Beim Gottesdienst geht der Punk ab
Kirche Eine Rockband und die etwas andere Predigt von Tobias Bernhard ziehen zahlreiche Besucher ins Königsbrunner Gemeindezentrum St. Johannes. Die jungen Leute singen, tanzen und teilen den Auftritt im sozialen Netzwerk
Ganz neue Töne im Gemeindezentrum: Bei einem Gottesdienst bei St. Johannes wirkt eine Rockband mit und auch die Predigt ist von einer ungewohnten Art. Der Erfolg bestätigt den Mut der Veranstalter: Zahlreiche Besucher machen mit.
Königsbrunn Dieser Gottesdienst war anders. Er war laut und wurde von den Besuchern per Smartphone mitgefilmt und in den sozialen Netzwerken geteilt. Die Predigt hielt Diakon Tobias Bernhard, der dieses Jahr schon das Heavy-metalfestival in Wacken eröffnete (wir berichteten). Dabei stand ein Leben als Diakon ursprünglich nicht auf der Agenda von Bernhard. Doch zahlreiche Konfi-fahrten haben den heute 34-Jährigen dazu inspiriert, besondere Gottesdienste zu feiern. Dem Begriff „feiern“kommt dabei eine andere Bedeutung zu, als es bei traditionelle Gottesdiensten getan wird. Beim Rock-pop-gottesdienst im Gemeindezentrum St. Johannes soll wirklich gefeiert werden: Es soll gesungen und getanzt werden, es soll mit Handys mitgefilmt und laut geklatscht werden. Denn der Gottesdienst Rock-my-life macht ein Rockkonzert zum Kern der Predigt.
Das evangelische Gemeindezentrum wurde deswegen kurzerhand in eine Rockbühne umgewandelt. Die Band rund um Pascal Blenke spielte zum Einstieg Say Something von Justin Timberlake, als danach der Diakon in Jeans und Pullover auf die Bühne joggte und „Königsbrunn soll sehen, dass hier bei uns der Punk abgeht“rief. Für Tobias Bernhard soll Kirche nämlich jung, bunt, laut, aktiv aber auch ernsthaft sein. Die Predigt, die Bernhard anschließend hält, ist weniger eine Predigt im klassischen Sinne, sondern sie besteht aus ein paar Anek- doten aus dem persönlichen Werde- gang des Diakons. Angefangen hat alles auf seiner eigenen Konfi-fahrt 1998, Höhepunkte seiner Arbeit war unter anderem der Eröffnungsgottesdienst auf dem bekannten Rockfestival in Wacken und besonders der Abschlussgottesdienst der Konfi-fahrt 2014. Denn dort konnte wegen schlechten Wetters die Predigt nicht, wie sonst üblich, am Strand stattfinden, sondern musste ein Zelt verlegt werden. Trotz Bedenken einiger Ehrenamtlicher wurde dies einer der eindrücklichsten Gottesdienste für Tobias Bernhard. Denn der Kern eines solchen Gottesdienstes liegt, so erklärt es die Predigt, in den Emotionen der Teilnehmenden. Das ist auch der Grund, weswegen Tobias Bernhards Herzblut in Rock-my-life fließt, Gottesdienstform, in der Rockund Pop-musik eine zentrale Rolle spielen. Rockmusik bewegt viele Menschen. Bekannte Lieder in einer Gruppe mitzusingen - in Wacken regelrecht mitzugrölen - bringt ein ganz anderes Gefühl mit. Kirche ist bei Tobias Bernhard also laut und aktiv - aber wo bleibt das „jung“? Jung wird Kirche und Rock-my-liin fe nicht nur durch das Publikum, sondern auch durch den ausdrücklichen Wunsch Bernhards, den Bandauftritt mit dem Smartphone mit zu filmen, zu fotografieren und auf sozialen Netzwerken unter dem Hashtag #rockmylife zu teilen. Ist es nun also gelungen, die Kirche mit einem Rock-gottesdienst jünger, bunter und lauter zu machen? Beder trachtet man den bis auf den letzten Platz besetzten Gemeindesaal von St. Johannes und hörte man die bebende Stimmung im Publikum, muss dem zugestimmt werden - und Tobias Bernhard hat hier in Königsbrunn wieder ein Stück seiner persönlichen Mission erfüllt: In der Kirche darf auch mal der Punk abgehen.