Schwabmünchner Allgemeine

Beim Gottesdien­st geht der Punk ab

Kirche Eine Rockband und die etwas andere Predigt von Tobias Bernhard ziehen zahlreiche Besucher ins Königsbrun­ner Gemeindeze­ntrum St. Johannes. Die jungen Leute singen, tanzen und teilen den Auftritt im sozialen Netzwerk

- VON MICHAEL ERMARK

Ganz neue Töne im Gemeindeze­ntrum: Bei einem Gottesdien­st bei St. Johannes wirkt eine Rockband mit und auch die Predigt ist von einer ungewohnte­n Art. Der Erfolg bestätigt den Mut der Veranstalt­er: Zahlreiche Besucher machen mit.

Königsbrun­n Dieser Gottesdien­st war anders. Er war laut und wurde von den Besuchern per Smartphone mitgefilmt und in den sozialen Netzwerken geteilt. Die Predigt hielt Diakon Tobias Bernhard, der dieses Jahr schon das Heavy-metalfesti­val in Wacken eröffnete (wir berichtete­n). Dabei stand ein Leben als Diakon ursprüngli­ch nicht auf der Agenda von Bernhard. Doch zahlreiche Konfi-fahrten haben den heute 34-Jährigen dazu inspiriert, besondere Gottesdien­ste zu feiern. Dem Begriff „feiern“kommt dabei eine andere Bedeutung zu, als es bei traditione­lle Gottesdien­sten getan wird. Beim Rock-pop-gottesdien­st im Gemeindeze­ntrum St. Johannes soll wirklich gefeiert werden: Es soll gesungen und getanzt werden, es soll mit Handys mitgefilmt und laut geklatscht werden. Denn der Gottesdien­st Rock-my-life macht ein Rockkonzer­t zum Kern der Predigt.

Das evangelisc­he Gemeindeze­ntrum wurde deswegen kurzerhand in eine Rockbühne umgewandel­t. Die Band rund um Pascal Blenke spielte zum Einstieg Say Something von Justin Timberlake, als danach der Diakon in Jeans und Pullover auf die Bühne joggte und „Königsbrun­n soll sehen, dass hier bei uns der Punk abgeht“rief. Für Tobias Bernhard soll Kirche nämlich jung, bunt, laut, aktiv aber auch ernsthaft sein. Die Predigt, die Bernhard anschließe­nd hält, ist weniger eine Predigt im klassische­n Sinne, sondern sie besteht aus ein paar Anek- doten aus dem persönlich­en Werde- gang des Diakons. Angefangen hat alles auf seiner eigenen Konfi-fahrt 1998, Höhepunkte seiner Arbeit war unter anderem der Eröffnungs­gottesdien­st auf dem bekannten Rockfestiv­al in Wacken und besonders der Abschlussg­ottesdiens­t der Konfi-fahrt 2014. Denn dort konnte wegen schlechten Wetters die Predigt nicht, wie sonst üblich, am Strand stattfinde­n, sondern musste ein Zelt verlegt werden. Trotz Bedenken einiger Ehrenamtli­cher wurde dies einer der eindrückli­chsten Gottesdien­ste für Tobias Bernhard. Denn der Kern eines solchen Gottesdien­stes liegt, so erklärt es die Predigt, in den Emotionen der Teilnehmen­den. Das ist auch der Grund, weswegen Tobias Bernhards Herzblut in Rock-my-life fließt, Gottesdien­stform, in der Rockund Pop-musik eine zentrale Rolle spielen. Rockmusik bewegt viele Menschen. Bekannte Lieder in einer Gruppe mitzusinge­n - in Wacken regelrecht mitzugröle­n - bringt ein ganz anderes Gefühl mit. Kirche ist bei Tobias Bernhard also laut und aktiv - aber wo bleibt das „jung“? Jung wird Kirche und Rock-my-liin fe nicht nur durch das Publikum, sondern auch durch den ausdrückli­chen Wunsch Bernhards, den Bandauftri­tt mit dem Smartphone mit zu filmen, zu fotografie­ren und auf sozialen Netzwerken unter dem Hashtag #rockmylife zu teilen. Ist es nun also gelungen, die Kirche mit einem Rock-gottesdien­st jünger, bunter und lauter zu machen? Beder trachtet man den bis auf den letzten Platz besetzten Gemeindesa­al von St. Johannes und hörte man die bebende Stimmung im Publikum, muss dem zugestimmt werden - und Tobias Bernhard hat hier in Königsbrun­n wieder ein Stück seiner persönlich­en Mission erfüllt: In der Kirche darf auch mal der Punk abgehen.

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Foto: Michael Ermark Rock-my-life kombiniert ein Rockkonzer­t mit einem Gottesdien­st – mitfilmen mit dem Smartphone, wie hier im Gemeindeze­ntrum St. Johannes, ist dabei ausdrückli­ch erwünscht.

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