Von Landauer bis Starbucks und Co.
Handel Das ehemalige K&L-Gebäude wurde nach einem Jahr Umbau nun neu belebt. Ein Supermarkt im Keller, ein Café im ersten Stock, dazu verschiedene Geschäfte – das gab es in der Geschichte des Hauses schon einmal
Landauer war einst eine Attraktion in Augsburg
Starbucks, Tredy, Hunkemöller, der Augsburger Bäcker Schubert und Rewe haben bereits eröffnet, die Drogeriemarktkette Rossmann folgt am 20. Oktober und auch die Modekette Cos will mit ihrer Ladenflächen schnell nachziehen: Das ehemalige K&L-Gebäude an der Ecke Königsplatz/BürgermeisterFischer-Straße erstrahlt nach knapp einjähriger Umbauzeit in neuem Glanz und präsentiert seine neuen Mieter.
Bis es so weit war, ist einiges passiert. Im Inneren wurden Decken und Wände herausgebrochen und versetzt, die Fassade teils neu gestaltet und die bislang rund 6000 Quadratmeter große Ladenfläche des Vormieters K&L Ruppert in mehrere kleine Einheiten aufgeteilt. Damit und durch die Tatsache, dass jeder neue Mieter einen eigenen Zugang bekommen hat, hat sich der Investor einem aktuell von Handelsexperten beobachteten Trend angepasst: Die Kunden setzen wieder stärker auf kleinere Ladeneinheiten und erteilen Einkaufspassagen eine Absage.
Das jetzige Konzept sollte daher ankommen – Passanten geben tatsächlich meist ein positives Feedback. „Schön und modern ist es geworden“, kommentiert eine Frau und eilt schnell weiter. Über die Schulter ruft sie noch: „Ich kann mich aber auch daran erinnern, wie hier noch das Zentral war.“
Stimmt, das Zentralkaufhaus. Es war der Vor-Vorgänger der heutigen Geschäfte und wenn man länger über den Einwurf der Passantin nachdenkt, dann findet man sich plötzlich mitten drin in einem Rückblick in die Geschichte des Warenhandels an diesem zentralen Platz in Augsburg.
Bereits zu Beginn der 1900-Jahre wurde der beschriebene Gebäudekomplex nämlich als Warenhaus errichtet, zusammen mit anderen neuen Geschäftshäusern zwischen Moritzund Königsplatz, wie Stadthistoriker Franz Häußler recherchiert hat. Weitsichtige Unternehmer haben damals die Neubauten errichtet, schreibt er. Unter ihnen auch Hugo Landauer, der 1906 die aus den USA und England stammende Idee eines Warenhauses mit umfangreichem Sortiment aufgriff und in betreffendem Gebäude entlang der Bürgermeister-Fischer-Straße die Kaufhalle „Hugo Landauer, Manufakturwaren“eröffnete. „Das neue Warenhaus wies einen in Augsburg bislang nicht gekannten Luxus wie Fahrstühle auf. Kundschaft aus Stadt und Umland strömte geradezu zu Landauer“, heißt es in Häußlers Veröffentlichungen. Weil sich die Geschäfte der jüdischen Unternehmerfamilie – die auch Warenhäuser in Stuttgart, Mannheim, Reutlingen und Köln betrieb – in Augsburg prächtig entwickelten, kauften die Landauers bereits nach wenigen Jahren benachbarte Grundstücke und Gebäude in der BürgermeisterFischer-Straße und schließlich 1912 auch den Königsbau. Also jenen Gebäudeteil, der sich zum Königsplatz hin erstreckt. Es entstand laut Häußler ein ganzer Kaufhauskomplex mit Augsburgs längster Schaufensterfront – und das in zentralster Innenstadtlage.
Schon damals wussten die Immobilienbesitzer, wie ein solches Gebäude rentabel betrieben werden kann. Im Keller gab es Platz für ein Kino (heute Rewe), einzelne Ladenflächen wurden vermietet (heute Cos, Tredy, Hunkemöller und Rossmann) und im Obergeschoss und auf dem Balkon des Königsbaus entstand ein Café – ziemlich genau dort, wo heute die Kaffeekette Starbucks untergebracht ist. Es drängen sich demnach Parallelen zur Gestaltung in der Gegenwart auf. Doch dazwischen liegt noch ein weiteres Stück Geschichte.
Als Hitler nämlich die Macht ergriff, gerieten die jüdischen Besitzer Landauer mächtig unter Druck. „Sie erkannten die unheilvollen Folgen der ,neuen Zeit‘ rasch und verkauften ihr Augsburger Unternehmen bereits 1934 unter anderem an Albert Golisch“, fasst Franz Häußler die Geschehnisse zusammen. Golisch war ein guter Bekannter der Familie, der das Warenhaus übernahm, das aber schnell in „ZentralKaufhaus“umbenannt wurde. Vom Krieg schwer gezeichnet, wurde es später neu aufgebaut. 1957 bekam es sogar die erste Rolltreppe Augsburgs.
Viele Jahre lang liefen dann die Geschäfte des „Zentral“, wie das Kaufhaus von den Augsburgern kurz genannt wurde, gut. Erst 1980 verkleinerte sich das Unternehmen und der Königsbau wurde an K&L-Ruppert vermietet. 2000 schloss das Zentralkaufhaus schließlich ganz und machte Platz für Galeria Kaufhof. 2015 ging auch dieses Kapitel zu Ende und das Augsburger Unternehmen Schuh Schmid übernahm die Flächen. 2017 der nächste Wechsel: K&L Ruppert gibt seinen Rückzug bekannt. Wieder muss ein Teil des Gebäudekomplexes neu vermietet werden. Was nun folgt, erinnert ein wenig an die Strukturen vor dem Zweiten Weltkrieg. Im ersten Stock des Königsbaus gibt es wieder ein Café, auch das Untergeschoss wird mit Rewe wieder bespielt und Ladenflächen an verschiedene Mieter vergeben. Altbekanntes kommt wieder, wissen Trendforscher. Das gilt offenbar nicht nur für die Mode, sondern auch für manche Handelsformate.