Schwabmünchner Allgemeine

Von Landauer bis Starbucks und Co.

Handel Das ehemalige K&L-Gebäude wurde nach einem Jahr Umbau nun neu belebt. Ein Supermarkt im Keller, ein Café im ersten Stock, dazu verschiede­ne Geschäfte – das gab es in der Geschichte des Hauses schon einmal

- VON ANDREA WENZEL

Landauer war einst eine Attraktion in Augsburg

Starbucks, Tredy, Hunkemölle­r, der Augsburger Bäcker Schubert und Rewe haben bereits eröffnet, die Drogeriema­rktkette Rossmann folgt am 20. Oktober und auch die Modekette Cos will mit ihrer Ladenfläch­en schnell nachziehen: Das ehemalige K&L-Gebäude an der Ecke Königsplat­z/Bürgermeis­terFischer-Straße erstrahlt nach knapp einjährige­r Umbauzeit in neuem Glanz und präsentier­t seine neuen Mieter.

Bis es so weit war, ist einiges passiert. Im Inneren wurden Decken und Wände herausgebr­ochen und versetzt, die Fassade teils neu gestaltet und die bislang rund 6000 Quadratmet­er große Ladenfläch­e des Vormieters K&L Ruppert in mehrere kleine Einheiten aufgeteilt. Damit und durch die Tatsache, dass jeder neue Mieter einen eigenen Zugang bekommen hat, hat sich der Investor einem aktuell von Handelsexp­erten beobachtet­en Trend angepasst: Die Kunden setzen wieder stärker auf kleinere Ladeneinhe­iten und erteilen Einkaufspa­ssagen eine Absage.

Das jetzige Konzept sollte daher ankommen – Passanten geben tatsächlic­h meist ein positives Feedback. „Schön und modern ist es geworden“, kommentier­t eine Frau und eilt schnell weiter. Über die Schulter ruft sie noch: „Ich kann mich aber auch daran erinnern, wie hier noch das Zentral war.“

Stimmt, das Zentralkau­fhaus. Es war der Vor-Vorgänger der heutigen Geschäfte und wenn man länger über den Einwurf der Passantin nachdenkt, dann findet man sich plötzlich mitten drin in einem Rückblick in die Geschichte des Warenhande­ls an diesem zentralen Platz in Augsburg.

Bereits zu Beginn der 1900-Jahre wurde der beschriebe­ne Gebäudekom­plex nämlich als Warenhaus errichtet, zusammen mit anderen neuen Geschäftsh­äusern zwischen Moritzund Königsplat­z, wie Stadthisto­riker Franz Häußler recherchie­rt hat. Weitsichti­ge Unternehme­r haben damals die Neubauten errichtet, schreibt er. Unter ihnen auch Hugo Landauer, der 1906 die aus den USA und England stammende Idee eines Warenhause­s mit umfangreic­hem Sortiment aufgriff und in betreffend­em Gebäude entlang der Bürgermeis­ter-Fischer-Straße die Kaufhalle „Hugo Landauer, Manufaktur­waren“eröffnete. „Das neue Warenhaus wies einen in Augsburg bislang nicht gekannten Luxus wie Fahrstühle auf. Kundschaft aus Stadt und Umland strömte geradezu zu Landauer“, heißt es in Häußlers Veröffentl­ichungen. Weil sich die Geschäfte der jüdischen Unternehme­rfamilie – die auch Warenhäuse­r in Stuttgart, Mannheim, Reutlingen und Köln betrieb – in Augsburg prächtig entwickelt­en, kauften die Landauers bereits nach wenigen Jahren benachbart­e Grundstück­e und Gebäude in der Bürgermeis­terFischer-Straße und schließlic­h 1912 auch den Königsbau. Also jenen Gebäudetei­l, der sich zum Königsplat­z hin erstreckt. Es entstand laut Häußler ein ganzer Kaufhausko­mplex mit Augsburgs längster Schaufenst­erfront – und das in zentralste­r Innenstadt­lage.

Schon damals wussten die Immobilien­besitzer, wie ein solches Gebäude rentabel betrieben werden kann. Im Keller gab es Platz für ein Kino (heute Rewe), einzelne Ladenfläch­en wurden vermietet (heute Cos, Tredy, Hunkemölle­r und Rossmann) und im Obergescho­ss und auf dem Balkon des Königsbaus entstand ein Café – ziemlich genau dort, wo heute die Kaffeekett­e Starbucks untergebra­cht ist. Es drängen sich demnach Parallelen zur Gestaltung in der Gegenwart auf. Doch dazwischen liegt noch ein weiteres Stück Geschichte.

Als Hitler nämlich die Macht ergriff, gerieten die jüdischen Besitzer Landauer mächtig unter Druck. „Sie erkannten die unheilvoll­en Folgen der ,neuen Zeit‘ rasch und verkauften ihr Augsburger Unternehme­n bereits 1934 unter anderem an Albert Golisch“, fasst Franz Häußler die Geschehnis­se zusammen. Golisch war ein guter Bekannter der Familie, der das Warenhaus übernahm, das aber schnell in „ZentralKau­fhaus“umbenannt wurde. Vom Krieg schwer gezeichnet, wurde es später neu aufgebaut. 1957 bekam es sogar die erste Rolltreppe Augsburgs.

Viele Jahre lang liefen dann die Geschäfte des „Zentral“, wie das Kaufhaus von den Augsburger­n kurz genannt wurde, gut. Erst 1980 verkleiner­te sich das Unternehme­n und der Königsbau wurde an K&L-Ruppert vermietet. 2000 schloss das Zentralkau­fhaus schließlic­h ganz und machte Platz für Galeria Kaufhof. 2015 ging auch dieses Kapitel zu Ende und das Augsburger Unternehme­n Schuh Schmid übernahm die Flächen. 2017 der nächste Wechsel: K&L Ruppert gibt seinen Rückzug bekannt. Wieder muss ein Teil des Gebäudekom­plexes neu vermietet werden. Was nun folgt, erinnert ein wenig an die Strukturen vor dem Zweiten Weltkrieg. Im ersten Stock des Königsbaus gibt es wieder ein Café, auch das Untergesch­oss wird mit Rewe wieder bespielt und Ladenfläch­en an verschiede­ne Mieter vergeben. Altbekannt­es kommt wieder, wissen Trendforsc­her. Das gilt offenbar nicht nur für die Mode, sondern auch für manche Handelsfor­mate.

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Foto: Bernd Hohlen Ins ehemalige K&L-Gebäude sind nach langer Umbauphase die ersten neuen Mieter eingezogen.
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Foto: Archiv Häußler Der Königsbau um 1934. Schon damals gab es im ersten Stock ein Café. Auch auf dem Balkon standen Tische. Heute ist hier Starbucks.
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Foto: Archiv Häußler Ein Etikett, wie es das Kaufhaus Landauer verwendete.

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