Mann soll Ehefrau 37 Mal vergewaltigt haben
Ein 44-Jähriger wird beschuldigt, seine Frau zum Sex gezwungen zu haben. Doch vor Gericht kann sie bis jetzt nicht aussagen
Die Vorwürfe gegen Ömer E.*, 44, reichen aus, um ihn für viele Jahre ins Gefängnis zu bringen. Er soll, so steht es in der Anklageschrift, über Jahre hinweg seine Ehefrau vergewaltigt haben. 37 Fälle zählt die Staatsanwaltschaft auf. Seit fast einem Jahr sitzt Ömer E. deshalb in Untersuchungshaft. Jetzt müssen die Richter der 3. Strafkammer des Landgerichts Augsburg über seine Zukunft entscheiden. Es ist eine schwierige Aufgabe. Seine Ehefrau hat ihn schwer belastet, doch er streitet die Vorwürfe ab. Es steht Aussage gegen Aussage. Und andere Beweise, auf welche die Richter sich stützen könnten, gibt es nicht.
Das Paar lernte sich im Jahr 2002 kennen. Ömer und Vanessa E. haben drei Töchter, 14, elf und neun Jahre alt. In der Anklage steht, die Übergriffe hätten spätestens im Jahr 2009 begonnen, nach der Geburt der jüngsten Tochter. Ömer E. habe seine Frau wenige Tage nach der Geburt zu Sex gezwungen, obwohl sie das nicht wollte und die Ärzte davor warnten. Als seine Frau „Nein“geschrien habe, soll er geantwortet haben: „Sag’ Nein, das macht mich an.“Die Anklage listet viele weitere Fälle auf. Teils soll Ömer E. bei den Taten Sexspielzeug genutzt haben. Teils sollen sich die Vergewaltigungen im selben Zimmer abgespielt haben, in dem die jüngste Tochter schlief. Einmal soll er seiner Frau gedroht haben, er werde sich an den Kindern „auslassen“, wenn sie nicht zu Sex mit bereit sei.
Sollten die Richter ihn verurteilen, dann würde sich für Ömer E. das Gefängnistor erst nach einer jahrelangen Haftstrafe wieder öffnen. Zumal ein Nervenarzt ihm in einem Gutachten bescheinigt, voll schuld- fähig zu sein. Die einzige Chance, die Ömer E. hätte, um seine Strafe deutlich zu senken, wäre ein Geständnis. Die Richter rechnen es den Angeklagten in solchen Fällen hoch an, wenn sie reinen Tisch machen. Das erspart den mutmaßlichen Opfern eine Aussage vor Gericht.
Doch Ömer E. sagt, er könne nichts gestehen, weil er seine Frau nicht vergewaltigt habe. Er räumt ein, dass er genervt gewesen sei, weil seine Frau nur noch selten mit ihm schlafen wollte. Er habe wie ein Hund „betteln“müssen. Als er sich deshalb auf seinem Handy PornoVideos angeschaut habe, sei das seiner Frau auch nicht recht gewesen.
Später dann hätten sie einen „Deal“abgeschlossen, ein Geschäft. Er habe am Wochenende regelmäßig auf die Kinder aufgepasst, sagt er. Vanessa E. hatte sich zu der Zeit einer christlichen Gruppe angeschlossen, die teils auch als Sekte bezeichnet wird. Das nahm eine Menge Zeit in Anspruch. Im Gegenzug für das Aufpassen hätten sie vereinbart, dass er danach mit seiner Frau schlafen dürfe, erzählt Ömer E.
Kann man das glauben, was der Angeklagte erzählt? Viel hängt davon ab, wie glaubwürdig Vanessa E. vor Gericht auftritt. Sie belastete ihren Mann bei der Kriminalpolizei. Später noch mal vor einem Ermittlungsrichter des Amtsgerichts. Nun soll sie ein drittes Mal erzählen, was Ömer E. getan hat. Doch ihr Auftritt vor Gericht endet abrupt. Sie findet auf die Fragen des Richters keine Antworten, atmet immer schneller. Eine Panikattacke, sagt sie. Sie könne nicht mehr klar den- ken. Das habe sie auch früher schon gehabt, wenn Ömer E. da war.
Zwei Mal unterbricht Richter Roland Christiani die Sitzung. Ömer E. wird so im Saal platziert, dass seine Ex-Frau – sie sind inzwischen geschieden – ihn nicht sehen muss. Trotzdem schafft Vanessa E. es nicht, auszusagen. Nun soll es am Donnerstag noch einen Versuch geben. Wird es nichts mit der Aussage
Er beschimpfte seine Kinder übel
der Frau, droht der Prozess zu platzen. Ömer E. könne dann nicht verurteilt werden, meint sein Verteidiger Thomas Reitschuster.
Es gibt zwar Indizien, dass Ömer E. im Alltag nicht so friedliebend war, wie er sich vor Gericht gibt. Er räumt ein, dass er, wenn er gestresst war, seine Kinder auf Türkisch auch mal als „fette Sau“beschimpfte. Doch das dürfte den Richtern nicht reichen, um den Angeklagten zu verurteilen.