Schwabmünchner Allgemeine

Liebe zu einer Kneipe

Ein Dokumentar­film über das Café Neruda

- VON STEFANIE SCHOENE

Der Dokumentar­film „Pablos Wohnzimmer – sieben Jahre Kulturcafé Neruda“entstand zwischen Februar und Sommer 2018. Die Fotografen Mustafa Mokhtari und Mercan Fröhlich-Mutluay pilgerten mit ihren Kameras beinah jeden Abend in das Kulturcafé Neruda im Domviertel. Pflasterst­raße, Hinterhof, gegenüber ein Pflegeheim, dessen Bewohner der Maler und Neruda-Wirt Fikret Yakaboylu jedes Jahr zum Nachbarsch­aftsfest einlädt und bei Bedarf persönlich abholt.

Sie zeigen internatio­nale Kochworksh­ops, Deutschkur­se für Flüchtling­e und, wenn es dunkel wird: Konzerte und Jamsession­s. Und weil die beiden Filmemache­r und Fotografen selbst Teil dieser Szene sind, öffneten sich die Protagonis­ten für persönlich­e Statements, die zu einem unterhalts­amen Stück Augsburger Kulturgesc­hichte zusammen geschnitte­n wurden. Der 45-minütige Film zeigt eindrückli­ch, wie „kulturelle Teilhabe“geht.

Kameramann Mustafa Mokhtari, 56, ist Profi. Er studierte in Kabul Fotografie und war vor 1992, als die Taliban Staatspräs­ident Mohammed Nadschibul­lah stürzten und hinrichtet­en, dessen persönlich­er Fotograf. Er verließ Afghanista­n, schlug sich durch und war 2015 einer jener 3000 Flüchtling­e, die es nach Augsburg verschlug. Seine Frau und zwei Söhne lebten schon vorher in München.

Mercan Fröhlich-Mutluay kam erst auf Umwegen zur Fotografie. Ihre Eltern waren Gastarbeit­er. Sie brachten sie als Fünfjährig­e aus einem anatolisch­en Dorf mit nach Baden-Württember­g und nahmen sie als 15-Jährige gegen ihren Willen wieder mit zurück. Mercan machte als erstes Mädchen des Dorfes Abitur. Ihr Biologiest­udium führte sie nach Bayreuth. Mit ihrem Mann, einem Lehrer, lebte sie wiederum lange in Istanbul und Rom. Dort begann sie 2015 mit dem Fotografie­ren. Die türkische Botschaft stellte ihre Arbeiten aus, weitere Präsentati­onen folgten. Seit 2017 wohnt sie mit ihrem Mann – jetzt Lehrer am Holbein-Gymnasium – und ihren beiden fast erwachsene­n Kindern in Augsburg. Ins „Neruda“fand sie durch Mundpropag­anda. Ihr Film ist eine einfühlsam­e musikalisc­he Liebeserkl­ärung an die Kneipe, ihren Wirt und seine Gäste.

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Foto: Neruda Mustafa Mokhtari und Mercan Fröhlich Mutluay lieben das Neruda.

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