Über die Grenzen hinaus
Soziales Luna Schafitel präsentiert in ihrem Filmprojekt „Beyond Borders“Geschichten von Flucht und Ankunft in Interviewform. Dafür erhält sie viel Lob, aber auch Kritik: Zuschauer kritisiert die einseitige Darstellung
Königsbrunn Zunächst war es einen kurzen Moment lang still, doch dann wurde sehr schnell klar, dass Luna Schafitels episodenhafter Kurzfilm „Beyond Borders – Geschichten von Flucht und Ankunft“bei den Zuschauern Eindruck hinterlassen hatte. Jedenfalls nahm das interessierte Publikum im Generationenpark die Gelegenheit wahr, sich ausführlich über den zuvor gesehenen Film zum Thema Flüchtlinge auszutauschen.
Zuvor hatte die 19-jährige Augsburgerin Schafitel ihre Geschichten in Interviewform präsentiert, die sie in etwa einjähriger Arbeit zusammengestellt hatte. Dabei kamen Menschen zu Wort, die einen besonderen Bezug zu den Themen Flucht, Rassismus, Integration und Abschiebung haben und versuchen, sich in Deutschland zu integrieren beziehungsweise Betroffene dabei unterstützen.
Sie alle berichteten auf sachlicher Ebene über ihre Erfahrungen und Erlebnisse, aber auch über Hürden, die sie bei dem Versuch ihrer Integration in Deutschland erfahren mussten.
Die Zuschauer erfuhren, dass man trotz guter Deutschkenntnisse unbedingt eine Arbeitserlaubnis erhält oder dass muslimische Frauen mehr Freiheiten haben, als allgemein angenommen wird – so zumindest interpretierte eine zum Islam konvertierte Deutsche den Koran. Auch wenn die Auswahl der Protagonisten nur beispielhaft und nicht repräsentativ war, konnten sich die Zuschauer ein genaueres Bild von den Umständen machen, unter denen die Asylsuchenden ihre Heimat verlassen mussten sowie von Schwierigkeiten, auf die Geflüchtete in Deutschland immer wieder stoßen.
Im anschließenden Austausch schilderten der Syrer Abdullah und seine Frau Lama, die an diesem Abend beide ins Generationenhaus gekommen waren, eindrucksvoll die Geschichte ihrer Flucht und Integration. Wegen eines unkorrekten Passes, der in der Türkei, ihrem ersten Zufluchtsland, die politische Verfolgung zur Folge gehabt hätte, mussten die beiden mit ihren zwei kleinen Töchtern unvermittelt fliehen. Um sich schnellstmöglich integrieren zu können, lernten die beiden unermüdlich die deutsche Sprache, und Abdullah – er hatte in Syrien Medizin studiert – plant nun eine Ausbildung zum Krankenpflenicht ger, um sich die medizinischen Fachbegriffe in der deutschen Sprache anzueignen.
Das Engagement dieser Familie wurde belohnt: Inzwischen konnten die vier mithilfe des Sozialbüros eine Wohnung beziehen – ein Glücksfall, der leider nicht jedem Geflüchteten zuteilwerden kann. Andrea Bader vom Sozialbüro lieferte hier einen sehr informativen Einblick in die derzeitige Situation bei der Vergabe von Wohnungen.
Daneben kamen auch Georg Wild und Thomas Roßmann vom Helferkreis Asyl & Flucht Königsbrunn zu Wort sowie Gerhard Wild vom Café Tür an Tür, wo man sich für die Belange zugewanderter Menschen einsetzt. Sie alle berichteten von ihren Erlebnissen mit Geflüchteten.
Die Zuschauer erfuhren weitere Details, die für viele Anwesende bis dato unbekannt waren. „Ein syrischer Pass enthält kein Geburtsdatum“, berichtete Abdullah, ein Umstand, den man sich im bürokratisch korrekten Deutschland niemals vorstellen könnte und der einem Geflüchteten später Nachteile beim Ausstellen irgendwelcher Papiere bringt.
Dass die Diskussion letztendlich informativ und friedlich verlief, lag im Wesentlichen daran, dass die meisten Zuschauer gegenüber dem Thema positiv gestimmt waren. Trotzdem erhielt Schafitel für ihren Film zuletzt ein wenig Gegenwind. „Deutschland ist in dem Film viel zu schlecht weggekommen“, kritisierte einer der Besucher, der selbst beruflich häufig mit Migranten zu tun hat und der Auffassung ist, dass Deutschland eines der asylfreundlichsten Länder der Welt sei.
Es seien aber nicht alle Asylsuchenden so mustergültig wie das vorgestellte, integrationswillige Paar Lama und Abdullah. Außerdem meinte er, dass die Akteure in dem Film viel zu einseitig dargestellt würden und es keinesfalls der Willkür der Deutschen unterliege, Asylsuchende in Krisengebiete, wie beispielsweise Afghanistan, abzuschieben.
Auch wenn man bei diesem Thema geteilter Meinung sein kann: Schafitels Film regte zum Nachdenken an, und die Anwesenden konnten nach der zweistündigen Veranstaltung mit Sicherheit einen neuen Blickwinkel gewinnen. Auch für die junge Regisseurin war der Abend lohnenswert, denn sie freute sich darüber, dass sich Königsbrunner Bürger gegenüber dem Thema Flüchtlinge und Integration so aufgeschlossen und interessiert zeigten.