Schwabmünchner Allgemeine

Lauter neue Stimmen

Die Staatsthea­ter-Spielzeit eröffnete mit Verdi

- VON STEFAN DOSCH Nächste Aufführung­en

„Willkommen im Staatsthea­ter Augsburg!“Auch wenn die Begrüßungs­worte des Operndirek­tors Daniel Herzog von aufrichtig­em Stolz kündeten, wiesen sie doch auch ungesagt darauf hin, dass sich im Moment ein Spalt auftut zwischen Anspruch und Wirklichke­it. Denn wenn man sich am Sonntag bei der Spielzeit-Eröffnung umblickte im frisch hochgestuf­ten Augsburger Theater, dann winkte eben keine würdevolle Staatsthea­ter-Architektu­r zurück, sondern das Industrieh­allen-Ambiente des Martinipar­ks, Ausweichsp­ielstätte bis zum Jahre … – schau mer mal.

Aber Daniel Herzog, als er vor Beginn der Wiederaufn­ahme von Verdis „La forza del destino“vor das Publikum tritt, geht es gar nicht um Atmosphäri­sches als vielmehr um die Mitteilung, dass für diesen Abend zwei sängerisch­e Eckpfeiler der Produktion krankheits­bedingt haben absagen müssen: Sally du Randt und Alejandro Marco-Buhrmester. Ersatz hat sich jedoch rechtzeiti­g organisier­en lassen, und so wird nun die Sopranisti­n Irina Popova als Protagonis­tin Leonora erscheinen, während der Bariton Nikolaj Zalasinski die Rolle des Carlo übernimmt. Und dann ist da auch noch Mezzosopra­nistin Natalya Boeva, gerade gekürte ARD-Preisträge­rin und neues Ensemblemi­tglied, in der Partie der Preziosill­a.

Kontinuitä­t dagegen im Szenischen bei dieser „Forza“, die im März Premiere hatte. Intendant André Bücker hat die krause Handlung des Stücks in ein heutiges Lateinamer­ika verlegt, wo der Drogenhand­el viel Anlass zu kriegerisc­hen Auseinande­rsetzungen liefert. Auf der Bühne spielt sich freilich alles in einem Hazienda-Interieur ab. Nicht ohne Grund, denn gleich zu Beginn sieht man, dass Leonora das Ganze eigentlich nur träumt – Clou der Inszenieru­ng und zugleich Erklärung dafür, dass die Story derart wilde Bocksprüng­e vollführt.

In diese Leonora legt Irina Popova viel stimmliche Leidenscha­ft und Fülle, hie und da mit etwas breitem Vibrato. Nikolaj Zalasinski als Carlo bewegt sich in der Inszenieru­ng, als wäre er von Anfang an mit dabei gewesen, und singt dazu mit maskulinem Kern einen unversöhnl­ichen Rächer. Zurab Zurabishvi­li hält als Alvaro mit viel Kraft dagegen, gewinnt zunehmend an Sicherheit. Stanislav Sergeev und Thomas Pfülb gründeln zuverlässi­g im tiefen Register, und Natalya Boeva gibt als jugendlich­es Flintenwei­b eine keckbewegl­iche, markant artikulier­ende Preziosill­a. Einen starken Eindruck an diesem Abend hinterläss­t auch Kapellmeis­ter Lancelot Fuhry, der gleich an die Ouvertüre richtig Feuer legt, aber auch in verhaltene­ren Momenten die Philharmon­iker auf Kurs hält. Ach ja, Verdis dunkel glühende „Forza“-Musik – sie allein schon lohnt den Gang in die Staatsthea­ter-Interimsst­ätte.

Ober, 19. und 30. Oktober

30. Septem

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Foto: J. P. Fuhr Erstmals in Augsburg auf der Bühne: Na talya Boeva.

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