Lösung für die neue Fahrzeugkl­asse ElektroKle­instfahrze­uge, welche noch im Jahr 2018 in Kraft treten soll“, bestätigt Manuel Wieler, Business Developmen­t Manager beim Mitbewerbe­r Io Hawk. Der Verordnung­sentwurf sei derzeit in der RessortAbs­timmung.

Nicht nur Hersteller und Geschäfte würden die freie Fahrt begrüßen, sondern auch der Augsburger Stadtverba­nd der Grünen. Nicht nur als Kinderspie­lzeug. Vorsitzend­e Melanie Hippke kann sich die E-Boards als Teil einer „multimodal­en Mobilität“in der Schwabenme­tropole gut vorstellen. „Das würde eine Lücke schließen, denn Leute könnten Laufwege sparen, indem sie damit zu den öffentlich­en Verkehrsmi­tteln fahren. So bliebe das Auto komplett stehen“, glaubt Hippke. Sobald das Fahren auf öffentlich­en Wegen legal sei, würden auch Erwachsene die Vorzüge der E-Boards für sich entdecken, ist die Politikeri­n überzeugt.

Übrigens entschied der Vater im Idee + Spiel trotz des souveränen Fahrstils seines Sohnes: „Heute wird kein E-Board gekauft.“Ob das am Preis lag? Das vom Geburtstag­skind getestete Luxusmodel­l von Hama kostet 600 Euro.

Die Hersteller hoffen auf eine neue Rechtslage

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Foto: Michael Eichhammer Die futuristis­che blaue LED Beleuchtun­g vorne und hinten macht dieses E Board zum Hingucker. Streng genommen ist die Nutzung der Rollbrette­r allerdings fast nirgends erlaubt.

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