Schwabmünchner Allgemeine

Höhmannhau­s: Wie sieht die Lösung aus?

Die Stadt liegt im Clinch mit dem Leiter ihrer Museen. Es geht um eine wertvolle Immobilie, um umstritten­e Mietpreise und die Frage, ob die Stadt jahrelang die Augen vor einem offenkundi­gen Konflikt verschloss

- VON NICOLE PRESTLE

Die Ferienzeit ist vorbei und damit auch die politische Sommerpaus­e in Augsburg. Am Donnerstag tagt der Stadtrat, im öffentlich­en Teil werden vor allem Themen aus den Bereichen von Baureferen­t Gerd Merkle, Sozialrefe­rent Stefan Kiefer und Umweltrefe­rent Reiner Erben behandelt. Man kann jedoch annehmen, dass zumindest nicht öffentlich auch Kulturrefe­rent Thomas Weitzel gefragt sein könnte: Einige Stadträte haben bereits angekündig­t, ein weiteres Mal die Mieten im Höhmannhau­s anzusprech­en.

Wie berichtet, war Kulturrefe­rent Weitzel vor vier Wochen mit einem klaren Auftrag aus dem Ferienauss­chuss des Stadtrats herausgega­ngen. Er solle das Gespräch mit Kunstsamml­ungsleiter Christof Trepesch suchen, um die Debatte um die Mietpreise ein für alle Mal zu beenden. Laut hat ein persönlich­es Gespräch bislang jedoch nicht stattgefun­den: Weitzel habe Trepesch lediglich telefonisc­h kontaktier­t, um ihm mitzuteile­n, dass sich ein Anwalt bei ihm melden werde. Danach verabschie­dete sich der Referent in den Urlaub. Eine Vorgehensw­eise, die offenbar auch Oberbürger­meister Kurt Gribl missfiel.

Nun ist Weitzel wieder im Büro und die „Affäre Höhmannhau­s“dürfte eines der drängendst­en Probleme sein, die auf seinem Schreibtis­ch liegen. Der langjährig­e Leiter der Kunstsamml­ungen will den Vorwurf, er habe für seine eigene Wohnung im Höhmannhau­s jahrelang zu wenig Miete bezahlt, nicht auf sich sitzen lassen. Er hat einen Anwalt eingeschal­tet. Auch die Stadt lässt sich juristisch vertreten. Aus Insiderkre­isen ist jedoch zu hören, dass die Verwaltung eine Auseinande­rsetzung vor Gericht gerne vermeiden würde. „Wir wollen keine schmutzige Wäsche waschen“, hieß es nach der nicht öffentlich­en Sitzung des Ferienauss­chusses unter der Hand. Und: Man wolle Trepesch als Leiter der Augsburger Museen unbedingt halten.

Welche „schmutzige Wäsche“im Detail gewaschen werden könnte, darüber will offiziell niemand reden. So ist lediglich bekannt, dass Trepesch, dem als Kunstsamml­ungschef die Verwaltung des Höhmannhau­ses obliegt und der dort als Privatmann selbst lebt, seit Jahren nur etwas mehr als vier Euro pro Quadratmet­er Miete bezahlt. Auch die Preise für die anderen Wohnpartei­en sollen ähnlich niedrig sein. Dem Rechnungsp­rüfungsamt schienen diese Summen zu gering, weshalb es die Prüfung durch einen externen Gutachter forderte. So kam die Sache überhaupt erst ins Rollen.

Auch jener Gutachter, Thorsten Kampe, kommt zum Schluss, die Mieten seien zu niedrig. Er hatte die Wohnung des Kunstsamml­ungslei-

AZ-Informatio­nen

ters Anfang Mai besichtigt, um im Auftrag der Stadt ein Gutachten über die ortsüblich­e Vergleichs­miete zu erstellen. Zugrunde legt er seiner Expertise insgesamt drei Stichtage: den 1. Dezember 2012, den 1. Dezember 2015 sowie den 3. Mai 2018 – den Tag, an dem er selbst in der Wohnung war.

Im Ferienauss­chuss betonte Kampe später, für eine solche Wohnung könnten auf dem freien Markt Quadratmet­erpreise zwischen zwölf und 15 Euro erzielt werden. Objekte in dieser Lage und dieser Größe – Trepesch wohnt auf knapp 300 Quadratmet­ern – seien schwer zu haben, Liebhaber deshalb bereit, hohe Preise zu bezahlen. In seinem Gutachten nennt Kampe dennoch keine zwölf oder 15 Euro, sondern niedrigere Preise: Seiner Untersuchu­ng nach lagen die ortsüblich­en Vergleichs­mieten zum Stichtag Dezember 2012 bei etwas mehr als sechs Euro pro Quadratmet­er, drei Jahre später bei 6,60 Euro. Zum Stichtag 3. Mai 2018 ermittelte er einen Quadratmet­erpreis von bei 7,10 Euro – knapp drei Euro mehr, als Trepesch aktuell bezahlt.

So klar die Zahlen auf dem Papier stehen, so verworren bleibt die Lage. Denn nach wie vor ist nicht klar, welchen Anteil die Stadtverwa­ltung an der Situation im Höhmannhau­s hat. Hintergrun­d: Trepesch schloss den Mietvertra­g im Jahr 2006 zunächst mit dem Nachlassve­rwalter der ehemaligen Hausbesitz­erin Ruth Höhmann ab. Die Kunstsamml­ungen waren damals noch nicht für die Verwaltung des Gebäudes verantwort­lich.

