Die Künstler tischen auf
Im Abraxas liegen die Bilder auf der Platte. Jeder Tisch stellt eine Insel dar und drückt Individualität aus
Es ist aufgetischt in der Kunsthalle. Zwei Neuerungen zugleich hat sich die Augsburger Gruppe im Berufsverband Bildender Künstler (BBK) einfallen lassen: Zum einen verpasste sie ihrer Galerie im Kulturhaus Abraxas den ambitionierten Namen, zum anderen probiert sie ein unkonventionelles Ausstellungskonzept aus. Zeichnerische Arbeiten werden einmal nicht an die Wand gehängt, sondern auf Tischen ausgelegt. Das verändert die Sehweise ganz enorm und verleiht der Halle die Atmosphäre eines Lehr- und Studiersaals. „Es ist ein komplett anderer Raum“, sagt Nina Zeilhofer, Künstlerin und Architektin. Die flach präsentierten Bildwerke drängen sich nicht auf, man muss sich zu ihnen hinbeugen. So genießt man eine größere Nähe zur künstlerischen Arbeit. Die Idee zu „Aufgetischt“stammt von Josef Zankl, der Bildhauer spürte allerdings, dass die Vielfalt von Tischen allerdings den Aufbau „ganz schwer“machte. Jeder Tisch stellt eine Insel, eine Welt für sich dar. Schon äußerlich zeigen sie sehr unterschiedliche Erscheinungsformen: vom Esstisch bis zum Servierwagen, vom Couchtisch bis zur Arbeitsplatte, vom Balkontisch bis zum Eigenbau. Das bringt Individualität zum Ausdruck und akzentuiert zusätzlich die künstlerische Aussage. Norbert Kiening hat mit Kohle zeichnerisch seine einzigartige Tischdecke auf der Papierbahn geschaffen. Eine Benutzung der festlichen Tafel würde freilich die Skulptur zerstören. Nina Zeilhofer lässt an ihrem täglichen Linienziehen teilhaben – Gedankenspiele und Ideensammlungen auf Millimeterpapier auf einer Schalungstafel. Die beiden Ebenen eines Servierwagens nutzt Christine Metz für die Schärfe und Unschärfe ihres fein fotorealistisch ausgeführten Bleistiftmotivs von dicht aneinander liegenden Erdkrumen. Klaus Konze überschüttet seinen Tisch mit Reiseskizzen aus unterschiedlichen Regionen, sei’s vom Nil oder aus der Toskana. Zeiten und Räume durchdringen sich zu einem Erfahrungsschatz. Anneliese Hirschvogl erzählt humorvoll von der Begegnung mit einem emsigen Murmeltier auf der Bergtour. Ines Roller kredenzt sansibarische Spezialitäten: zart getuschte Skizzen von Land und Leuten. Die Männer sind traditionell gekleidet und sichtlich aus einem stolzen Stamm. Elisabeth Röder schuf einen ganz lichten Tisch, indem sie zwischen
zwei Plexiglasplatten die Bewegungen eines Dirigenten nach Musik von Gershwin dynamisch gestaltete. Demgegenüber sägte Michael Grau einen klobigen Tisch in einen Holzblock und legt darauf zwei gezeichnete Studien von Stühlen im Raum. Ingrid Olga Fischer macht in „Rote Zora“die Tischplatte selbst zum Bildträger, nämlich als Hinterglasbild eines farbenfrohen Frauenporträts in Rot und Rotorange, konturiert mit der Feder und mitunter in die Malfläche wieder eingekratzt. Anja Güthoff verwendet den Tisch im Sinne einer Lupe, unter der sich ihre meterlangen schmalen Bilderrollen in Ausschnitten sehen lassen. Es ist eine Welt „Im Fluss“, bevölkert von wunderlichen Fischen und Wasserwesen. Claudia Geßner bleibt der Leinwand treu und gestaltet in schwarz-weiß eindrückliche literarische Illustrationen.
Kunsthalle im Abraxas, bis 14. Oktober, geöffnet Di. 14-20 Uhr, Mi. bis So. 14-18 Uhr. Podiumsdiskussion am Freitag, 28. September, 19.30 Uhr.