Die Schrecken des Alters werden weggelacht
Sissi Perlinger spricht in ihrer farbenfrohen, vielseitigen und extrem lustigen Show „Ich bleib dann mal jung“alle Aspekte des Älterwerdens an – von der Verhütung übers Gelenkknirschen bis zur Auswahl des passenden Rollators
Königsbrunn „Sissi Perlinger ist gar nicht so leicht wie sie aussieht“, sagt Günter Sonnenwald. Und er kann das beurteilen, denn auf seinem Schoß nahm die Entertainerin am Sonntagabend Platz. Vom Publikum auf die Bühne holte die Frau mit den 100 Gesichtern und den tausend Kostümen Sonnenwald, um mal zu demonstrieren, dass man als Mann keine Angst vor starken Frauen haben müsse. Ein Leichtgewicht ist die Schauspielerin auf der Bühne ganz sicher nicht und nicht nur Sonnenwald lobte, dass der Veranstalter Klik (Kultur lebt in Königsbrunn), mit diesem Event ganz neue hohe Maßstäbe gesetzt habe.
Denn was bei Perlinger so federleicht und lustig herüberkommt und mit einem Wortwitz, den das Publikum im evangelischen Gemeindesaal St.-Johannes zu Dauerlachen animierte, ist ja in Wirklichkeit meist gar nicht so amüsant. Nämlich das Altern, die damit verbundenen Probleme und Widrigkeiten, bis hin zum Tod. Den sie selbstredend für sich selbst schon entsprechend geplant hat. Nur so viel sei verraten, diesen wird sie genauso gestalten wie alles andere in ihrem Leben, nämlich bunt und laut. Bis dahin bleibt die Kult-Diva jung und so heißt auch ihr Programm: „Ich bleib dann mal jung.“
Perlinger versteht es außerordentlich gut, dem Prozess in der zweiten Lebenshälfte mit Humor zu begegnen und im Prinzip wirklich jedem Schrecken – und es gibt eigentlich auch keinen, den sie auslässt – einen Lacher entgegenzuschleudern. Von alten Nachbarn, deren Gedächtnis nachlässt, von den zahlreichen Wehwehchen, denen sie sehr anschaulich mit einem knackigen Tanz (alle Gelenke geben Töne von sich) begegnet, bis hin zu einem Schweizer Altersheim „Villa Kunterbunt“, bei dem die Bewohner Toilette mit Kühlschrank verwechseln, bringt sie in zwei Stunden alles auf die Bühne und natürlich noch vieles mehr.
Zuschauerin Gerlinde Ostermeier drückt das gegenüber unserer Zeitung so aus: „Fantasievoll und kreativ sind ihre Themenbereiche verpackt, auch solche, über die Mann und Frau nicht sprechen.“
Dazu gehört beispielsweise die Aufklärung über Verhütung. Was Frau Gott sei Dank irgendwann gar nicht mehr brauche, Mann sich ja aber bis dahin gar nicht so recht vorstellen konnte, was es alles gibt: „Diaphragma – da frag ma“, erklärt Perlinger nicht nur für die Ahnungslosen, sondern führt auch recht gelenkig vor, was Mann bis wahrscheinlich so noch nicht gesehen hat.
Der ständige Zwischenapplaus fehlte nach dieser sportlichen Übung auch hier nicht, die Männer hatten offensichtlich an diesem Punkt schon längst vergessen, dass sie eigentlich auch „Buh“rufen durften. Dazu hatte Perlinger gleich bei der Begrüßung aufgerufen, jeder dürfe zum Trost dafür, dass er höchstwahrscheinlich mitgemusst hätte, einfach laut „Buh“rufen.
Das taten sie allerdings nur einmal, nämlich als die Schauspielerin darlegte, dass wir ja heute alle dopdahin pelt so alt würden wie vor hundert Jahren. Der Vorteil wäre, dass Männer heute die Chance hätten, erwachsen zu werden, und klar, da machten die Herren im Publikum von ihrem Vetorecht lautstark Gebrauch.
Alle werden also immer älter und was macht man da? Perlinger hat den Ratschlag, sich prophylaktisch auf das Alter vorzubereiten. Mit einem Rollator passend zur Kleidung beispielsweise – und üben, üben, üben. Wie das geht, zeigt sie selbst eindrucksvoll, Mimik und Gestik passt sie ihren Figuren perfekt an, und zwar bis ins kleinste Detail. So krümmt sie nicht nur die Wirbelsäule, sondern auch die Hand zittert die ganze Zeit über leicht, wenn sie die 78-jährige Marlene Schicklgruber aus München gibt. Da passt der Dialekt genauso wie bei der Berlinerin, die mit verzagtem Gesichtsausdruck eine Wohnung sucht oder wie bei der Schweizer Heimleiterin, die in perfektem „Schwizerdütsch“das Leben in der Villa Kunterbunt für Senioren anpreist.
Die Entertainerin spielt Gitarre, gibt gleichzeitig den Takt am Schlagzeug vor und ihre Singstimme ist facettenreich. Von ganz hoch bis rockig rauchig kann die Allrounderin alles, und das Umziehen geht bei ihr blitzschnell über die Bühne.
Auf die Standing Ovations der rund 280 Besucher reagiert sie sympathisch und dankbar. Das sei wie Geburtstag, Ostern und Weihnachten zusammen, da wisse man, wofür man gearbeitet habe. Im Übrigen hat sie den ultimativen Ratschlag fürs Jungbleiben: „Man ist so alt, wie man sich macht. Darum: lügen, lügen, lügen, bis sich die Balken biegen.“