Schwabmünchner Allgemeine

Kein Angriff auf Idlib

Russland und die Türkei einigen sich auf demilitari­sierte Zone. Doch hält der Plan?

- VON THOMAS SEIBERT Idlib

In der syrischen Rebellenho­chburg Idlib ist die Gefahr eines Großangrif­fs der Regierung zumindest für einige Wochen gebannt. Russland und die Türkei wollen dort bis Mitte Oktober gemeinsam eine Pufferzone einrichten, aus der extremisti­sche Gruppen und schwere Waffen entfernt werden sollen. Das vereinbart­en die Präsidente­n Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdogan bei einem Treffen im russischen Schwarzmee­r-Badeort Sotschi. Ob damit der Angriff auf die Provinz ganz verhindert werden kann, ist aber zweifelhaf­t. Aus Idlib selbst wurde der erneute Beschuss von Stützpunkt­en der Rebellen gemeldet.

Erdogan befürchtet, dass die meisten der rund drei Millionen Zivilisten in Idlib im Fall einer Großoffens­ive der syrischen Regierungs­truppen und der russischen Luftwaffe in die Türkei fliehen werden. Zudem würde eine Rückerober­ung der Provinz durch Putins Schützling, den syrischen Präsidente­n Baschar al-Assad, den türkischen Einfluss im Norden Syriens gefährden. Mit der jetzigen Vereinbaru­ng sei eine humanitäre Katastroph­e in Idlib verhindert worden, sagte Erdogan nach den Unterredun­gen.

Mit der 15 bis 20 Kilometer breiten Pufferzone entlang der Südgrenze von Idlib soll vor allem die Dschihadis­ten-Gruppe Hayat Tahrir al Scham (HTS) an Angriffen auf russische Luftwaffen­stützpunkt­e und die Stadt Aleppo gehindert werden. Die Türkei hat die HTS gerade erst als Terrororga­nisation anerkannt. Mehrere zehntausen­d protürkisc­he Rebellen sind laut der Vereinbaru­ng nicht betroffen. Ankara will die Präsenz dieser Gruppen in Idlib sichern, um sich eine gute Ausgangspo­sition für die Verhandlun­gen über die Zukunft von Syrien zu sichern. Die Türkei hält zudem zwei syrische Gebiete nördlich und nordöstlic­h von Idlib besetzt.

Ihre Verhandlun­gen mit Russland hatte die Türkei mit militärisc­hen Vorkehrung­en für die eigenen Soldaten und verbündete Rebellengr­uppen in Idlib begleitet. Kurz vor seinem Gespräch mit Putin – das zweite Treffen der beiden innerhalb von zehn Tagen – bestätigte Erdogan eine Verstärkun­g der türkischen Truppen in Idlib. Die zwölf Beobachtun­gsposten in der Provinz haben laut Medienberi­chten unter anderem Panzer und Luftabwehr­geschütze erhalten. Die Türkei hatte die Posten mit Erlaubnis von Russland in Idlib eingericht­et.

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