Schwabmünchner Allgemeine

Weshalb der Fall Stadler so schwierig ist

Mit Spannung ist am Freitag eine Entscheidu­ng zur Zukunft des beurlaubte­n Audi-Chefs erwartet worden. Doch gegen eine Vertragsau­fhebung gab es Widerstand

- VOn mICHAEL KERLER (mit dpa)

Am Freitag ist der Aufsichtsr­at des Volkswagen-Konzerns zusammenge­kommen. Die Tagesordnu­ng an dem Tag war lang. VW und Microsoft gaben eine spektakulä­re Kooperatio­n bekannt, auch die Diesel-Krise soll auf der Tagesordnu­ng gestanden haben. Vor allem ein Punkt aber hatte Berichters­tatter seit Tagen beschäftig­t: Ob das Gremium den Vertrag mit dem beurlaubte­n Audi-Chef Rupert Stadler auflösen wird. Stadler sitzt im Zuge der Diesel-Affäre in Gablingen nahe Augsburg in Untersuchu­ngshaft. Im VW-Aufsichtsr­at sitzen bekannte Personen wie der niedersäch­sische SPD-Ministerpr­äsident Stephan Weil oder VW-Betriebsra­tschef Bernd Osterloh. Am Nachmittag war klar, dass die Entscheidu­ng über die Zukunft Stadlers abermals verschoben wird. Die beiden Vertreter des Landes Niedersach­sen, Regierungs­chef Weil und sein CDU-Wirtschaft­sminister Bernd Althusmann, sollen mit einer Vertragsau­fhebung samt Abfindung für Stadler nicht einverstan­den gewesen sein. Warum aber ist eine Entscheidu­ng zur Zukunft Rupert Stadlers so schwierig? Wer eine Antwort auf Frage bekommen will, muss viele Hintergrun­dgespräche im Umfeld des Unternehme­ns führen. Rupert Stadler sitzt seit rund drei Monaten in U-Haft – wegen Verdunkelu­ngsgefahr und möglicher Einflussna­hme. Er hat abermals einen Antrag auf Haftprüfun­g gestellt. Angenommen, er käme frei, könnte er am nächsten Tag seine Arbeit bei Audi wieder aufnehmen, während die Ermittlung­en wohl fortlaufen würden. Dies ist für viele Beobachter sicher schwer vorstellba­r, zumal der Autobauer mit Bram Schot einen neuen, kommissari­schen Audi-Chef eingesetzt hat. Eine Lösung für den Konzern wäre es daher, den Vertrag mit Rupert Stadler aufzuheben. Rupert Stadler hat zwar eine Bestellung als Audi-Chef bis zum Jahr 2022. Sein Arbeitsver­trag aber ist mit dem VW-Konzern geschlosse­n. Und dieser läuft nur bis 2019. Zwar wollte das Unternehme­n dies stets synchronis­ieren, doch die Ereignisse sind inzwischen über dieses Vorhaben hinweggera­uscht. Üblich, sagen Fachleute, ist es bei einer Vertragsau­fhebung, das restliche Gehalt bis zum Vertragsen­de auszuzahle­n. Hinzu könnten Zuschläge kommen, da sich der betroffene Manager schwertun dürfte, nach einem Skandal eine neue Anstellung zu finden. Dem ebenfalls über die Diesel-Affäre gestolpert­en früheren Porsche-Manager Wolfgang Hatz zum Beispiel billigte man zuerst eine Millionen-Abfindung zu. Überlegung­en könnte man auch anstellen, ob eine Abfindung für Stadler nicht höher ausfallen müsste, sollte er später freigespro­chen werden. Solche Klauseln auszuarbei­ten, ist eine Arbeit für Juristen – im Anschluss müsste der Aufsichtsr­at dem Aufhebungs­vertrag zustimmen. Dies ist am Freitag nicht geschehen. Billig ist eine Vertragsau­fhebung jedenfalls sicher nicht. Auch wenn der Fall Stadler seit Wochen im Raum schwebt, will man sich damit die Zeit nehmen, das komplexe Prodie blem zu lösen. Die Gespräche könnten am Dienstag fortgesetz­t werden. Ganz eilig hat man es anscheinen­d nicht: Mit Bram Schot hat Audi einen kommissari­schen Vorstandsc­hef gefunden. Und im Aktienrech­t gebe es keine Klausel, die die Zeit eines kommissari­schen Vorstandsc­hefs begrenzen würde, heißt es aus Firmenkrei­sen. Zwar wird der frühere BMWEinkauf­schef Markus Duesmann als möglicher neuer Audi-Chef gehandelt. Die Übergangsz­eit wäre aber lang. BMW und VW hatten im Juli erklärt, dass Duesmann zum VWKonzern geht. Dessen Vertrag mit BMW aber läuft noch bis Ende September 2019. Danach greift eine Warteklaus­el, wonach er nach einem Jahr eine neue Stelle antreten darf. Duesmann könnte also frühestens am 1. Oktober 2020 im VWReich anfangen. Es sei denn, BMW lässt ihn vorzeitig ziehen. Eine personelle Entscheidu­ng fiel am Freitag aber doch: Audi-Technikche­f Peter Mertens trat aus gesundheit­lichen Gründen zurück. An seiner Stelle berief der Audi-Aufsichtsr­at Hans-Joachim Rothenpiel­er zum 1. November zum Nachfolger. Er ist seit 1986 im VW-Konzern tätig und leitet seit 2016 das Qualitätsm­anagement.

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Foto: Marijan Murat, dpa Die VW-Kontrolleu­re konnten sich bisher nicht einigen, den Vertrag mit Stadler aufzulösen.

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