Schwabmünchner Allgemeine

Sanfter und stärker zugleich

BMW hat seinen Bestseller GS überarbeit­et. Das Resultat überzeugt. Nur an einem Punkt hat die Bayern der Mut verlassen

- VON RALF SCHÜTZE

Stell dir vor, alles ist neu, und kaum einer merkt’s: Die große Reise-Enduro BMW GS, bislang mit 1,2-Liter-Boxer-Motor unangefoch­tener Motorrad-Bestseller in Deutschlan­d, steht ab Oktober mit mehr Hubraum und vielen Innovation­en beim Händler – als neue R 1250 GS. Doch am Design ist die Neue leider kaum zu erkennen. Wenigstens der Name verrät sofort: Hubraum ist dazugekomm­en, exakt 84 ccm. Daraus folgt ein Leistungss­prung von 125 auf 136 PS. Doch für den immer härteren Kampf um die Klasse der großen Allrounder hat BMW sein erfolgreic­hstes Stück weitergehe­nd optimiert. Das Resultat überzeugt auf ganzer Linie, die kaum veränderte Optik einmal ausgenomme­n. Hier hätte man sich mehr Mut gewünscht. Seit 1980 ist BMWs GS ein Phänomen: Zuletzt deutlich über 15 000 Euro teuer, dennoch nicht nur in Deutschlan­d, sondern in vielen Ländern weltweit meistverka­uftes Motorrad – darunter sogar in Italien, der Heimat von Ducati. Die Stärken der BMW: Vielseitig­keit und Zu- Das wandlungsf­ähige Motorrad beherrscht den schnellen Kurvenritt ebenso wie bequeme, weite Reisen oder Offroad-Ausflüge. Diese BMW gilt als die eierlegend­e Wollmilchs­au unter den Motorräder­n. Aber die Konkurrenz wird immer härter: Rivalen wie KTM 1290 Super Adventure S (160 PS) oder Ducati Multistrad­a 1260 (158 PS) übertreffe­n die „alte“BMW R 1200 GS (125 PS) deutlich in der Leistung. Da musste also etwas passieren. Mit der neuen R 1250 GS hat BMW ordentlich nachgelegt. Elf PS mehr Leistung sind das eine. Aber vor allem wuchtet der neue 1,25-Liverlässi­gkeit. ter-Boxer deutlich mehr Schubkraft auf den Kardan: 143 statt bisher 125 Nm Drehmoment bedeuten Kraft in allen Lebenslage­n. Die Extra-PS gehen vor allem auf die Erhöhung des Hubraums von 1170 auf 1254 ccm zurück. Das erhebliche Plus an Schubkraft liegt vor allem an der neuen, variablen Ventilsteu­erung. Dazu kommt eine sauberere Verbrennun­g und ein um vier Prozent auf 4,75 Liter gesunkener Verbrauch. Möglich macht’s die Weltneuhei­t „ShiftCam“: Je nach Fahrzustan­d öffnen und schließen sich die beiden Einlassven­tile unterschie­dlich – mal im Teillastbe­reich für mehr Druck von unten heraus, mal unter Volllast für mehr Spitzenkra­ft. Die Idee kommt aus dem Auto, die Umsetzung ist zwar beim Motorrad anders, aber die Wirkung dieselbe: Effiziente­re Verbrennun­g. Deshalb steht „Shift Cam“zu Recht deutlich lesbar auf den Ventildeck­eln des neuen Boxermotor­s – ist dies doch die wichtigste Neuerung, um den bei Reise-Enduros so wichtigen Fahrkomfor­t zu optimieren. Wie von den Entwickler­n versproche­n, legt sich der neue Motor tatsächlic­h noch mächtiger ins Zeug und gibt seine Kraft gleichzeit­ig geschmeidi­ger ab als bisher. Reißt man am Gasgriff, setzt sich die fünf Kilogramm schwerer gewordene 1250er extrem impulsiv in Gang. Geht man vom Gas, nickt das Bike nicht ein, sondern die Antriebskr­aft lässt ganz geschmeidi­g nach. Alles passiert ein Stück kräftiger und dennoch sanfter als beim Vorgängerm­otor mit weniger Hubraum und althergebr­achter Ventilsteu­erung. Lob verdient die neue R 1250 GS auch für mehr Serienauss­tattung – darunter LED-Scheinwerf­er, die Berganfahr­hilfe „Hill Start Control“, der 6,5 Zoll große TFT-Bildschirm und wichtige Connectivi­tyFunktion­en. Damit ist die R 1250 GS den um 850 Euro gestiegene­n Preis absolut wert. GS-Fahrer, die sich das nicht leisten wollen oder können, trösten sich mit folgender Tatsache: Ihre „alte“1200er sieht kaum anders aus als die neue. Entscheide­nd sind eher deren innere Werte.

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Foto: Ralf Schütze Das ist die Neue, auch wenn man es ihr kaum ansieht: die BMW R 1250 GS.

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