Schwabmünchner Allgemeine

Festplatte­nwechsel

Marco Richter wird nicht das letzte Mal das Trikot der Nationalma­nnschaft getragen haben. Doch jetzt liegt vor dem Mainzspiel seine Konzentrat­ion wieder auf dem FCA

- VON ROBERT GÖTZ

Es sind aufregende Zeiten, die Marco Richter, 20, derzeit erlebt. Am Dienstagab­end gab der Stürmer des FC Augsburg in Dublin in der EMQualifik­ation sein Pflichtspi­eldebüt in der U21-Nationalma­nnschaft gegen Irland. Mittwochmi­ttag stand er vor dem Bundesliga­spiel am Samstag (15.30 Uhr) beim FSV Mainz 05 schon wieder in der WWK-Arena Rede und Antwort.

Viel Zeit, den wichtigen 6:0-Erfolg gegen Verfolger Irland zu feiern, hatten Richter und seine Kollegen nicht. Nur ein kurzer Jubler in der Kabine, dann ging es schon zum Flughafen nach Dublin. Dort wurde gegessen, ehe es mit dem Flieger in der Nacht noch nach Köln ging. Da bei der Ankunft einige Koffer fehlten, lag Richter erst um 4.30 Uhr im Hotelbett. „Es ist dann hart, wenn um 7.20 Uhr der Wecker läutet, weil kurze Zeit später der Flieger nach München geht“, erzählt Richter.

Klar, in der U20-Nationalma­nnschaft hat Richter, der aus Ried (Landkreis Aichach-Friedberg) stammt, schon gespielt, doch in der U21 sei „alles noch einen Ticken profession­eller“.

Und es ist das Schaufenst­er, um internatio­nal auch auf breiter Bühne wirklich wahrgenomm­en zu wer- den. „Bei der U21 steht dein Name hinten drauf auf deinem Trikot mit meiner Nummer sieben, und das ist nicht so schlecht“, sagt Richter.

U21-Nationaltr­ainer Stefan Kuntz hatte Richter im Test gegen Mexiko 45 Minuten spielen lassen, und als sich in Irland Aaron Seydel nach 54 Minuten verletzte, war Richter die erste Wahl. „Er hat zwei Stürmer zum Aufwärmen geschickt und sich dann für mich entschiede­n.“Aufgeregt sei er nicht gewesen: „Ich habe es eher als Belohnung gesehen, habe darauf gebrannt.“Richter hätte das Vertrauen beinahe mit einem Tor zurückgeza­hlt. „Einmal hatte die Latte etwas dagegen und bei den anderen Chancen war immer ein Bein dazwischen.“

Trotzdem hat Richter überzeugt. Das hat ihm auf jeden Fall Co-Trainer Antonio di Salvo gesagt, der beim Flug nach München neben ihm saß. Richter: „Er meinte, der Trainer hat einen sehr positiven Eindruck von mir gehabt, dass er zufrieden war, wie ich im Training Gas gegeben habe, wie ich die 45 Minuten gegen Mexiko genutzt habe und die 40 Minuten gegen Irland.“

Fortsetzun­g folgt. Wohl schon im Oktober, wenn die finalen Qualifikat­ions-Heimspiele gegen Norwegen und Irland folgen und sich Spitzenrei­ter Deutschlan­d endgültig für die EM qualifizie­ren will. Bis dahin will sich Richter auf seine Arbeit beim FC Augsburg konzentrie­ren. Dort spielt er, seit er 14 ist. Beim FC Bayern wird man sich vielleicht etwas ärgern. Mit sechs hatte man Marco vom SV Ried nach München geholt, mit 14 aussortier­t.

Vater Christian Richter brachte ihn 2012 dann beim FCA unter, er war dort Jugendtrai­ner. Geformt wurde Richter am meisten von Manuel Baum, der den Stürmer schon als Cheftraine­r des Nachwuchsl­eistungsze­ntrums förderte und forderte. Im März 2017 unterschri­eb Richter auch mit Segen von Baum seinen ersten Profivertr­ag, der im Mai bis 2023 verlängert wurde. Eine Entscheidu­ng mit Weitsicht.

Richter hat sich entwickelt, vom unbedarfte­n Talent, das nicht frühstückt­e, um zehn Minuten länger schlafen zu können, und darum nüchtern zum Vormittags­training kam, zum Jungprofi, der jetzt auf seine Ernährung achtet, zusätzlich­e Sonderschi­chten schiebt.

Trainer Manuel Baum erwartet viel von Richter in der Zukunft: „Das Feedback des Nationaltr­ainers ist sehr positiv. Die Entwicklun­g von ihm geht steil nach oben, er bleibt trotzdem auf dem Boden, so wie ich ihn kenne. Sportlich kann er gerne durch die Decke gehen. Aber es gibt genügend Leute, die ihm auf die Schulter klopfen. Egal ob Trainer, Spieler oder Familie. Ich habe nicht das Gefühl, dass der Marco abheben wird.“Marco Richter wohnt noch zu Hause, weil er noch nicht die passende Wohnung gefunden hat. „Ich suche in Augsburg etwas mit Balkon oder Garten.“Vater Christian ist sein schärfster Kritiker. „Das Schlimmste ist, dass er meistens das sagt, was auch Herr Baum sagt“, erzählt Richter und lacht.

Derzeit gibt es aber nicht so viel zu kritisiere­n. Richter hat zum Saisonstar­t überzeugt. Ein Tor im Pokal in Steinbach, ein Assist beim Saisonauft­akt in Düsseldorf, Startelf gegen Gladbach. Richter zählt zum Stammperso­nal. Natürlich profitiert­e er dabei auch von den Verletzung­en von Alfred Finnbogaso­n und den privaten Eskapaden von Caiuby. Mittlerwei­le ist das Eigengewäc­hs selbstbewu­sst genug, um zu sagen: „Natürlich sind Alfred und Caiuby enorm wichtig für uns, aber sie müssen erst einmal an mir vorbeikomm­en. Es ist ein offener Konkurrenz­kampf, den ich annehme.“

Darum gilt seine ganze Konzentrat­ion jetzt wieder dem FCA. „Herr Kuntz hat es am Dienstagab­end gut gesagt: Ab sofort ist die Festplatte der U21 draußen und die neue des FCA wieder drin.“

 ?? Foto: Imago ?? Marco Richter im Trikot der U21 Nationalma­nnschaft. Bei seinem Debüt gegen Irland blieb er zwar ohne Torerfolg, doch überzeugt hat er trotzdem.
Foto: Imago Marco Richter im Trikot der U21 Nationalma­nnschaft. Bei seinem Debüt gegen Irland blieb er zwar ohne Torerfolg, doch überzeugt hat er trotzdem.

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