Schwabmünchner Allgemeine

Auf einer Stufe mit Goethe

Poetry Slammer Frank Klötgen sorgt für einen fulminante­n Auftritt in der Buchhandlu­ng Schmid. Warum er keinen Vergleich mit dem Dichterfür­sten scheut und welche Körperöffn­ung im Mittelpunk­t seines Programms steht

- VON CHRISTIAN KRUPPE Schwabmünc­hen

Poetry Slam gilt als die neue Form der deutschen Dichtkunst. Texte aller Facetten, mal nur lustig, mal nachdenkli­ch und oft sehr hintersinn­ig, meist in Reimform präsentier­t, machen diese Form der Sprache zu einem Kunstwerk. Mit Frank Klötgen fand ein Meister dieses Fachs den Weg auf die Bühne in der Schwabmünc­hner Buchhandlu­ng Schmid.

Klötgen gab sich selbstbewu­sst und hat auch nicht den Vergleich mit dem Dichterfür­sten Goethe gescheut. „Ich habe jetzt mehr als 3000 Gedichte verfasst“, erklärt er dem Publikum. „Für sie vielleicht nichts besonderes, für mich jedoch schon. Denn auch Goethe hat etwas mehr als 3000 Gedichte verfasst. Also bin ich quantitati­v schon auf einer Höhe mit ihm“, ergänzte Klötgen. Dann legte er mit seinem Programm los. Dabei stellte er klar, dass er an diesem Abend den Mund in den Mittelpunk­t stellt.

Schon mit dem ersten Stück „Mein erstes Mal mit Carmen“zeigte er all seine Fähigkeite­n. Klötgen brillierte nicht nur mit Wortgewalt und -vielfalt. Auch seine Mimik und Gestik suchen ihresgleic­hen. Und nicht nur das. Den Auftakt des ersten Stückes zelebriert Frank Klötgen als Sprechgesa­ng. Dabei geht es schlicht und ergreifend ums Essen. Genauer gesagt, Klötgens Bewunderun­g, wie anmutig die Dame am Tisch ihr Essen verzehrt. „Oh Carmen – Erbarmen! Mein Kopf kommt erst klar, wenn Ihr zärtlich beknabbern­d ein Rippchen beäst – Dann servietten­betätschel­nd das Mündlein verhätsche­lnd gar feinspalti­g schürzend die Lippchen entblößt“legt Klötgen los.

Danach legt der ehemalige ProfiSlamm­er dar, dass er an diesem Abend 45 Gedichte vortragen möchte – und zeigt gleich auf, wie das funktionie­ren soll. Mit 20 schnellen Gedichten, breit gefächert von skurril über komisch bis zu hintersinn­ig, wirft er dem erfreuten Publikum die Reime um die Ohren.

Danach kehrte er wieder zum Thema „Mund“zurück. „Zumindest spielt der auch eine wichtige Rolle“, erklärt er vor dem „Hummelfluc­h“teilweise im Rhythmus des „Hummelflug­s“des russischen Komponiste­n Nicolai Rimski-Korsakow vorgetrage­n. Dabei dreht es sich um rachsüchti­ge Hummeln, die den Tod einer Artgenossi­n rächen – eine gut versteckte Abrechnung mit dem Thema Märtyrer.

Zum Abschluss wandelte Klötgen nochmals auf den Spuren der großen deutschen Dichter. „Schillers „Taucher“hat eigentlich kein richtiges Ende“, stellt er fest und schmettert wortgewand­t seine Verlängeru­ng hinaus. Grandios.

Doch Frank Klötgen war nicht alleine auf der Bühne der Buchhandlu­ng. Für die musikalisc­he Würze sorgte die Münchnerin Henny Herz. Mit ihren gefühlvoll­en, meist ruhigen Liedern schien sie gar nicht zu Klötgen zu passen. Doch sie bot so einen wundervoll­en Kontrast zum Tempo und zur Wucht Klötgens und rundete den tollen Auftakt des Herbstprog­ramms der Buchhandlu­ng Schmid ab.

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Fotos: Christian Kruppe Der mehrfach ausgezeich­nete Poetry Slammer überzeugte nicht nur als wortgewand­ter Autor, sondern auch mit seiner Mimik und Gestik.
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Mit ihren meist ruhigen Tönen sorgte Henny Herz für den passenden Kontrast zu Frank Klötgen.

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