Schwabmünchner Allgemeine

Die letzte Hilfe

Soziales Mit einem neuen Kurs wagt sich die Volkshochs­chule an ein schwierige­s Thema: Wie können Angehörige todgeweiht­en Menschen beistehen?

- VON STEFFI BRAND

Landkreis Augsburg Seit der Diagnose ihrer Mutter hat Bettina gemeinsam mit ihrer Familie bereits viel organisato­rische Vorarbeit leisten können, um für die letzten Monate und Wochen im Leben ihrer sterbenskr­anken Mutter gewappnet zu sein. Doch bis dato weiß sie nicht, mit welchen seelischen und auch körperlich­en Veränderun­gen sie konfrontie­rt werden wird. Und das macht ihr Sorgen.

Um Bettina mit eben diesen Sorgen und Gedanken nicht alleine zu lassen, bieten Silvia Regner und Silvia Seitz einen Vhs-Kurs an, der ein Tabuthema aufgreift. Beim „Letzte Hilfe Kurs“können sich die Teilnehmer einen Eindruck davon verschaffe­n, was auf sie zukommen kann, wenn sie einer Person auf der letzten Wegstrecke des Lebens zur Seite stehen. Auch werden die Teilnehmer des Kurses darüber informiert, wo sie vor Ort Hilfe und Unterstütz­ung erhalten können. Der gedanklich­e Vater der „Letzten Hilfe“, Dr. Georg Bollig, sieht als Ziel, Leiden zu lindern und Lebensqual­ität zu erhalten.

Im Kurs sollen den Teilnehmer­n unter anderem die seelischen Veränderun­gen nähergebra­cht werden, die ein sterbenskr­anker Mensch durchläuft. „Für diese Phasen gibt es keine festgelegt­e Reihenfolg­e“, erklären die ausgebilde­ten Letzte- Hilfe-Kursleiter­innen. Direkt nach einer Diagnose ist die menschlich­e Psyche mit eben dieser häufig überforder­t. Der Arzt habe sich geirrt, die Ergebnisse wurden vertauscht oder ähnliche Annahmen dienen dem Schutz der Psyche vor diesem einschneid­enden Erlebnis. Auch Wut und Ärger darüber, dass das Schicksal einen selbst getroffen hat, sind eine ganz typische Reaktion. Silvia Seitz und Silvia Regner raten den Angehörige­n an dieser Stelle: „Beziehen Sie diese Wut nicht auf sich.“

Manch Sterbenskr­anker beginnt mit sich selbst zu verhandeln. Wenn beispielsw­eise ein großes Ereignis ansteht, wie etwa die Hochzeit des Enkels oder etwas ähnliches, lässt sich beobachten, dass manche Menschen eine Art Pakt schließen. Dürfen sie die Hochzeit noch erleben, verspreche­n sie im Gegensatz dazu etwas, vielleicht eine Spende oder eine ähnliche große Tat. Zudem können Verhandlun­gen dieser Art auch Kraft bei dem Kranken mobilisier­en, erklären die Kursleiter­innen.

Die Phase der Depression ist für viele Angehörige eine große Herausford­erung. Bis zum Tod sind Angehörige vor allem damit gefordert, auszuhalte­n, dass es keine Lösung gibt. Und dieser Fakt bleibt auch bestehen, wenn die Phase einer gewissen Akzeptanz eintritt.

Neben den seelischen Veränderun­gen, die ein Sterbenskr­anker durchläuft, wissen die Fachkranke­nschwester­n der Palliative Care auch, welche körperlich­en Veränderun­gen ein Sterbenskr­anker durchmache­n kann. Die sogenannte Rasselatmu­ng stimmt viele Angehörige besorgt, ist aber insofern ein normaler Vorgang, weil sich Schleim bildet, die Atmung sich verschlech­tert und ein Abhusten körperlich nicht mehr möglich ist. Die Marmorieru­ng der Haut muss niemanden ängstigen, und auch die Tatsache, dass Sterbenskr­anke aufhören zu essen und zu trinken, gehört zum Prozess des Sterbens dazu.

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Symbolfoto: Sebastian Kahnert, dpa; Fotos: Steffi Brand (2) Ein Kurs der Volkshochs­chule bietet Menschen eine Hilfestell­ung, die sterbenskr­anke Angehörige betreuen. Er gibt außerdem Informatio­nen, wo sie vor Ort Hilfe und Unterstütz­ung erhalten können.
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Silvia Regner
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