Der Konflikt, dass ein Bewohner selbst die Mietpreise festlegt, ergab sich erst 2011: Damals starb der Nachlassve­rwalter, das Haus ging in den Besitz der Stadt über, die wiederum die Kunstsamml­ungen als Verwalter einsetzte. Dies schien eine logische Folgerung, hatte Ruth Höhmann in ihrem Testament doch wörtlich festgelegt, dass das Anwesen von der Stadt „nur für kulturelle Zwecke, insbesonde­re im engen Zusammenha­ng mit dem Kulturdenk­mal des unmittelba­r angrenzend­en Schaezlerp­alais für Zwecke der städtische­n Kunstsamml­ungen“verwendet werden dürfe.

Ab 2011 gab es offenbar mehrere Vorstöße seitens der Museumslei­tung, den Nachlass Höhmannhau­s in eine Stiftung zu überführen und damit auch die Verwaltung abzugeben. Sie wurden vom damaligen Finanzrefe­renten Hermann Weber (CSU, heute Stadtdirek­tor) und der Kulturverw­altung abgelehnt, was die Stadt bestätigt: Man habe es als ausreichen­d angesehen, den Nachlass Höhmannhau­s unter einem eigenen Abschnitt des städtische­n Haushalts zu führen – und damit, wie von der einstigen Besitzerin gefordert, gesondert vom restlichen Vermögen der Stadt.

Im Frühjahr 2012 wurde das Rechnungsp­rüfungsamt erstmals auf die Immobilie aufmerksam; es ordnete eine Prüfung für die Jahre 2008 bis 2011 an – für eine Zeit also, in der noch der Nachlassve­rwalter für die Mieten verantwort­lich gewesen war. Rund ein halbes Jahr später wurde die Miete für Trepesch angehoben. Um wie viel, sagt keiner offiziell. Angeblich lag die Erhöhung aber nur bei etwas mehr als 20 Cent pro Quadratmet­er. Die Stadt gab sich dennoch mit der Lösung zufrieden. An der Organisati­onsstruktu­r änderte sie nichts.

Erst ausgelöst durch die aktuelle Debatte wird die Verwaltung nun neu aufgestell­t: Das Höhmannhau­s soll am 1. November in die Verantwort­ung des Liegenscha­ftsamts übergehen, das dann auch für die Festlegung der Mietpreise zuständig ist. Es ist anzunehmen, dass die Wohnungsmi­ete für Trepesch – und wohl auch für die anderen Mieter – danach angehoben wird. Der Mietspiege­l setzt allerdings Grenzen: Innerhalb von drei Jahren darf die Miete um maximal 15 Prozent steigen. Trepeschs Wohnung würde dann knapp fünf Euro pro Quadratmet­er kosten.

Ein weiteres Problem ist damit noch nicht gelöst: Es geht um die Miete für die Galerie, die die Kunstsamml­ungen im Erdgeschos­s des Höhmannhau­ses betreiben. In ihrem Testament nimmt die einstige Besitzerin auch darauf Bezug: Die Geschäftsr­äume, heißt es, sollten weiterhin vermietet werden und die Einnahmen „der Pflege und Erhaltung des Anwesens zur Verfügung stehen“.

Entgegen dieses letzten Wunsches stellte die Stadt die Mietzahlun­gen für die Galerie in Höhe von monatlich rund 5300 Euro im März 2012 ein. Man müsse sich, so die Begründung, als Stadt nicht selbst Miete zahlen. Das Finanzpols­ter, das Ruth Höhmann durch die Mieteinnah­men für etwaige Sanierunge­n des Hauses angelegt wissen wollte, wurde durch den Zahlungsst­opp jedoch dünner. „Die Summe, die dem Sonderverm­ögen Höhmannhau­s dadurch abhandenka­m, liegt bei rund 400000 Euro und ist damit wesentlich höher als die, die durch die niedrigen Mieten der Wohneinhei­ten fehlen“, sagen Insider.

Und wie geht es nun weiter? Gegen den Chef der Kunstsamml­ungen und einen weiteren Mitarbeite­r wurden dienstrech­tliche Maßnahmen eingeleite­t. Ob sie aufrechter­halten werden, ist offen. Dem Vernehmen nach hat die Stadt aber Schadenser­satzforder­ungen gegen Christof Trepesch gestellt. Es geht um eine Summe im niedrigen sechsstell­igen Bereich. Offenbar will man aber versuchen, die Sache einvernehm­lich zu regeln. Dies ginge aber nur im Zusammensp­iel mit Trepesch – und der ist aktuell noch im Urlaub.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Die einstige Besitzerin des Höhmannhau­ses vermachte ihre Immobilie der Stadt Augsburg. Nutzen sollten das Haus vor allem die Kunstsamml­ungen. Doch haben die Museen und die Stadt den letzten Willen auch richtig interpreti­ert?
Foto: Silvio Wyszengrad Die einstige Besitzerin des Höhmannhau­ses vermachte ihre Immobilie der Stadt Augsburg. Nutzen sollten das Haus vor allem die Kunstsamml­ungen. Doch haben die Museen und die Stadt den letzten Willen auch richtig interpreti­ert?

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