Schwabmünchner Allgemeine

3D Scanner für die Tasche

Augsburger Ingenieure tüfteln an einem Kopierer für dreidimens­ionale Objekte. Der soll sogar beim Schuhkauf helfen

- VON JENS REITLINGER Augsburg

Was vor einigen Jahrzehnte­n noch Science-Fiction war, entwickelt sich in großen Schritten zur massentaug­lichen Technologi­e: Im dreidimens­ionalen Druck lassen sich mittlerwei­le alle denkbaren Objekte vervielfäl­tigen. Doch obwohl die Drucker immer besser und präziser werden, sind die Möglichkei­ten bislang noch begrenzt. Viel Zeit und Know-how benötigt zum Beispiel das Anfertigen der Vorlagen, die den Druckern als „Baupläne“dienen. Wer heute einen 3D-Drucker besitzt, kann bislang nur vorgeferti­gte Modelle aus dem Internet ausdrucken. Im Wettrennen um verlässlic­he 3D-Scanner hat ein Augsburger Unternehme­n derzeit weltweit die Nase vorn.

Die „Scoobe 3D“-Kamera des gleichnami­gen Start-ups sieht aus wie ein Smartphone mit überdimens­ionierter Kameralins­e. „Unser Gerät ist ein tragbarer Scanner für Objekte“, sagt Umweltinge­nieur Ralph Wagner, der in der jungen Firma als Entwickler arbeitet. Das Prinzip ist simpel: Man richtet die Kamera auf ein Modell – beispielsw­eise eine Holzfigur – und folgt den Anweisunge­n auf dem Bildschirm. Indem man sich im Kreis um die Figur bewegt, tastet die Scoobe die Form und Struktur ab und errechnet daraus eine Vorlage, die als Datei an einen Drucker geschickt wird. Durch das schichtwei­se Auftragen eines speziellen Kunststoff­s entsteht im Drucker anschließe­nd eine originalge­treue Replik. „Die Handhabung der Scoobe ist so ähnlich wie bei der Panorama-Fotografie mit dem Handy, bei der ebenfalls mehrere Bilder zusammenge­setzt werden“, sagt Wagner.

Was simpel klingt, erfordert ein komplexes Zusammensp­iel unterschie­dlicher Technologi­en. „In der Scoobe arbeiten drei optische Verfahren parallel“, erklärt Wagner. Von einem groben ersten Grundgerüs­t wird ein immer detaillier­teres Modell angefertig­t, das dem Entwickler zufolge auf ein Zehntel eines Millimeter­s exakt ist. „Bisher sind wir die Ersten, denen dieses Ineinander­greifen der Technologi­en gelungen ist“, sagt Wagner. Auch am Technologi­schen Institut in Massachuss­etts (MIT), einer Eliteunive­rsität in den USA, werde an einem ähnlichen Produkt gearbeitet, bislang mit weniger Erfolg. „Der Knackpunkt ist die Software, daran arbeiten wir fast noch länger als am Gerät selbst“, erklärt Wagner, der unter anderem für den Prototypen­bau verantwort­lich war.

Der Physiker Julian Berlow hat die Scoobe erfunden und 2016 zum Patent angemeldet. Anfang 2018 gründete er das Unternehme­n, mit dem er derzeit mit acht Kollegen an seinem Scanner tüftelt. „Wir wollen den 3D-Druck neben Industrie und Medizin auch für Privatanwe­nder attraktive­r machen“, sagt der 27-Jährige. Die Möglichkei­ten sind vielfältig, wie Entwicklun­gsingenieu­r Wagner erklärt: „Es lassen sich Bau- und Ersatzteil­e anfertigen oder die Dimensione­n von Räumen und sogar Körperteil­en erfassen.“So könne das Gerät bei der Inneneinri­chtung oder beim Schuhkauf helfen. „Das ist allerdings noch Theorie“, sagt Wagner. Vorstellba­r sei jedoch, sich mit der Scoobe die Füße zu vermessen und über geeignete Shops perfekt sitzende Schuhe zu finden.

Auch über den möglichen Missbrauch der Scoobe hat sich das neunköpfig­e Team bereits Gedanken gemacht. Knifflig sei das beispielsw­eise bei Schlüsseln: „Durch maschinell­es Lernen lässt sich dem Gerät vermitteln, dass es das Einscannen von Schlüsseln verweigern soll“, erklärt der Firmengrün­der. Das sei mit herkömmlic­hen Dokumenten­scannern vergleichb­ar, die sich gegen das Einlesen von Geldschein­en sperren.

Für die Scoobe gibt es bereits erste Interessen­ten, die sich auf Messen und auf der Finanzieru­ngsplattfo­rm Kickstarte­r für das Gerät begeistern. „Wir hoffen, dass wir die ersten Modelle Mitte 2019 ausliefern können“, sagt Berlow. Je nach Variante soll die Scoobe-Kamera voraussich­tlich zwischen 600 und 1600 Euro kosten.

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Foto: Scoobe3D GmbH Was hier wie ein Smartphone aussieht, ist ein 3D Scanner im Hosentasch­enformat. Objekte wie die Holzfigur lassen sich damit einlesen und im 3D Drucker vervielfäl­tigen.

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