Schwabmünchner Allgemeine

Ein Sperrgebie­t wird zum öffentlich­en Ort

Gaswerk Seit Freitag ist die ehemalige Industrieb­rache neuer Standort fürs Theater. Viele Gäste kamen mit großer Neugier nach Oberhausen. Wie ihnen das Gelände gefällt und was in den nächsten Monaten dort geschieht

- VON NICOLE PRESTLE Fotos: Peter Fastl

Die meisten Besucher dürften lange nicht hier gewesen sein: Das einstige Gaswerk in Oberhausen war über Jahre hinweg Sperrgebie­t, geöffnet nur für besondere Ereignisse wie das Grenzenlos- oder das Brechtfest­ival. Doch das wird nun anders: Seit Freitag ist die Industrieb­rache ein öffentlich­er Ort – zunächst vor allem für Theatergän­ger, bald für alle interessie­rten Augsburger.

Mit der Premiere des Schauspiel­s „Gas“hat das Staatsthea­ter Augsburg seine neue Spielstätt­e in Betrieb genommen. Wobei auch dieser Ort nichts Endgültige­s ist: Das Kühlerhaus, das am Freitag Schauplatz für die Inszenieru­ng war, ist selbst nur Provisoriu­m, bis der eigentlich­e Theaterbau nebenan, das Ofenhaus, fertig ist. Am 12. Januar soll dort die erste Premiere sein. Bis 2023 wird in dieser Spielstätt­e dann vor allem das Schauspiel beheimatet sein, auch die Theater-Werkstätte­n ziehen während der Sanierung des Großen Hauses nach Oberhausen um – in einen Neubau.

Noch ist vieles an diesem Standort nicht perfekt: Die Besucher laufen über teils unbefestig­ten Untergrund, weil es im Kühlerhaus keine sanitären Anlagen gibt, sind vor dem Haus Toilettenw­agen aufgebaut. Das Parkhaus, das auch Theaterbes­uchern zur Verfügung stehen soll, ist noch geschlosse­n; Eröffnung soll Anfang Dezember sein. Wer mit dem Wagen zum Theater fährt, muss also noch in der Umgebung nach Parkplätze­n suchen.

Dennoch waren die Besucher am Freitag größtentei­ls angetan von der Atmosphäre des Areals. Studentin Alina Schubert zum Beispiel, die aus der Nähe von München stammt und mit einer Freundin zur Premiere gekommen ist, ist begeistert: „Ich halte das für einen ziemlich coolen Ort. So hätte ich das nicht erwartet“, sagt sie. Überhaupt habe Augsburg einige gute Locations zu bieten. „Auch das Kesselhaus ist toll.“

Helga und Karl-Heinz Schneider kommen aus Friedberg-Rinnenthal. Sie sind mit dem Auto und öffentlich­en Verkehrsmi­tteln ans Gaswerk gekommen. „Wir mussten zweimal umsteigen und haben dann am Oberhauser Bahnhof den ShuttleBus der Stadtwerke genommen“, sagt Helga Schneider. Das habe alles gut funktionie­rt. Und auch wenn die Anreise nicht so einfach war wie zum Großen Haus in der Innenstadt: „Wir lassen uns dadurch nicht von den Theaterbes­uchen abhalten“, sagt Karl-Heinz Schneider.

Einige Gäste hatten vergangene­s Jahr schon einmal eine Theaterins­zenierung am Gaskessel gesehen: Während des Brechtfest­ivals im März wurde dort Brechts „Die Maßnahme“aufgeführt. Das Erlebnis war damals allerdings getrübt: Es war so kalt, dass sich die Besucher wie für einen Stadionbes­uch anziehen mussten. Dieses Problem gab’s am Freitag nicht. Das Heizungspr­oblem haben die Stadtwerke, denen das Gaswerk-Areal gehört, offenbar gut in den Griff bekommen.

Gespielt wird im Kühlerhaus, die Pause können die Gäste im benachbart­en Apparateha­us verbringen; beide Gebäude sind durch einen überdachte­n Verbindung­sgang angeschlos­sen. Als das Gaswerk noch in Betrieb war, wurde das Gas in diesen Bauten gekühlt und weitervera­rbeitet. Im Apparateha­us sind noch alle Geräte zu sehen, die dafür benötigt wurden. Wer hier sein Pausengetr­änk nimmt, steht inmitten historisch­er Industriek­ultur und hat beinahe das Gefühl, hier würde noch immer gearbeitet. Das Theater hat beide Gebäude nur leicht verändert: Im Apparateha­us wurde eine Bar eingebaut, die wie ein Überbleibs­el aus alten Zeiten wirkt. Überall wird Bezug genommen auf das, was das Gelände einst war. Die Stadtwerke investiere­n knapp 20 Millionen in den Umbau des alten Gaswerks zum neuen Kulturstan­dort.

Neben dem Theater werden hier bald auch Künstler und Musiker ihre Ateliers und Probenräum­e beziehen. Gastronomi­e und Grünfläche­n sind ebenfalls geplant. Das acht Hektar große Gelände, das bislang durch Mauern und Zäune abgesperrt war, soll die Attraktivi­tät des Stadtteils steigern.

»Feuilleton

Eine Besprechun­g des Stücks „Gas“lesen Sie im Feuilleton » auf Seite 15. Online stellen wir Ihnen das Gelände in Bildern vor, unter augsburger-allgemeine.de/augsburg

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Das ehemalige Kühlergebä­ude auf dem Oberhauser Gaswerk-Areal dient derzeit als Spielstätt­e des Theaters (links). Im Apparateha­us nebenan wurde für die Gäste eine Art „Foyer“eingericht­et. Dort kann man sich in der Pause unterhalte­n oder an der Bar mit Industriec­harme ein Getränk kaufen (Bild unten).
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Tobias Emminger und Stefan Wenkheimer standen am Freitagabe­nd hinter der Bar im Gaswerk, die dem Fabrikgebä­ude optisch angepasst ist.
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Erika Castillo und Alina Schubert finden das Gaswerk-Areal „cool“.
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Helga und Karl-Heinz Schneider.

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