Schwabmünchner Allgemeine

Mayerhoffe­r sorgt für frischen Wind

Nach enttäusche­nden Spielzeite­n soll der Augsburger den Traditions­klub aus Göppingen zurück in die Bundesliga­spitze führen. Der nächste Karrieresc­hritt des 49-Jährigen

- VON JOHANNES GRAF Bietigheim

Göppingens Trainer Hartmut Mayerhoffe­r reißt die Türe ins Freie auf. Er will eine Zigarette rauchen. Dampf ablassen. Nach diesem aufwühlend­en Spiel in der Handballbu­ndesliga. Doch nicht einmal das will klappen, es regnet in Strömen. Auf Mayerhoffe­r prasselt an diesem Sonntag einiges ein. Zwei Sekunden vor Schluss hat Jonas Link zum 30:29-Endstand getroffen. Der SG Bietigheim-Bissingen beschert Link so den ersten Saisonsieg, Favorit Göppingen verliert.

Fünf Jahre war Mayerhoffe­r in dieser Halle zu Hause, die Rückkehr an die alte Wirkungsst­ätte hat sich der 49-Jährige natürlich erfreulich­er vorgestell­t. Und dann trifft auch noch Jonas Link. Beim TSV Friedberg zählte Mayerhoffe­r zu dessen größtem Förderer, jetzt zeigt der einstige Lehrling, was ihm der Lehrmeiste­r beigebrach­t hat. Denn als solcher gilt Mayerhoffe­r inzwischen in der Handballsz­ene. Als einer, der nicht nur Ahnung hat, sondern diese in positive Ergebnisse umwandeln kann. Wegbegleit­er beschreibe­n ihn als kommunikat­iv, kompetent und äußerst engagiert.

Fünf Jahre befehligte Mayerhoffe­r die Bietigheim­er Handballer. Bereits im Oktober teilte er den Verantwort­lichen mit, den Klub am Saisonende zu verlassen. Den krönenden Abschluss bildete der wiederholt­e Aufstieg in die erste Liga. Zudem zeichneten Trainerkol­legen und Manager in der zweiten Liga Mayerhoffe­r als „Trainer des Jahres“aus.

Dass der Augsburger den Klub aus der Kreisstadt nahe Stuttgart verließ und eine Veränderun­g anstrebte, ist nicht weniger als logische Konsequenz seines bisherigen Werdegangs. „Ich verspüre einen ungemeinen Drang nach Weiterentw­icklung in mir“, sagte Mayerhoffe­r im Sommer. „Ich hatte das Gefühl, dass es Zeit für etwas Neues wird. Ich will den nächsten Schritt machen.“

Den passenden Arbeitgebe­r dafür hat Mayerhoffe­r gefunden. Frisch Auf Göppingen blickt auf eine lange Handballhi­storie zurück, in BadenWürtt­emberg ist er Traditions­verein. Entspreche­nd enttäuscht reagierten Anhänger und Umfeld auf zehnte Tabellenrä­nge in den vergangene­n beiden Spielzeite­n. Trainer kamen und gingen, vor allem gegen die vermeintli­ch Kleinen der Branche leistete sich der Klub

der

Ausrutsche­r. Der Etat wurde von 5,2 auf 5 Millionen Euro reduziert, erneut wurden weniger Dauerkarte­n verkauft (von 2900 auf 2700).

Vier Siege aus sechs Spielen hat Mayerhoffe­r mit Göppingen bisher geholt. Ein Anfang. Mehr nicht. Letztlich soll der Trainer eine Wende einleiten, ehe noch mehr Anhänger die Lust verlieren. „Es geht darum, eine Spielident­ität zu entwickeln“, betont Mayerhoffe­r. Außerdem will er Begeisteru­ng entfachen. „Wir brauchen Stimmung in der Halle und Unterstütz­ung, wenn es nicht gut läuft.“Wie das aussehen kann, offenbart sich gegen Bietigheim. Auf eine schwache erste Hälfte und einen Sechs-Tore-Rückstand reagiert die Göppingen mit Wut und Wucht. Leidenscha­ftlich reißt die Mannschaft die grün-weiße Anhängersc­haft in Durchgang zwei mit, trotz Niederlage werden die Spieler mit Applaus in die Kabine verabschie­det. Nach lauter Ansprache in der Pause hat das Team Mayerhoffe­r-Handball gezeigt. Er liebe es, wenn es kracht, beschrieb er einmal.

Der gebürtige Rumäne hat stets an seinen Prinzipien festgehalt­en – ob in Aichach, Friedberg, Bietigheim oder wie jetzt in Göppingen. Pragmatisc­h sagt er, die Arbeit eines Trainers sei im Endeffekt immer die gleiche. Zuverlässi­gkeit und Profession­alität zeichnen Mayerhoffe­r aus. Erstaunlic­h nüchtern analysiert er den Rückschlag in Bietigheim, obwohl der höchst emotional zustande kam. Gefragt nach seiner Bietigheim­er Vergangenh­eit antwortet er kühl: „Jetzt geht es darum, mit Göppingen Erfolg zu haben.“Wie viel Energie in Mayerhoffe­r steckt, davon zeugt sein Engagement an der Seitenlini­e. In kurzer Hose sieht der groß gewachsene, durchtrain­ierte Mann selbst wie ein Spieler aus. Wer auf der Bank sitzt, auf den wirkt er mit weit aufgerisse­nen Augen ein.

Seit rund vier Jahren konzentrie­rt sich der A-Lizenzinha­ber ausschließ­lich auf Handball, nachdem er zuvor im Vertrieb eines italienisc­hen Fahrradher­stellers gearbeitet hat. Mayerhoffe­r versteht seine Aufgabe als 24-Stunden-Job, nahe Göppingens Handballar­ena hat er zu diesem Zweck eine Wohnung bezogen. Entspreche­nd selten sehen ihn Frau Alexandra sowie Leonie und Jannie, seine beiden Töchter im Teenageral­ter. Sie gehen eine eineinhalb­stündige Autofahrt entfernt im Eigenheim in Leitershof­en ihrem Alltag nach.

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Foto: imago Der Augsburger Hartmut Mayerhoffe­r trainiert in der Handballbu­ndesliga Frisch Auf Göppingen. Er soll beim Traditions­klub eine Wende einleiten.

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