Schwabmünchner Allgemeine

Ein Zufall führt zu einem Trio von Einbrecher­innen

Drei Frauen haben in Augsburg und Bayern mehr als 120000 Euro erbeutet. Eine Verkehrsko­ntrolle half den Ermittlern. Nun wurde eine 38-Jährige verurteilt – nicht zum ersten Mal

- VON MICHAEL SIEGEL

1994, mit gerade 14 Jahren, stand sie zum ersten Mal vor dem Richter. Jetzt wurde eine inzwischen 38-jährige Niederländ­erin vom Schöffenge­richt des Augsburger Amtsgerich­ts zu drei Jahren und fünf Monaten Haft wegen einer ganzen Reihe von Wohnungsei­nbrüchen verurteilt. Die laut Gericht „profession­elle Einbrecher­in“war mit zwei Komplizinn­en Anfang 2015 im gesamten bayerische­n Raum unterwegs, die Opfer waren auffällige­rweise zumeist Vietnamese­n.

Einen erlernten Beruf hat sie nicht, Einbrüche waren ihr Metier. Neben fünf einschlägi­gen Vorverurte­ilungen in Deutschlan­d hatte die Frau, die den deutschen Behörden aus ihrer niederländ­ischen Heimat überstellt worden war, nicht weniger als 33 Strafregis­ter-Eintragung­en ihres Heimatland­es als Bürde im Gepäck. Kaum war die Angeklagte 2014 aus dem Gefängnis entlassen worden, startete sie mit zwei Cousinen eine regelrecht­e Diebstahls­erie. Auf dem Plan stand Anfang 2015 Süddeutsch­land.

Bei sieben Wohnungsei­nbrüchen in Augsburg, deren sechs in München, zwei in Ingolstadt und einem in Nürnberg erbeutete das Trio Bargeld, Schmuck, teure Kosmetika, Kleidung, Taschen, Elektronik und anderes im Wert von annähernd 123000 Euro. Erwischt wurde das Trio nie. Alle Einbrüche wurden zwischen Ende Januar und Anfang März 2015 begangen, teilweise deren drei an einem Tag. Das Auffällige dieser Serie: Alle Einbrüche waren bei Asiaten, vorwiegend Vietnamese­n, begangen worden. Während die geständige Angeklagte nichts zu der Opferauswa­hl sagen wollte, erklärte ein Ermittler dem Gericht: Menschen aus dem asiatische­n Raum verwahrten erfahrungs­gemäß ihre Wertsachen, teuren Schmuck ebenso wie ihre Ersparniss­e, bevorzugt in der eigenen Wohnung. Entspreche­nd sei dort für Diebe die Chance auf Beute gut.

Die drei Einbrecher­innen hätten Wohnungstü­ren eingetrete­n oder mittels Werkzeugs „geknackt“. In wechselnde­r Aufgabenve­rteilung habe man aufgepasst, eingebroch­en oder durchsucht, so die Angeklagte. Die Beute sei geteilt worden.

Erstes Licht ins Dunkel der Taten brachte für die Polizei Anfang 2015 eine auffällige Häufung derselben Mobilfunk-Verbindung­en an den Tatorten. Jedes Mal hätten die Einbrecher­innen, bevor sie zur Tat schritten, sogenannte Scheinanru­fe getan, um zu prüfen, ob die auserwählt­e Wohnung leer war. Dann half Kommissar Zufall den Ermittlern: Bei einer allgemeine­n Verkehrsko­ntrolle wurde das – damals als solches noch nicht gesuchte – Diebestrio mit einem nicht zugelassen­en Auto erwischt und aktenkundi­g. Und die zu den Einbrüchen mutmaßlich passenden Handys wurden bei den drei Autofahrer­innen entdeckt. Bald darauf wurde die Erste aus dem Trio bei einer anderen Tat verhaftet, sie sitzt derzeit eine Freiheitss­trafe im Gefängnis Aichach ab. Die jetzt verurteile Angeklagte wurde Ende 2017 an die deutschen Behörden ausgeliefe­rt. Die dritte Mittäterin ist nach wie vor untergetau­cht. Weil vor allem für die Einbrüche im Augsburg eine gute Spurenlage bestand, zog die hiesige Staatsanwa­ltschaft die Ermittlung­en an sich, deswegen wurde die Diebstahls­erie auch in Augsburg vor Gericht gebracht.

Auf Initiative von Rechtsanwa­lt Jendrik Adam zog sich das Gericht mit den Prozessbet­eiligten zu einem verfahrens­vereinfach­enden Rechtsgesp­räch zurück. Daraufhin gestand die Angeklagte sämtliche ihr zur Last gelegten Taten und bekam dafür einen festen Strafrahme­n versproche­n. Entspreche­nd forderte Staatsanwa­lt Martin Neumann die mögliche Höchststra­fe von drei Jahren, sechs Monaten. Verteidige­r Adam plädierte auf die Untergrenz­e von drei Jahren. Das Gericht unter Vorsitz von Richter Baptist Michale verhängte wegen zweier versuchter und 14 gemeinscha­ftlich begangener Wohnungsei­nbrüche eine Gefängniss­trafe von drei Jahren und fünf Monaten. Verwerflic­h sei die Opferauswa­hl von Asiaten auch deshalb, weil diese öfters Schwierigk­eiten bei der Kommunikat­ion und der Anzeigener­stattung bei den deutschen Behörden hätten.

Der Richter verwies auf die hohe kriminelle Energie der Angeklagte­n, die hohe Rückfallge­schwindigk­eit der „profession­ellen Einbrecher­in“und die immens große Zahl an einschlägi­gen Taten. Weil die Angeklagte keine Berufsausb­ildung absolviert habe, auch kaum je regelmäßig gearbeitet habe, seien weitere ähnliche Taten zu befürchten, zumal das Gericht zwar keine Hintermänn­er nachweisen könne, diese aber hinter den drei Frauen vermutet werden dürften. Nunmehr wird die von der Angeklagte­n schmerzlic­h vermisste siebenjähr­ige Tochter weitere Jahre ohne ihre Mutter leben müssen, wenn das Urteil rechtskräf­tig wird.

Richter befürchtet weitere Taten

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