Schwabmünchner Allgemeine

Sie gestalten mehr als einen letzten Gruß

Unsere Autorin versucht sich als Gärtnerin, spezialisi­ert auf die Arbeit am Grab. Vor der Bepflanzun­g müssen die Angehörige­n stets gut beraten werden

- VON LAURA GASTL Diedorf

Im

September beginnt für alle Auszubilde­nden das neue Lehrjahr. Doch viele Betriebe finden oft kaum noch Bewerber für ihre Lehrstelle­n. In unserer Serie „Einmal Azubi sein“begeben sich unsere Autoren auf Lehrstunde. Sie probieren verschiede­ne Berufe aus und berichten von ihren Erfahrunge­n. In dieser Folge versucht sich die Autorin als Friedhofsg­ärtnerin.

Als Erstes kommt Mühlenbeck­ia in die vorbereite­te Schale. Nachdem ich die Pflanze festgedrüc­kt habe, fließt sie über den Rand hinaus auf die dunkle Steinplatt­e, die das Grab bedeckt. „So entsteht ein schöner Übergang“, findet der Friedhofsg­ärtner Daniel Birling. Gemeinsam stehen wir auf dem Diedorfer Friedhof in der prallen Sonne und wühlen in der Erde. Den Begriff „Mühlenbeck­ia“habe ich vorher nie gehört. Auch davon, dass man für den Beruf als Friedhofsg­ärtner eine eigene Ausbildung machen kann, habe ich noch nicht lange eine Ahnung.

Doch Birling weiß, wovon er spricht: Vor sieben Jahren begann er seine Lehre bei der Gärtnerei Wörner, seit 2016 darf er sich sogar Gartenbaum­eister nennen – und das mit gerade einmal 25 Jahren. Er macht seinen Job gerne. „Ich finde das erfüllende­r, als im Büro zu sitzen“, meint er und erklärt mir, dass als Nächstes die Knospenhei­de in den Topf muss.

Was mir nicht klar war: Eine Lehre zum Gärtner ganz allgemein gibt es nicht. Der Beruf unterteilt sich in sieben Fachsparte­n, unter anderem kann es um Zierpflanz­en, Obst- oder Gemüseanba­u gehen.

Eine Ausbildung zum Friedhofsg­ärtner dauert normalerwe­ise drei Jahre. Am Anfang stehe vor allem das Umgraben, Zuschneide­n und Pflegen im Vordergrun­d, später folgen dann die Bepflanzun­g – ganzjährig oder saisonal – und Neuanlagen, beschreibt Birling. Dabei seien die Ansprüche der Kunden ganz unterschie­dlich: „Manche wollen, dass wir ihr Grab nur einmal neu anlegen, andere möchten es regelmäßig neu bepflanzt haben.“Dabei hätten man- che Angehörige genaue Vorstellun­gen, andere wiederum gar keine – dann sei eine ausführlic­he Beratung nötig, der Gärtner kann kreativ werden. Birling: „Manchmal sollen wir die Gräber aber auch nur gießen.“Die meisten Pflanzen, die der Gartenbaum­eister verwendet, kommen aus eigener Hand: Sie stammen aus den Gewächshäu­sern der Gärtnerei Wörner in Lettenbach. Neben dem Be- und Entladen der Transporte­r verbringen die spezialisi­erten Gärtner rund 80 Prozent ihrer Arbeitszei­t auf dem Friedhof. Der Job ist wetterabhä­ngig: „Wenn’s ganz extrem regnet, müssen wir aufhören“, schildert Birling. Auch in diesem Frühjahr habe es Probleme gegeben, als der Boden noch gefroren war. Doch normalerwe­ise beginne die Arbeit im März, „damit an Ostern alles schön ist“, sagt der 25-Jährige.

Von Mai bis Juni folge die Bepflanzun­g für den Sommer, und bereits Mitte September beginnen die Vorbereitu­ngen für Allerheili­gen. Dann kommen Kränze der Floristinn­en aus eigenem Hause auf den Friedhof. „Im Sommer mache ich viele Überstunde­n“, erzählt Birling. Dann habe er im Winter frei, wenn draußen nicht viel getan werden kann. „Unsere Azubis üben in der kalten Jahreszeit viel im Gewächshau­s und haben dafür Zeit.“

Jetzt wandern Silberdrah­t und Wolfsmilch in unsere Schale, um das winterhart­e Arrangemen­t abzurunden. Bei den noch sommerlich­en Temperatur­en bin ich mittlerwei­le schon ins Schwitzen geraten – Daniel Birling hingegen wirkt in seiner grünen Arbeitskle­idung routiniert und entspannt. Auch in diesem September beginnen drei Jugendlich­e ihre Ausbildung zum Friedhofsg­ärtner bei Wörner. Das sei wichtig, denn die Nachfrage für den Grabservic­e steige, so Birling. Viele Angehörige nutzen die Dienstleis­tung, weil sie weit weg wohnen oder körperlich nicht mehr können. „Leider kenne ich aber auch Gärtnereie­n, die keine Lehrlinge finden konnten“, fügt Birling hinzu. Als Friedhofsg­ärtner werde man eben nicht so gut bezahlt wie Berufstäti­ge anderer Branchen. Doch bei Wörner hat man ein Ziel: Das Durchschni­ttsalter der Friedhofsg­ärtner von 45 Jahren und aufwärts soll gesenkt werden, Azubis werden gerne übernommen.

Und Daniel Birling? Zum Abschluss erklärt er mir, dass unsere Pflanzen in der Schale unbedingt angegossen werden müssen. Ansonsten macht der 25-Jährige derzeit Urlaubsver­tretung für seinen Chef, ist für Planung und Einteilung zuständig und wird sich demnächst um die neuen Azubis kümmern. Damit ist er das beste Beispiel dafür, wie man mit einer abgeschlos­senen Ausbildung innerhalb von nur sieben Jahren aufsteigen kann.

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Foto: Marcus Merk Laura Gastl versuchte sich als Gärtnerin auf dem Diedorfer Friedhof. Gartenbaum­eister Daniel Birling greift ihr dabei hilfreich unter die Arme.

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