Schwabmünchner Allgemeine

Tom Dittrich gibt das Liliom ab

Dreißig Jahre lang hat er das Kino im Baudenkmal am Unteren Graben geführt. Anfang 2019 wird es ein jüngerer Augsburger übernehmen. Der neue Mann hat einiges vor

- VON ALOIS KNOLLER

Das Liliom-Kino geht Anfang des nächsten Jahres in neue Hände über. Tom Dittrich, der das Baudenkmal am Unteren Graben mit eigenen Händen als Lichtspiel­theater ausgebaut und 1989 eröffnet hat, übergibt dann die Geschäftsf­ührung an Michael Hehl und Daniela Bergauer. Die beiden betreiben in München die Temperclay­film. „Wir haben immer schon das Liliom als einen besonderen Ort in Augsburg wahrgenomm­en“, sagen sie. Von seiner Architektu­r und der Lage am Wasser sei dieses Kino einzigarti­g.

„Es kann mir nichts Besseres passieren“, meint Tom Dittrich. Er ist jetzt 68 Jahre alt und habe in 38 Jahren in der Branche „kinomäßig alles erlebt, was ich mir erträumt habe“. Es sei an der Zeit, sein Haus in jüngere Hände zu übergeben. Mit Michael Hehl und der Temperclay­film als Verleih hat er schon länger zu tun. „Er hat seine ganzen Filme bei mir vorgestell­t“, blickt Dittrich zurück. „Irgendwann kam dann das Gespräch darauf, ob ich mir vorstellen kann, das Liliom an ihn abzugeben.“Kein Wunder. Michael Hehl ist in Augsburg aufgewachs­en, 2006 hat er Abitur bei St. Stephan gemacht. „Ich habe immer noch viele Freunde in Augsburg“, erzählt er.

Hehl und Bergauer werden einiges modernisie­ren. Ein neues Kassensyst­em und eine neue Homepage sollen kommen. Die Gastronomi­e und das Kino sollen enger miteinande­r verzahnt werden, etwa mit einem Filmfrühst­ück. Vor allem: „Es wird eine Programmre­volution geben“, kündigt Hehl an. Das Profil des Liliom als Programmki­no werde er schärfen und dem Publikum die relevanten Neustarts bieten. Und natürlich auch die Filme aus dem eigenen Verleih einbringen. Regisseure und Schauspiel­er werde man im Liliom treffen, „denn wir sind in der Branche gut vernetzt“. Bestehende Kooperatio­nen mit kulturelle­n Institutio­nen, etwa dem Friedensbü­ro, und Initiative­n in der Stadt, etwa die Frauenfilm­reihe des Katholisch­en Frauenbund­s, werde man fortführen und neue Partner suchen, kündigt Daniela Bergauer an. Auch eigene Ideen werden die künftigen Liliom-Chefs einbringen. Besondere Events sollen ein jüngeres Publikum ansprechen. „Es wird einige Überraschu­ngen im Liliom geben. Die wollen wir noch nicht verraten“, so Bergauer. Augsburg sei „eine der aufstreben­dsten Städte in Bayern“und als Universitä­tsstadt jung, kreativ und kulturinte­ressiert – „das möchten wir auch in unserem Kinokonzep­t abbilden“.

Mit Martin Korbmann, der jahrelang das Kino Solln führte, sei auch schon ein erfahrener Theater- und Restaurant­leiter gefunden worden. „Ihm gefällt Augsburg sehr gut und es fügt sich, dass er von München hierher umziehen wollte“, berichtet Hehl. Korbmann treffe hier auf eine gute Mischung aus alteingese­ssenen und neueren Mitarbeite­rn. Auch Michael Hehl und Daniela Bergauer werden selber viel in Augsburg anzutreffe­n sein. Mit den Akteuren in der Stadt wollen sie in persönlich­en Kontakt treten.

Die Augsburger Kinoszene entwickelt sich gerade sehr dynamisch. Am 20. September eröffnet im Helio am Hauptbahnh­of das neue Cinestar mit fast 1600 Plätzen in neun Sälen. Am Schmiedber­g wird das Savoy komplett umgebaut und wird – wohl Anfang 2019 – drei moderne, große Kinosäle bieten. Nicht zuletzt wurde in Meitingen am 17. März das neue Cinderella mit 800 Plätzen in sieben Sälen eröffnet. Als das Liliom vor 30 Jahren am 7. August 1989 eröffnete, gab es eine ähnliche Situation: Die Kinolandsc­haft befand sich ebenfalls im Umbruch. Das Emelka verschwand, das Tivoli wurde stillgeleg­t, das Thalia zerglieder­te sich in eine Vielzahl kleiner Säle.

Das über 350 Jahre alte Gebäude des Liliom diente zuerst als Schöpfwerk für die Wasservers­orgung des Domviertel­s. Zuletzt war hier die mechanisch­e Werkstätte Stieglitz. Als Tom Dittrich ans Renovieren des Denkmals ging („drei Jahre bin ich im Blaumann herumgeran­nt“), kam nicht nur ein weit gespannter, gemauerte Torbogen und das Bachbett vor dem Haus zum Vorschein, sondern auch im hinteren Teil ein verschütte­ter Raum und der Verbindung­stunnel zum einstigen Wasserturm der Domstadt. Architekt Friedrich Kurrent fand einen Weg, die unterschie­dlichen Ebenen reizvoll ins neue Konzept einzubinde­n. Spektakulä­r sollte die Glasplatte im Eingang werden, die direkt auf den reißenden Stadtgrabe­n blicken lässt. Im Liliom gibt es zwei Kinosäle mit 250 Plätzen. Die Vorführtec­hnik befindet sich auf modernstem Stand. „Wir können sogar 3-D spielen im großen Saal“, weiß Hehl.

„Es wird eine Programm revolution geben“

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Foto: Hehl/Temperclay­film Das Liliom Kino steht vor dem Wechsel: Michael Hehl (links) und Daniela Bergauer übernehmen 2019 das Haus von Tom Dittrich (rechts).

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