Die Räuber kamen mit einem Blumenstrauß
Knastkumpel, Geld und Geheimdienst: Zwei Esten wollten einen Bekannten aus dem Gefängnis abzocken und überfielen dessen Freundin in Augsburg. Sie scheiterten, doch der Fall klingt wie aus einem Krimi
Wenn man es zu Geld gebracht hat, durch welche Geschäfte auch immer, dann kann man darauf stolz sein. Nur: Man sollte mit seinem Reichtum nicht prahlen, vor allem nicht in den sozialen Netzwerken. Das könnte Neider und Straftäter anlocken. Alle Zutaten eines Krimis hat ein Raubüberfall, der vor der 3. Strafkammer des Landgerichts aufgearbeitet wird. Es geht um Bitcoins (Internet-Währung), um angeblich verstecktes Geld, um einen Blumenstrauß und einen GeheimdienstSpitzel, der mit seinem finanziellen Erfolg nicht hinterm Berg hielt und möglicherweise deshalb unbewusst als „Tippgeber“dem Geschehnis den Boden bereitete.
Auf der Anklagebank vor der Strafkammer unter Vorsitz von Roland Christiani sitzen die beiden Esten Mati M., 27, (Namen geändert) und Kristjan K., 26. Staatsanwalt Stephen Soßna wirft beiden versuchten schweren Raub, Körperverletzung und Freiheitsberaubung vor. Beide saßen in ihrem Heimatland schon im Gefängnis. Mati verdiente seinen Lebensunterhalt bis zuletzt als Drogendealer. Kristjan wiederum lernte im Gefängnis den späteren Spitzel Arto F. kennen, der nach seiner Freilassung als Informant für Polizei und Geheimdienst in Estland arbeitete. Vor fünf Jahren kam er mit seiner Freundin Leena S. nach Augsburg und verdiente offenbar viel Geld.
Anfangs Dezember 2017 machten sich Mai und Kristjan mit 3500 Euro Bargeld im Handgepäck per Auto auf den Weg von Tallin nach Deutschland. „Wir wollten uns vergnügen, dann in München ein Auto kaufen, um es dann in Estland gewinnbringend wieder abzusetzen“, beteuert Mati (Verteidiger: Thomas Reitschuster). Nach drei oder vier Tagen in Dresden ging es nach Augsburg. „Warum Augsburg?“will Richter Christiani wissen. Mati: „Die Stadt war uns bekannt, weil hier mal ein bekannter estnischer Fußballer gespielt hat“(Ragnar Klavan, der 2016 zum FC Liverpool wechselte, d. Red.). Zu vermuten ist, dass Ziel des Trips in die Fuggerstadt wohl von Anfang an der frühere Bekannte Arto F. war.
Mati und Kristjan quartierten sich in einem Hotel ein und hatten „viel Spaß, auch mit Mädels“, wie sich Mati erinnert. Nach dem Vergnügen gab es ein böses Erwachen. Das ganze restliche Bargeld war weg. Verloren oder gestohlen, wie Kristjan über seine Verteidigerin Alexandra Gutmeyr vortragen lässt. Man sei pleite gewesen. Und da habe er sich an seinen Bekannten Arto erinnert. Der sollte Geld zur Verfügung stellen. Im Internet fand man seinen Namen, die Adresse, ein Bild des Hauses, in dem er wohnte. Und man bekam wohl auch Fotos von einem Haufen Geld zu Gesicht, die Arto in die sozialen Netzwerke eingestellt hatte. Um zu prahlen, wie er später als Zeuge aussagt.
Kristjan und Mati, der „Gras“rauchte und Kokain schnupfte, schmiedeten nun einen perfiden Plan. Am Vormittag des 7. Dezember klopfte Mati mit einem Blumenstrauß in der Hand an der Terrassentür des Hauses. Leena S., 22, die Freundin Artos, war allein. Sie öffnete dem Unbekannten. „Ich dachte, der Mann bringt mir Blumen von meinem Freund“, schildert sie als Zeugin die nun für sie folgenden traumatischen Minuten. Denn der Mann ließ den Strauß fallen, packte sie, stieß sie zu Boden, hielt ihr den Mund zu und forderte auf Russisch „Geld her, Geld her. Sei leise, sonst bist du tot“. Mati zog die junge Frau ins Badezimmer, fesselte ihre Hände mit Paketklebeband und verklebte auch ihren Mund. Inzwischen war auch Kristjan, das Gesicht vermummt, ins Haus eingedrungen und hatte sämtliche Räume durchsucht. Weil Leena zuvor noch kurz gesagt hatte, der Opa käme gleich vom Gassigehen mit den beiden Hunden zurück, und Kristjan kein Geld gefunden hatte, gaben beide auf, flüchteten und fuhren sofort nach Estland zurück.
Aus der Tatsache, dass Kristjan Schmuck, den er fand, einfach liegen ließ, schließen die Ermittler, dass der Überfall ein ganz anderes Ziel hatte. Der Zeuge Arto, der die Frage, ob er ein Geheimdienstler sei, bejaht, erzählt, dass er sich durch Geschäfte mit Bitcoins, die digitale Internetwährung, „einiges angespart“habe. Kurz vor dem Überfall hatte er 200000 Euro abgehoben, Geld auch im Haus versteckt und auf ein Konto in die Ukraine überwiesen. Arto ist sich sicher: „Die wollten mein Geld stehlen. Aber zu diesem Zeitpunkt war nichts mehr im Haus“. Er schließt auch nicht aus, dass die Angeklagten nach der Verschlüsselung für seine Bitcoins gesucht hatten.
Die Kripo hatte den gescheiterten Überfall rasch geklärt. Fahnder klapperten sämtliche Hotels ab. Und wurden fündig. Die Überwachungskamera einer Herberge zeigte zwei Männer im Fahrstuhl am Tattag, von denen einer eine Rolle Klebeband in der Hand hält. Das war Mati. Und Arto, dem die Kripo die Fotos vorlegte, erkannte Kristjan, seinen alten Knastkumpel. Anfang Januar wurden Mati und Kristjan in Estland festgenommen. Jetzt im Gerichtssaal legen beide ein Geständnis ab. Der Prozess wird am 24. September fortgesetzt.
Eine Überwachungskamera führte zu dem Duo