Immer mehr junge Leute setzen auf eine Lehre
Zum Start des Ausbildungsjahrs sind viele Bewerber versorgt. Vor allem in einer Branche gibt es gegenwärtig noch ein großes Angebot an freien Stellen. Was Firmen antreibt, in den Nachwuchs zu investieren
Auf dem Papier geht die Rechnung auch in diesem Jahr auf: Wenn jetzt das neue Ausbildungsjahr startet, müsste zumindest laut Statistik eigentlich jeder Bewerber versorgt sein. Es gibt noch immer mehr offene Stellen als suchende Bewerber. Dies geht aus den Zahlen der Agentur für Arbeit hervor, die zumindest einen Teil des Ausbildungsmarkts im Wirtschaftsraum Augsburg betreut. Doch bei Weitem nicht jede Stelle wird über die Agentur vermittelt. Die Wirtschaftskammern bestätigen jedenfalls die grundsätzlich positive Entwicklung auf dem Lehrstellenmarkt. Was aber nach wie vor für Unternehmen ein Problem sei, ist die fehlende Qualifikation einzelner Bewerber für die ausgeschriebenen Stellen. Dies erkläre, warum es ein Überangebot an offenen Stellen nach wie vor gibt, heißt es.
Wer noch keinen Ausbildungsplatz gefunden hat, muss nicht verzweifeln. Auch kurzfristig besteht die Chance, eine Lehrstelle zu ergattern. Am besten sieht die Situation im Einzelhandel aus. Dies sagt Roland Fürst von der Agentur für Arbeit: „In unserer Statistik sehen wir, dass es hier noch insgesamt 112 unbesetzte Ausbildungsplätze gibt.“Die Erfahrung früherer Jahre zeige zudem, dass viele Unternehmen noch zum Oktober einstellen, weil teils Ausbildungsverträge in der gelöst werden. Denkbar ist zudem, dass junge Leute ihre Lehrstelle nicht antreten, weil sie womöglich studieren.
Die Situation auf dem Lehrstellenmarkt im Wirtschaftsraum hat die Industrie- und Handelskammer (IHK) gut im Blick. Josefine Steiger, Leiterin Fachbereich Ausbildung, zieht daher eine erfreuliche Bilanz: „Im Wirtschaftsraum Augsburg sind es gegenwärtig 2667 Verträge, die bei uns erfasst sind.“Dies entspreche einer Steigerung von fast fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr. Erfreulich sei das Plus beim Handel von sechs Prozent. Trotz noch vieler offener Stellen sei es die stärkste Ausbildungsbranche im kaufmännischen Bereich. Josefine Steiger sagt ferner: „Wir freuen uns insbesondere, dass 25 junge Menschen ihre Ausbildung im neuen Beruf Kaufmann im E-Commerce beginnen werden.“Dass die Baubranche viel zu tun hat, zeigt sich heuer auf dem Ausbildungsmarkt. Die Berufe im Baugewerbe haben sich in der Region fast verdoppelt. Junge Leute wollen Straßenbauer und Bauzeichner werden.
Auch im Handwerk gibt es mehr abgeschlossene Lehrverträge als im Vorjahr. Anette Göllner, Leiterin der Berufsausbildung bei der Handwerkskammer für Schwaben (Hwk), sagt: „Unter dem Druck des Fachkräftemangels setzen die BeProbezeit triebe noch mehr als bisher auf Ausbildung.“Ein weiterer Trend sei erfreulich. Viele Betriebe steigen nach einer Pause wieder in die Ausbildung ein. Ebenso steige die Zahl der Erstausbilder, speziell bei kleineren Unternehmen. Nach wie vor stehe die Fachkräftesicherung ganz oben auf der Agenda der Firmen, erläutert Anette Göllner. Der Nachwuchs werde immer stärker im eigenen Haus qualifiziert und für verantwortungsvolle Aufgaben vorbereitet.
Im Handwerk gibt es aber nach wie vor noch freie Stellen. Während die Lebensmittelbranche intensiv sucht, ist der Bedarf im Elektrohandwerk eher gedeckt. Insgesamt werden in der Lehrstellenbörse der Kammer – allerdings schwabenweit – aktuell noch 839 Stellen querbeet vom Anlagenmechaniker bis zum Zahntechniker für einen Start im Jahr 2018 angeboten.
Bei der Augsburger Agentur für Arbeit sieht das Zahlenverhältnis zum Start des Lehrjahrs im Wirtschaftsraum Augsburg wie folgt aus: Ende August waren 612 Bewerber noch unversorgt, es gab 1168 unbesetzte Ausbildungsstellen. Von den der Agentur 3900 gemeldeten Bewerbern gehören 390 zum Kreis der Flüchtlinge, also jeder zehnte Bewerber. 85 junge Flüchtlinge suchen gegenwärtig noch eine Lehrstelle, sagt Fürst.