Ist mein Kind hochbegabt?
Erziehung Martin Wadepohl von der Deutschen Gesellschaft für das hochbegabte Kind rät: Macht der Nachwuchs keine Probleme, ist kein IQ-Test nötig
Landkreis Augsburg Marco ist ein äußerst pfiffiges Kerlchen. Bereits mit zweieinhalb Jahren hat er Karten gespielt. Im Alter von fünf Jahren waren Zahlen und Buchstaben für ihn längst keine spanischen Dörfer mehr. Er rechnet munter die Ergebnisse des Kartenspiels zusammen oder addiert Würfelaugen. Das Kindergartenprogramm hält keine Überraschungen für ihn bereit. Aber das stört Marco nicht. Er ist gern im Kreis seiner Freunde und steckt es gut weg, wenn die Tage der Woche zum zigsten Mal wiederholt werden – ohne, dass alle seine Kindergartenfreunde diese sich merken können.
Ob Marco hochbegabt ist, was ab einem IQ-Wert von 130 per Definition der Fall wäre, oder ob er einfach nur ein pfiffiges Kerlchen ist, das darf Marcos Eltern an dieser Stelle ganz egal sein, denn Marco macht keine Probleme und hat keine Probleme.
„Gäbe es nur solche Hochbegabten, bräuchten wir unseren Verein nicht. Das soll aber nicht bedeuten, dass Hochbegabung nicht gefördert werden muss, um ihr Potenzial voll zu entfalten“, erklärt Martin Wadepohl, Vorsitzender des Regionalvereins Bayern der Deutschen Gesellschaft für das hochbegabte Kind (DGHK). Viel häufiger berichten die Mitglieder in diesem Verein jedoch davon, dass ihre Kinder in der Grundschulzeit zum störenden Klassenkasper mutierten oder sich aus lauter Langeweile gar so weit zurückgezogen haben, dass sie unglücklich wurden. Dann müssen Eltern reagieren.
Wie diese Reaktion aussehen kann, ist individuell verschieden und abhängig vom Kind. Merkt die Lehrkraft des Kindes, dass sich die- nur langweilt, ist es möglich, Kinder mit mehr Bedarf an Input mit zusätzlichen Aufgaben zu versorgen. Dass sie früher eingeschult werden oder gar eine Klasse überspringen, ist zwar grundsätzlich auch möglich, wird aber häufig mit Hinweis auf Probleme mit der Sozialkompetenz der Kinder abgelehnt, so Wadepohl. Wobei die Erfahrungen zeigen, dass die Kinder das schnell aufholen.
Ein genauer Blick auf das Verhalten des Kindes ist nun zwingend erforderlich. Zieht ein Kind in der Grundschule das Resümee, das es „ausreicht“, mit einem halben Ohr den Schulstoff zu verfolgen und sich den Rest der Zeit auszuruhen, stehen Eltern und Kinder spätestens nach dem Übertritt auf eine weiterführende Schule vor einem Pro- blem: Das Kind hat nie gelernt zu lernen. Und daran führt, beispielsweise beim Vokabelnlernen, sogar für Hochbegabte kein Weg vorbei.
Ob der so viel beschriebene IQTest sinnvoll ist oder nicht, um eine Bescheinigung über eine etwaige Hochbegabung in Händen zu halten, kann ebenso wenig pauschal ausgesagt werden. „Der IQ-Test ist immer eine Momentaufnahme“, erklärt Wadepohl. Hat das Kind schlecht geschlafen oder mag es die Interviewerin nicht, schneidet es vielleicht mit einem IQ von 125 ab und ist damit per Definition nicht hochbegabt.
Um die Neugier der Eltern zu befriedigen, kann ein Test hilfreich sein. Für eine Mitgliedschaft beim DGHK ist er beispielsweise nicht nötig. Dort zeigt sich in Spielkreises sen, bei Veranstaltungsangeboten und auf Familienfreizeiten sehr schnell, welches Kind die Gabe der Hochbegabung hat und welches Kind von überambitionierten Eltern gerne in der Riege der Hochbegabten gesehen wäre. „Für viele hochbegabte Kinder ist es beruhigend zu sehen: ‚Hier ist jemand ähnlich anders wie ich‘“, erklärt Wadepohl das, was in den Spielkreisen passiert. Gemeinsam spielen die Vierjährigen dann Spiele für Sechs- oder gar Siebenjährige, finden Freunde und blühen auf.
Wadepohl rät: Anstatt sich von einer Zahl leiten zu lassen, sollte der gesunde Menschenverstand Eltern dazu ermuntern, ihre Kinder mit den Dingen beschäftigen zu lassen, die sie interessieren. Auch wenn sowohl Ausdrucksweise als auch die Liebe zum Detailwissen nicht immer altersgerecht scheinen, ist dieses Verhalten zielführender als ein Testergebnis. Um den Wissensdurst zu stillen, bietet der DGHK als ehrenamtlich geführter und gemeinnütziger Verein ein buntes Kursangebot, das die Hochbegabten fördert und fordert. Auch Eltern bekommen beim Verein die Chance auf Unterstützung und Hilfe, um zu lernen, mit der Gabe richtig umzugehen. Eine telefonische Erstberatung, Elterngruppen sowie Kurse warten hierbei mit allerlei Wissenswertem auf.
OArmin Diller ist der Ansprech partner der Elterngruppe Augsburg. Erreichbar ist die Elterngruppe unter der E Mail Adresse augsburg@dghk bayern.de