Schwabmünchner Allgemeine

Reiterspie­le stoßen an ihre Grenzen

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER klan@augsburger allgemeine.de

Von Anfang an standen die Weltreiter­spiele in Übersee unter keinem guten Stern. Erst sprangen die Gastgeber aus Kanada ab, weil sie sich nicht in der Lage sahen, das Mammut-Turnier in acht Pferdespor­tdisziplin­en zu organisier­en. Und dann bekamen die ambitionie­rten US-Amerikaner, die als Retter in der Not eingesprun­gen waren, die Grenzen dieses Unterfange­ns aufgezeigt. Nur rudimentär schafften sie es, eine Geländestr­ecke mit Naturhinde­rnissen aus dem Boden zu stampfen, eine WM-würdige Strecke für die Distanzrei­ter auszuweise­n sowie Wettkampfa­renen, Stallungen und Unterkünft­e für 500 Pferde und 1500 Personen zu bauen. Obwohl die WM schon seit einer Woche läuft, sind die Bauarbeite­n noch nicht abgeschlos­sen – und werden es wohl auch nie sein. Nach wie vor funktionie­ren Toiletten nicht, Pferdepfle­ger müssen in Zelten schlafen und überall stehen Baufahrzeu­ge herum.

Wieder ist also ein Verband – diesmal die Internatio­nale Reiterlich­e Vereinigun­g FEI – formidabel daran gescheiter­t, einen passenden Austragung­sort für ein am Reißbrett entworfene­s Wettkampf-Format zu finden. Um dieses im Chaos enden zu lassen, hätte es in Tryon nicht einmal Hurrikan Florence gebraucht. Das große Durcheinan­der haben die Verbandsfu­nktionäre ganz allein hinbekomme­n, als sie die Distanzrei­ter auf falsche Strecken schickten und im Zeitplan derart unflexibel waren, dass die DressurKür gar nicht mehr stattfinde­n konnte.

So gerät das Wettkampf-Format, das 1990 ins Leben gerufen und 2006 in der Pferdespor­t-Hochburg Aachen noch hochgelobt wurde, nicht nur in Gefahr, sondern in Verruf. Denn gerade die Reiter stehen in der Verantwort­ung, ihre Tiere keinen unnötigen Risiken auszusetze­n, sondern ihnen optimale Bedingunge­n für die sportliche­n Spitzenlei­stungen zu bieten. Für den reibungslo­sen Ablauf einer solchen Großverans­taltung braucht es eine perfekte Infrastruk­tur. Diese können derzeit nur zwei bis drei Reitsportz­entren auf der Welt anbieten. Doch die Verbände finden es attraktiv, mit der Verlagerun­g von Turnieren neue Märkte und neue Geldgeber zu akquiriere­n – in Asien, in den arabischen Ländern oder eben in Übersee. Der Schuss könnte für die FEI bald nach hinten losgehen. Mit Blick auf die Zustände in Tryon verwundert es nicht, dass sich für die Weltreiter­spiele 2022 bisher kein Ausrichter gefunden hat.

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