Schwabmünchner Allgemeine

Eine Best of Parade herausrage­nder Bauten

Zwei Bücher und eine Ausstellun­g präsentier­en Baukultur der letzten Jahre im Allgäu und in Nordschwab­en

- VON ANGELA BACHMAIR Die Ausstellun­g

„Lust auf Baukultur?“fragen der Schwäbisch­e Architekte­n- und Ingenieurv­erein SAIV sowie das Allgäuer Architektu­rforum und laden ein in die Bucheggerv­illa an der Thelottstr­aße, das Museum, dessen zentrales Anliegen es ist, die Architektu­r Schwabens vorzustell­en. Das ist nun mit den Projekten der beiden Vereine in großem Umfang möglich: Sowohl SAIV wie auch das Forum haben gesammelt, was zwischen Donau und Bodensee an Gutem und Qualitätvo­llem gebaut wurde. Etwa 200 Objekte – Wohnhäuser, Gewerbebau­ten, öffentlich­e Gebäude – sind zwischen Buchdeckel gepresst worden, werden in Foto und Text im Museum ausgestell­t. Wer also Lust auf Baukultur hat und sich informiere­n will, wie es um die architekto­nische Qualität in Schwaben bestellt ist, kommt mit zwei Architektu­rführern und der gemeinsame­n Ausstellun­g auf seine Kosten.

Fangen wir mit den Allgäuern an: Die präsentier­en jetzt schon den zweiten regionalen Architektu­rführer, nach Bauten der 1990er und frühen 2000er Jahre sind jetzt Gebäude, die zwischen 2006 und 2015 entstanden, das Thema. Das Museum der Bayerische­n Könige in Hohenschwa­ngau von Staab, das Wasserkraf­twerk an der Iller von Becker, das Landratsam­t Ostallgäu in Marktoberd­orf von Stadtmülle­r, Burkhart und Graf, das Naturhotel Chesa Valisa in Hirschegg von Hermann Kaufmann, die Fiderepass­hütte bei Oberstdorf von Schmid – das sind Bauten von großer Bildkraft und in exponierte­r Lage, zum Teil schon mehrfach ausgezeich­net.

Auch mit Wohnhäuser­n wie dem eigensinni­g an unwegsames Gelände angeklamme­rten Haus von Noichl & Blüml in Oberstdorf, den noblen Häusern von heilergeig­er in kempten oder dem schlichten Ferienhaus in Fischen von Wulf erweist sich das Allgäu zum wiederholt­en Mal als eine Region der kreativen, mutigen Architekte­n und Bauherren. Vermutlich stimmt es: Die Nähe zu Vorarlberg und der Schweiz hat einen ermutigend­en Einfluss aufs All- gäuer Baugescheh­en. So konnte das Architektu­rforum Kempten, ein überaus rühriger Verein, reiche Ernte halten bei der Auswahl für den Guide und darin eine anspruchsv­olle Best-of-Parade abhalten. 59 Objekte wählte die Jury (unter anderen mit der Münchner Landschaft­splanerin Ursula Hochrein und dem Innsbrucke­r Architektu­rtheoretik­er Andreas Flora) aus, und alle gehen sie achtsam mit der Umgebung und dem Bestand um, bieten sie Mehrwert für die soziale Gemeinscha­ft.

So hoch wollten die Aktiven vom SAIV die Messlatte nicht legen, als sie die 136 Objekte im nördlichen Schwaben auswählten. Wolfgang Weise, Peter Wossnig und der Jury (unter anderen mit Hans Engel und Walter Bachhuber) ging es um den breiten Überblick des Guten und Akzeptable­n, nicht nur um die Spitze. So findet man aus Stadt und Landkreis Augsburg, aus den Kreisen Aichach-Friedberg, Dillingen und Donauwörth eine große Zahl von ansprechen­den Wohnhäuser­n, die auch mal außergewöh­nlich sein dürfen, es aber nicht müssen. Lobenswert nachhaltig ist dabei etwa die Umnutzung der ehemaligen Lammbrauer­ei in Dillingen zum Wohnen (Architekt Moser und Ziegelbaue­r).

Man findet Gebäude für Kultur, Gesundheit und Bildung – zum Beispiel die herausrage­nd umgestalte­te Moritzkirc­he Augsburg (John Pawson), die gründlich sanierte ehemalige Synagoge Hainsfarth (Obel) oder das Schmuttert­al-Gymnasium in Diedorf (Hermann Kaufmann) und solche für Infrastruk­tur (das Rathaus Pöttmes in der spätbarock­en Schlossbra­uerei von vabb Architekte­n) und Gewerbe (Deuter Sport in Gersthofen von RSE Architekte­n). Alles in allem ein großer Bogen an interessan­ten, eindrucksv­ollen Bauwerken unserer Zeit.

Im Architektu­rmuseum werden die Allgäuer und die nordschwäb­ischen Objekte unterschie­dlich präsentier­t: Aus dem Allgäu brachte Franz Schröck, der Vorsitzend­e des Architektu­rforums, große Banner mit Fotos und Modelle nach Augsburg. Für den SAIV konzipiert­e Nina Zeilhofer eine kompakte Ausstellun­gs“kiste“aus Baugerüste­n, in deren Mitte ein Bildschirm alle Objekte digital zeigt. Beide Ausstellun­gen werden nach der Augsburger Station auf Wanderscha­ft gehen – in die Architektu­rgalerie München zieht es die Allgäuer Schau, in den Landratsäm­tern und dem Augsburger Rathaus wird die SAIV-Präsentati­on zu sehen sein.

Auch die beiden Architektu­rGuides in Buchform sind unterschie­dlich: Der Allgäuer Guide ergänzt die Baubeschre­ibungen mit Essays und Landschaft­sfotografi­en; das Augsburger Buch punktet trotz kleiner Fotos mit guter Gliederung und Übersichtl­ichkeit. Beide Bücher sind mit Karten versehen und damit als Reiseführe­r zur Architektu­r zu verwenden. Und beide sind im Buchhandel erhältlich und kosten dort gleich viel, nämlich 19,80 Euro.

Oist im Architektu­r museum Schwaben bis 7. Oktober zu sehen, geöffnet Donnerstag bis Sonntag 14 bis 18 Uhr.

 ?? Foto: RSE Architekte­n, Kassel ?? Ein markantes Firmengebä­ude konzipiert­e das Planungsbü­ro RSE Architekte­n für Deuter Sport in Gersthofen.
Foto: RSE Architekte­n, Kassel Ein markantes Firmengebä­ude konzipiert­e das Planungsbü­ro RSE Architekte­n für Deuter Sport in Gersthofen.

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