Nostalgische Höhenflüge
Der Freistaat feiert heuer Hundertjähriges. Einige Bergbahnen halten da locker mit. Sie sind sogar noch älter
Im Gespräch sind Gondeln und Sessellifte ja meist nur dann, wenn sie neu- oder ausgebaut werden sollen. Dann kracht es auch gern mal zwischen Touristikern und Naturschützern. Nicht so bei diesen BergbahnOldies: Sie werden von Natur- wie Technikfreaks gleichermaßen geliebt und bieten unwidersprochen ein besonderes Erlebnis.
● Mittenwald Sie sind mittlerweile Kult: die letzten verbliebenen Einzelsesselbahnen in den Alpen. Da stört kein Sitznachbar die Ruhe am Berg. Einer der ältesten Solisten ist die 1950 gebaute Kranzberg-Sesselbahn über Mittenwald. In 13 Minuten geht es gemütlich hinauf zum Berggasthaus St. Anton und weiter ins Wandergebiet am Kranzberg mit seinen erfrischenden Bergseen. Zu den 24 Stationen des Barfußwanderweges ist der originale Bärentatzenpfad von Braunbär Bruno. Bergund Talfahrt kosten acht Euro.
● Bad Kohlgrub Bei der HörnleDoppelsesselbahn muss man nicht im Laufschritt aussteigen. Das 1954 gebaute Unikum ist die weltweit einzige Bahn mit Schwenkdoppelsitzen. Oben angekommen, teilt sich der Doppelsitz wie von Geisterhand. Die beiden Teile klappen beim Ausstieg links und rechts weg – die Passagiere können einfach stehen bleiben. Gleich neben der Bergstation locken ein Gasthaus. Ein Höhenwanderweg führt zum eigentlichen Gipfel und zum Stierkopf. Berg- und Talfahrt kosten zehn Euro.
● Oberammergau Seit 1957 befördern vier Gondeln Gäste auf den Laber. Jeweils elf Personen passen in eine Kabine. Wenn die Bahn auf halber Strecke unvermittelt stoppt, ist nichts kaputt, sondern die Gäste steigen unten in die nächste Gondel ein. Oben lockt die Berggaststätte Bahngäste und Wanderer mit einer anerkannt guten Küche. Von der Terrasse schweift der Blick über Wetterstein und Zugspitze. Direkt zu Füßen liegt das Kloster Ettal. Die Mönche retteten einst die Bergbahn aus der Pleite und besitzen heute noch Anteile am Unternehmen. Berg- und Talfahrt kosten 15,50 Euro.
● Partenkirchen In Garmisch-Partenkirchen steht die Zeit nicht still. Das alte Forsthaus Graseck heißt jetzt „Mountain Hideaway’ und ist ein Designhotel. Hinauf geht es aber immer noch mit der hauseigenen knallroten Stehgondel aus dem Jahr 1953. Kurz vor dem Nordeingang der Partnachklamm ist der Einstieg in die vollautomatische Gondel, meistens ist sogar Personal da. Dort heißt’s einsteigen und außer der imposanten Landschaft der Partnachklamm auch einen technischen Leckerbissen nicht verpassen: Kurz bevor sich das Tal weit öffnet, wird die kleine Gondel durch die weltweit einzige waagrechte Gondelstütze auf Abstand zur Felsnase des „Esel’ gehalten. Von der Bergstation lohnt die Wanderung zum Südeingang der Partnachklamm und der Rückweg durch dieses feuchte Naturwunder. Berg- und Talfahrt kosten 6,50 Euro.
● Wendelsteinbahn Eine quietschgelbe Trambahn kämpft sich spektakulär zum weißblauen Gipfel hoch. Seit 106 Jahren klettert die Zahnradbahn von Brannenburg im Inntal hinauf zum Wendelstein. 1270 Höhenmeter überwindet das eisenbahnerische Unikum in 25 Minuten Fahrzeit. Zwölf spektakuläre Brücken überquert sie auf dem Weg zum Bergbahnhof unterm Wendelsteingipfel mit dem Wendelsteinkircherl. Oben gibt es viel zu besichtigen: Wendelsteinhöhle und Sternwarte, die Wetterstation und natürlich das Berggasthaus. 1912 bei der Eröffnung war die historische Zahnradbahn Deutschlands erste Hochgebirgsbahn, heute ist sie gleichzeitig technisches Wunderwerk und lebendiges Museum. Zwei der Fahrzeuge sind noch Oldtimer-Originale und werden zu Sonderfahrten regelmäßig eingesetzt. Berg- und Talfahrt kosten 34 Euro. Tel. 08034/308-0, www.wendelsteinbahn.de.
● Bad Reichenhall Sie ist die „Grande Dame’. Bereits seit 1928 bringt die Predigtstuhlbahn Kur- und andere Gäste von Bad Reichenhall zum Hausberg des Traditionsbades. Die Betreiber der roten Pendelbahn sind stolz, die einzige denkmalgeschützte Seilbahn der Welt am Leben zu erhalten. Das ist nicht immer einfach, schließlich ist sie die weltweit älteste im Original erhaltene Großkabinenseilbahn mit ganzjährigem Betrieb. Oben angelangt hat der Besucher die Wahl, sich im Kaminzimmer oder auf der Kaffeeterrasse in die alte Zeit zurück verführen zu lassen. Oder er folgt dem breiten Schotterweg zur Schlegelalm und erklimmt den Hochschlegelgipfel. Berg- und Talfahrt kosten 24 Euro.