Auf einer Stufe mit Goethe
Poetry Slammer Frank Klötgen sorgt für einen fulminanten Auftritt in der Buchhandlung Schmid. Warum er keinen Vergleich mit dem Dichterfürsten scheut und welche Körperöffnung im Mittelpunkt seines Programms steht
Poetry Slam gilt als die neue Form der deutschen Dichtkunst. Texte aller Facetten, mal nur lustig, mal nachdenklich und oft sehr hintersinnig, meist in Reimform präsentiert, machen diese Form der Sprache zu einem Kunstwerk. Mit Frank Klötgen fand ein Meister dieses Fachs den Weg auf die Bühne in der Schwabmünchner Buchhandlung Schmid.
Klötgen gab sich selbstbewusst und hat auch nicht den Vergleich mit dem Dichterfürsten Goethe gescheut. „Ich habe jetzt mehr als 3000 Gedichte verfasst“, erklärt er dem Publikum. „Für sie vielleicht nichts besonderes, für mich jedoch schon. Denn auch Goethe hat etwas mehr als 3000 Gedichte verfasst. Also bin ich quantitativ schon auf einer Höhe mit ihm“, ergänzte Klötgen. Dann legte er mit seinem Programm los. Dabei stellte er klar, dass er an diesem Abend den Mund in den Mittelpunkt stellt.
Schon mit dem ersten Stück „Mein erstes Mal mit Carmen“zeigte er all seine Fähigkeiten. Klötgen brillierte nicht nur mit Wortgewalt und -vielfalt. Auch seine Mimik und Gestik suchen ihresgleichen. Und nicht nur das. Den Auftakt des ersten Stückes zelebriert Frank Klötgen als Sprechgesang. Dabei geht es schlicht und ergreifend ums Essen. Genauer gesagt, Klötgens Bewunderung, wie anmutig die Dame am Tisch ihr Essen verzehrt. „Oh Carmen – Erbarmen! Mein Kopf kommt erst klar, wenn Ihr zärtlich beknabbernd ein Rippchen beäst – Dann serviettenbetätschelnd das Mündlein verhätschelnd gar feinspaltig schürzend die Lippchen entblößt“legt Klötgen los.
Danach legt der ehemalige ProfiSlammer dar, dass er an diesem Abend 45 Gedichte vortragen möchte – und zeigt gleich auf, wie das funktionieren soll. Mit 20 schnellen Gedichten, breit gefächert von skurril über komisch bis zu hintersinnig, wirft er dem erfreuten Publikum die Reime um die Ohren.
Danach kehrte er wieder zum Thema „Mund“zurück. „Zumindest spielt der auch eine wichtige Rolle“, erklärt er vor dem „Hummelfluch“teilweise im Rhythmus des „Hummelflugs“des russischen Komponisten Nicolai Rimski-Korsakow vorgetragen. Dabei dreht es sich um rachsüchtige Hummeln, die den Tod einer Artgenossin rächen – eine gut versteckte Abrechnung mit dem Thema Märtyrer.
Zum Abschluss wandelte Klötgen nochmals auf den Spuren der großen deutschen Dichter. „Schillers „Taucher“hat eigentlich kein richtiges Ende“, stellt er fest und schmettert wortgewandt seine Verlängerung hinaus. Grandios.
Doch Frank Klötgen war nicht alleine auf der Bühne der Buchhandlung. Für die musikalische Würze sorgte die Münchnerin Henny Herz. Mit ihren gefühlvollen, meist ruhigen Liedern schien sie gar nicht zu Klötgen zu passen. Doch sie bot so einen wundervollen Kontrast zum Tempo und zur Wucht Klötgens und rundete den tollen Auftakt des Herbstprogramms der Buchhandlung Schmid ab.