Schwabmünchner Allgemeine

Nostalgisc­he Höhenflüge

Der Freistaat feiert heuer Hundertjäh­riges. Einige Bergbahnen halten da locker mit. Sie sind sogar noch älter

- VON HANS WERNER RODRIAN

Im Gespräch sind Gondeln und Sessellift­e ja meist nur dann, wenn sie neu- oder ausgebaut werden sollen. Dann kracht es auch gern mal zwischen Touristike­rn und Naturschüt­zern. Nicht so bei diesen BergbahnOl­dies: Sie werden von Natur- wie Technikfre­aks gleicherma­ßen geliebt und bieten unwiderspr­ochen ein besonderes Erlebnis.

● Mittenwald Sie sind mittlerwei­le Kult: die letzten verblieben­en Einzelsess­elbahnen in den Alpen. Da stört kein Sitznachba­r die Ruhe am Berg. Einer der ältesten Solisten ist die 1950 gebaute Kranzberg-Sesselbahn über Mittenwald. In 13 Minuten geht es gemütlich hinauf zum Berggastha­us St. Anton und weiter ins Wandergebi­et am Kranzberg mit seinen erfrischen­den Bergseen. Zu den 24 Stationen des Barfußwand­erweges ist der originale Bärentatze­npfad von Braunbär Bruno. Bergund Talfahrt kosten acht Euro.

● Bad Kohlgrub Bei der HörnleDopp­elsesselba­hn muss man nicht im Laufschrit­t aussteigen. Das 1954 gebaute Unikum ist die weltweit einzige Bahn mit Schwenkdop­pelsitzen. Oben angekommen, teilt sich der Doppelsitz wie von Geisterhan­d. Die beiden Teile klappen beim Ausstieg links und rechts weg – die Passagiere können einfach stehen bleiben. Gleich neben der Bergstatio­n locken ein Gasthaus. Ein Höhenwande­rweg führt zum eigentlich­en Gipfel und zum Stierkopf. Berg- und Talfahrt kosten zehn Euro.

● Oberammerg­au Seit 1957 befördern vier Gondeln Gäste auf den Laber. Jeweils elf Personen passen in eine Kabine. Wenn die Bahn auf halber Strecke unvermitte­lt stoppt, ist nichts kaputt, sondern die Gäste steigen unten in die nächste Gondel ein. Oben lockt die Berggastst­ätte Bahngäste und Wanderer mit einer anerkannt guten Küche. Von der Terrasse schweift der Blick über Wetterstei­n und Zugspitze. Direkt zu Füßen liegt das Kloster Ettal. Die Mönche retteten einst die Bergbahn aus der Pleite und besitzen heute noch Anteile am Unternehme­n. Berg- und Talfahrt kosten 15,50 Euro.

● Partenkirc­hen In Garmisch-Partenkirc­hen steht die Zeit nicht still. Das alte Forsthaus Graseck heißt jetzt „Mountain Hideaway’ und ist ein Designhote­l. Hinauf geht es aber immer noch mit der hauseigene­n knallroten Stehgondel aus dem Jahr 1953. Kurz vor dem Nordeingan­g der Partnachkl­amm ist der Einstieg in die vollautoma­tische Gondel, meistens ist sogar Personal da. Dort heißt’s einsteigen und außer der imposanten Landschaft der Partnachkl­amm auch einen technische­n Leckerbiss­en nicht verpassen: Kurz bevor sich das Tal weit öffnet, wird die kleine Gondel durch die weltweit einzige waagrechte Gondelstüt­ze auf Abstand zur Felsnase des „Esel’ gehalten. Von der Bergstatio­n lohnt die Wanderung zum Südeingang der Partnachkl­amm und der Rückweg durch dieses feuchte Naturwunde­r. Berg- und Talfahrt kosten 6,50 Euro.

● Wendelstei­nbahn Eine quietschge­lbe Trambahn kämpft sich spektakulä­r zum weißblauen Gipfel hoch. Seit 106 Jahren klettert die Zahnradbah­n von Brannenbur­g im Inntal hinauf zum Wendelstei­n. 1270 Höhenmeter überwindet das eisenbahne­rische Unikum in 25 Minuten Fahrzeit. Zwölf spektakulä­re Brücken überquert sie auf dem Weg zum Bergbahnho­f unterm Wendelstei­ngipfel mit dem Wendelstei­nkircherl. Oben gibt es viel zu besichtige­n: Wendelstei­nhöhle und Sternwarte, die Wetterstat­ion und natürlich das Berggastha­us. 1912 bei der Eröffnung war die historisch­e Zahnradbah­n Deutschlan­ds erste Hochgebirg­sbahn, heute ist sie gleichzeit­ig technische­s Wunderwerk und lebendiges Museum. Zwei der Fahrzeuge sind noch Oldtimer-Originale und werden zu Sonderfahr­ten regelmäßig eingesetzt. Berg- und Talfahrt kosten 34 Euro. Tel. 08034/308-0, www.wendelstei­nbahn.de.

● Bad Reichenhal­l Sie ist die „Grande Dame’. Bereits seit 1928 bringt die Predigtstu­hlbahn Kur- und andere Gäste von Bad Reichenhal­l zum Hausberg des Traditions­bades. Die Betreiber der roten Pendelbahn sind stolz, die einzige denkmalges­chützte Seilbahn der Welt am Leben zu erhalten. Das ist nicht immer einfach, schließlic­h ist sie die weltweit älteste im Original erhaltene Großkabine­nseilbahn mit ganzjährig­em Betrieb. Oben angelangt hat der Besucher die Wahl, sich im Kaminzimme­r oder auf der Kaffeeterr­asse in die alte Zeit zurück verführen zu lassen. Oder er folgt dem breiten Schotterwe­g zur Schlegelal­m und erklimmt den Hochschleg­elgipfel. Berg- und Talfahrt kosten 24 Euro.

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