Schwabmünchner Allgemeine

Flüchtling­skinder bleiben unter sich

Ein Münchner Anwalt ist sicher: Bayern verwehrt Kindern aus Ankerzentr­en den Besuch einer Regelschul­e. Das Kultusmini­sterium sagt: Ihr Wissen reicht nicht aus

- VON SARAH RITSCHEL Manching

Bayerns Kultusmini­sterium sieht sich Vorwürfen ausgesetzt, Kinder aus Flüchtling­sfamilien bewusst zu „desintegri­eren“. Der Münchner Anwalt Hubert Heinhold ist überzeugt davon, dass der Freistaat Kindern in Asyl-Ankerzentr­en den Besuch einer Regelschul­e zu Unrecht verwehrt.

Stattdesse­n erhalten hunderte Kinder seiner Meinung nach nur mangelhaft­en Unterricht in der Unterkunft selbst. Heinhold spricht von „Lagerschul­en“. Der Anwalt hatte im Frühjahr vor dem Münchner Verwaltung­sgericht durchgeset­zt, dass sechs Flüchtling­skinder aus dem Ankerzentr­um Manching eine Regelschul­e besuchen dürfen. Ihre Familien hatten sich dafür starkgemac­ht. Die Kinder lernen bis heute in einer Ingolstädt­er Grundund Mittelschu­le.

Eine Anfrage der SPD im Landtag hat nun ergeben, dass allein in Manching im Juni 2018 noch 169 weitere Kinder lebten – oft viel länger als geplant. Heinhold ist sicher: Noch wesentlich mehr von ihnen wären in der Lage, dem regulären Unterricht zu folgen. Insgesamt wohnen in Bayerns Aufnahmeei­nrichtunge­n knapp über 1300 schulpflic­htige Kinder und Jugendlich­e.

Das Kultusmini­sterium weist die Vorwürfe zurück, die neben dem Münchner Anwalt auch die Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft erhebt. Bei jedem Kind in den sieben Ankerzentr­en werde geprüft, ob es eine Regelschul­e besuchen könne. In Manching gehen inzwischen zwei weitere Kinder normal zur Schule, vier lernen auf einer Förderschu­le. „Bei den anderen Kindern und Jugendlich­en ergab die Prüfung, dass die deutschen Sprachkenn­tnisse für den Besuch der Regelklass­e nicht ausreichen.“Die sechs Schüler aus Manching sprechen tatsächlic­h gut Deutsch, denn sie hatten zwischenze­itlich mit ihren Eltern in einer eigenen Wohnung gelebt und bereits deutsche Schulen und den Kindergart­en besucht. Dass der Unterricht direkt in den Massenunte­rkünften nur ein rudimentär­er sei, verneint das Ministeriu­m. Die Kinder dort lernten nach derselben Stundentaf­el wie Schüler mit Migrations­hintergrun­d in den speziellen Deutschkla­ssen an Regelschul­en. Anwalt Heinhold bezweifelt, dass bei der Masse an Kindern in den Unterkünft­en bei jedem Einzelnen der Kenntnisst­and gründlich geprüft werde. Und er ist überzeugt: „Wenn die Kinder mal raus aus ihrer Unterkunft kämen und mit deutschen Kindern Kontakt hätten, wären sie viel motivierte­r.“

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Foto: Kastl, dpa Wenige Kinder aus Ankerzentr­en haben Kontakt zu Deutschen.

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