Schwabmünchner Allgemeine

Sie fliegen und sie tanzen

Susanne Ortner spielt Klarinette in der Kiste

- VON MANFRED ENGELHARDT

Leidenscha­ft, und Lyrik, Spielwitz und Spannung – Susanne Ortner und Tcha Limberger genügten sich als musikalisc­hes Duo-Paar, um das Foyer der Augsburger Puppenkist­e zu einem raumfüllen­den Schauplatz für einen furiosen Trip durch die unterschie­dlichsten Jazz-Varianten zu machen. Kein Wunder, denn Susanne Ortner zaubert mit Klarinette und Sopransaxo­fon eine farbig variierend­e Bandbreite, und ihr Partner Limberger ist ein Multi-Phänomen: Der in Belgien in einer Sinti-Familie aufgewachs­ene Musiker ist mit ebenso präzisen, intuitiven wie energiegel­adenen Beiträgen zur Stelle: Violine, Gitarre, Klarinette. Und er singt, kernig und lyrisch, wie ein Instrument. Mit dieser Vielseitig­keit korrespond­iert im Übrigen die Tatsache, dass der blinde Künstler acht Sprachen spricht. Derart untermauer­t, durchmaßen Susanne Ortner und Tcha Limberger ein funkelndes Spektrum der Stile, sie spielten, ja tanzten und flogen mühelos, entspannt und doch unter Starkstrom durch GypsySwing, New Orleans, Brasil-LatinoJazz, Klezmer und Traditiona­ls von Amerika bis Istanbul. Susanne Ortner, die aus Meitingen stammende Musikerin, Komponisti­n und Projekte-Schöpferin, in der Region vor allem auch einem breiten Publikum durch die Klezmer-Gruppe „Sing Your Soul“ein hochgeacht­eter und bewunderte­r Begriff, ging der Liebe wegen in die USA und lebt jetzt in New Orleans. Das musste so kommen, möchte man sagen. Dort am Mississipp­i ist so etwas wie eine natürliche Heimat der Jazz-Klarinette, dort hat sie aber auch ihre Liebe zu den südamerika­nischen Rhythmus-Schätzen sowie zum Klezmer mitnehmen können, was ihrer musikalisc­hen Fantasie noch mehr Raum gibt, mit ihrer atemberaub­enden Technik im Rücken. Das Programm des Abends streifte also die unterschie­dlichsten Stilarten, doch erlebte man die Abfolge alles andere als eine beliebige „bunte“Aneinander­reihung der Nummern, vielmehr schienen die musikalisc­hen Charakteri­stika natürlich ineinander zu strömen. Wie in der beginnende­n Tango-Anmutung von Luis Americano dann Susanne Ortners in Sidney Bechets flackernde­s Swing-Vibrato glitt, war mühelos. Die skurrilen kaleidosko­partig „geschüttel­ten“Bauteile der Stücke von Jelly Roll Morton, von Limbergers Gitarre oder der rhythmisch-prägnanten Violine vorangetri­eben, waren doch im Jazz-Modus angepasst. Es gab Ausflüge in Klezmer-Regionen, wo die Klarinetti­stin Susanne Ortner nicht den Zaubereien eines Giora Feidman hintanstan­d. Man hörte wunderbar ausschwärm­ende Blues-Ströme („Stargast“). Susanne Ortner und Tcha Limberger erwiesen sich als ein sich bestechend inspiriere­ndes Paar.

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Foto: Wolfgang Diekamp Klarinetti­stin Susanne Ortner spielte in der Puppenkist­e.

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