Kein Angriff auf Idlib
Russland und die Türkei einigen sich auf demilitarisierte Zone. Doch hält der Plan?
In der syrischen Rebellenhochburg Idlib ist die Gefahr eines Großangriffs der Regierung zumindest für einige Wochen gebannt. Russland und die Türkei wollen dort bis Mitte Oktober gemeinsam eine Pufferzone einrichten, aus der extremistische Gruppen und schwere Waffen entfernt werden sollen. Das vereinbarten die Präsidenten Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdogan bei einem Treffen im russischen Schwarzmeer-Badeort Sotschi. Ob damit der Angriff auf die Provinz ganz verhindert werden kann, ist aber zweifelhaft. Aus Idlib selbst wurde der erneute Beschuss von Stützpunkten der Rebellen gemeldet.
Erdogan befürchtet, dass die meisten der rund drei Millionen Zivilisten in Idlib im Fall einer Großoffensive der syrischen Regierungstruppen und der russischen Luftwaffe in die Türkei fliehen werden. Zudem würde eine Rückeroberung der Provinz durch Putins Schützling, den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad, den türkischen Einfluss im Norden Syriens gefährden. Mit der jetzigen Vereinbarung sei eine humanitäre Katastrophe in Idlib verhindert worden, sagte Erdogan nach den Unterredungen.
Mit der 15 bis 20 Kilometer breiten Pufferzone entlang der Südgrenze von Idlib soll vor allem die Dschihadisten-Gruppe Hayat Tahrir al Scham (HTS) an Angriffen auf russische Luftwaffenstützpunkte und die Stadt Aleppo gehindert werden. Die Türkei hat die HTS gerade erst als Terrororganisation anerkannt. Mehrere zehntausend protürkische Rebellen sind laut der Vereinbarung nicht betroffen. Ankara will die Präsenz dieser Gruppen in Idlib sichern, um sich eine gute Ausgangsposition für die Verhandlungen über die Zukunft von Syrien zu sichern. Die Türkei hält zudem zwei syrische Gebiete nördlich und nordöstlich von Idlib besetzt.
Ihre Verhandlungen mit Russland hatte die Türkei mit militärischen Vorkehrungen für die eigenen Soldaten und verbündete Rebellengruppen in Idlib begleitet. Kurz vor seinem Gespräch mit Putin – das zweite Treffen der beiden innerhalb von zehn Tagen – bestätigte Erdogan eine Verstärkung der türkischen Truppen in Idlib. Die zwölf Beobachtungsposten in der Provinz haben laut Medienberichten unter anderem Panzer und Luftabwehrgeschütze erhalten. Die Türkei hatte die Posten mit Erlaubnis von Russland in Idlib eingerichtet.