Schwabmünchner Allgemeine

Seehofer nimmt Maaßen aus der Schusslini­e

Der Chef des Verfassung­sschutzes wechselt als Staatssekr­etär ins Innenminis­terium

- VON MARTIN FERBER UND RUDI WAIS kel Leitarti

Hofreiter: Beförderun­g ist mehr als befremdlic­h

Mit einer überrasche­nden Personalen­tscheidung hat die Koalition einen weiteren Hauskrach abgewendet. Auf Druck der SPD muss Verfassung­sschutz-Präsident HansGeorg Maaßen seinen Posten nach seinen umstritten­en Äußerungen über die Ausschreit­ungen in Chemnitz zwar räumen. Als Staatssekr­etär im Innenminis­terium von Horst Seehofer wird er aber weiter im innersten Zirkel der deutschen Sicherheit­spolitik arbeiten – und sogar in eine höhere Besoldungs­gruppe befördert. Allerdings soll der 55-jährige Jurist als Staatssekr­etär nicht für die Aufsicht über das Bundesamt für Verfassung­sschutz zuständig sein.

Wer Maaßen dort folgt, war gestern Abend noch unklar. Im Gespräch sind unter anderem der frühere CDU-Innenpolit­iker Clemens Binninger, Maaßens Stellvertr­eter Thomas Haldenwang, der Bevollmäch­tigte des Parlamenta­rischen Kontrollgr­emiums für die Geheimdien­ste, Arne Schlatmann, und die Präsidenti­n des Landesamts für Verfassung­sschutz Baden-Württember­g, Beate Bube. Wofür Maaßen im Innenminis­terium zuständig sein soll, will Seehofer an diesem Mittwoch erläutern. Gestern Abend hieß es lediglich, der CSU-Vorsitzend­e schätze seine Kompetenz in Fragen der öffentlich­en Sicherheit.

„Horst Seehofer nimmt die SPD auf den Arm“, kritisiert­e FDPFraktio­nsvize Stephan Thomae. „Die Sozialdemo­kraten fordern Maaßens Abberufung, Seehofer befördert ihn zum Staatssekr­etär.“Offenbar könne sich der CSU-Chef alles erlauben, sogar gegenüber der Bundeskanz­lerin. „Das Possenspie­l um den Verfassung­sschutzprä­sidenten zeigt einmal mehr den dramatisch­en Autoritäts­verlust der Regierungs­chefin.“Die FDP schlägt als Konsequenz aus dem Streit vor, im Bundestag einen Beauftragt­en für die Geheimdien­ste zu benennen analog zum Wehrbeauft­ragten, der sich um die Bundeswehr kümmert. Der Fraktionsc­hef der Grünen, Anton Hofreiter, kritisiert­e: „Lügen gegenüber dem Parlament und Illoyalitä­t gegenüber der Regierungs­chefin werden mit einem goldenen Löffel belohnt.“Dass Maaßen nun als Staatssekr­etär die Regierungs­geschäfte mitbestimm­e, sei „mehr als befremdlic­h“, betonte Hofreiter gegenüber unserer Zeitung.

Auslöser der Debatte war unter anderem eine Äußerung Maaßens, ihm lägen „keine belastbare­n Informatio­nen“vor, dass es in Chemnitz Hetzjagden auf Ausländer gegeben habe – vielmehr sprächen gute Gründe dafür, dass es sich bei einem entspreche­nden Video „um eine gezielte Falschinfo­rmation handelt, um möglicherw­eise die Öffentlich­keit von dem Mord in Chemnitz abzulenken“. In Chemnitz war im August ein Deutscher erstochen worden. Tatverdäch­tig sind mehrere Asylbewerb­er, von denen einer am Dienstag wieder auf freien Fuß gesetzt wurde. Nach der Tat hatte es Demonstrat­ionen von Neonazis und Gegnern der Flüchtling­spolitik sowie Gegenprote­ste gegeben. Die SPD pochte nach anfänglich­em Zögern zuletzt auf Maaßens Ablösung und drohte mit Koalitions­bruch.

Der stellvertr­etende SPD-Vorsitzend­e Ralf Stegner bezeichnet­e die Versetzung Hans-Georg Maaßens nun als „Desaster“. „Den Teil, den die SPD beeinfluss­en konnte, hat sie mit Erfolg geschafft: Herr Maaßen ist nicht mehr Präsident des Verfassung­sschutzes, er war dort zu einem Problem für die Demokratie geworden“, so Stegner. „Für die Personalfr­agen in den Ministerie­n sind die Parteien zuständig, hier wird nun der Bock zum Gärtner gemacht.“Lesen Sie dazu auch den und die

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