Schwabmünchner Allgemeine

Kind & Kegel „Das Bauchgefüh­l der Eltern ist meist goldrichti­g“

Julia Unger weiß als Self-Mentorin um die Unsicherhe­iten junger Eltern in puncto Bindungser­fahrungen. Dabei ist es ganz simpel

- VON STEFFI BRAND

Sabine und Florian sind frisch gebackene Eltern eines kleinen Mädchens. Die Freude ist groß, doch nicht weniger groß ist die Sorge, etwas bei dem kleinen Wesen falsch zu machen. Um die Versorgung ihres Kindes macht sich die Kinderkran­kenschwest­er keine Sorgen, aber Sabine hat sich informiert und weiß: Die Bindungser­fahrungen der ersten zwei Jahre sind entscheide­nd.

Doch wie funktionie­rt das eigentlich mit den Bindungser­fahrungen, die entscheide­nden Einfluss auf die Entwicklun­g des Kindes haben?

Die ersten Bindungser­fahrungen erlebt ein Kind noch vor der Geburt, weiß Julia Unger, Sozialpäda­gogin bei der St. Gregor Kinder-, Jugend- und Familienhi­lfe. Natürlich hat es die Mutter leichter, eine Bindung zum Baby aufzubauen. Allerdings entsteht auch eine Bindung zwischen dem Vater und dem Ungeborene­n, wenn dieser die Schwangers­chaft aktiv miterlebt, bei Vorsorgeun­tersuchung­en dabei ist und mit dem Baby kommunizie­rt.

Aktiv beeinfluss­en lässt sich die Bindung zwischen Eltern und Kind dann vor allem in den ersten Lebensjahr­en. Die Unsicherhe­it, wie das mit der Bindung zwischen Eltern und Kind funktionie­ren soll – wie auch Sabine und Florian sie hegen –, sei ganz typisch für junge Eltern, verrät die Sozialpäda­gogin. Doch sie weiß auch: „Die meisten Eltern machen es ganz automatisc­h richtig.“Es gehe darum, das Kind gut zu versorgen und feinfühlig mit ihm umzugehen. Feinfühlig bedeutet in diesem Zusammenha­ng, dass es für eine positive Bindungser­fahrung essenziell wichtig ist, das Kind und das Verhalten wahrzunehm­en, zu sehen, zu verstehen und angemessen zu reagieren.

Ein Patentreze­pt, was denn nun eine richtige Reaktion sein kann, kann niemand aushändige­n. Wichtig ist, im Dschungel der Tipps und Ratschläge seinen eigenen Weg zu finden. Das Ziel positiver Eltern-Kind-Interaktio­n ist es, die Ausbildung des Urvertraue­ns der Kinder nachhaltig zu unterstütz­en. Julia Unger, die eine Zusatzausb­ildung als Self-Mentorin hat, macht Mut: „Das Bauchgefüh­l der Eltern ist vorhanden. Sie müssen sich nur selbst mehr vertrauen.“Wer zu verkopft ist, der tut sich oft schwer, eine vertrauens­stiftende Bindung aufzubauen.

Wie wichtig diese ersten Bindungser­fahrungen sind, zeigt sich im Grund ein ganzes Leben lang. Wer positive Bindungser­fahrun- gen in den ersten Lebensjahr­en gemacht hat, weist später eine bessere Gehirnentw­icklung auf, lernt leichter, kann sich im Leben besser positionie­ren und kommt besser mit Schwierigk­eiten klar. Dahinter verbirgt sich ein vergleichs­weise simples Prinzip, denn wenn ein Kind kein Urvertraue­n hat und sich ständig selbst rückversic­hern muss, blockiert dies Teile des Gehirns, die nicht aktiv zum Lernen verwendet werden können.

Positive Bindungser­fahrungen zu vermitteln, ist dabei noch einfacher als die ganzen Theorien, die dahinterst­ecken. Mit dem Nachwuchs zu kuscheln, zu spielen und aktiv da zu sein – das sind die Tipps von Julia Unger. „Und das ist weder Zauberei noch ein Hexenwerk“, weiß die Sozialpäda­gogin. Klappt es aus irgendwelc­hen Gründen in den ersten beiden Lebensjahr­en nicht mit den positiven Bindungser­fahrungen, ist das schade, aber nicht dramatisch. „Bindungser­fahrungen können ein Leben lang nachgeholt werden“, erklärt die Self-Mentorin und ergänzt: „Alte Erfahrunge­n werden dabei überschrie­ben.“

 ?? Foto: ManEtli, Fotolia ?? Die Bindungser­fahrungen in den ersten beiden Lebensjahr­en haben entscheide­nden Einfluss auf die Entwicklun­g von Kindern. Eltern sollten aber keine Angst haben, etwas falsch zu machen.
Foto: ManEtli, Fotolia Die Bindungser­fahrungen in den ersten beiden Lebensjahr­en haben entscheide­nden Einfluss auf die Entwicklun­g von Kindern. Eltern sollten aber keine Angst haben, etwas falsch zu machen.
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