Schwabmünchner Allgemeine

Kamera unter Beobachtun­g

Bestandsau­fnahme Die kleinen Augen wachen in Geschäften, Banken und Parkhäuser­n, selbst an Privathäus­ern. Im öffentlich­en Raum sind sie dagegen selten und in der Bevölkerun­g umstritten. Was sie dürfen und was sie bringen

- VON SIEGFRIED P. RUPPRECHT

Eine Videokamer­a sorgte jüngst in Schwabmünc­hens Stadthalle für Irritation. Wer filmt bei uns eigentlich was und wo? Was ist erlaubt?

Landkreis Ein Beispiel in der Stadthalle Schwabmünc­hen hat jüngst durch eine kurze Diskussion das Augenmerk auf sie gelenkt: Überwachun­gskameras. Sie gehören mittlerwei­le fast zu unserem Alltag, sind mal mehr, mal weniger sichtbar: im Supermarkt, an der Tankstelle, in Straßenbah­n und Zug, im Restaurant, am Geldautoma­t, auf Firmengelä­nde.

Viele Bürger empfinden die kleinen Wächter inzwischen als völlig normal, sehen darin auch ein Stück Sicherheit. Dennoch entbrennen darüber immer wieder Diskussion­en. Denn wer weiß, ob am Monitor hinter dem Kameraauge einer sitzt und was er da auswertet? Oder wird hier aufgezeich­net, um im Zweifelsfa­ll klären zu können, was vor Ort vorging? Viele Fragen wären möglich. So kam es auch zur Kritik eines Kursteilne­hmers in Schwabmünc­hen. Dem Mann war im Seminarrau­m der Stadthalle eine Kamera aufgefalle­n. Er wolle im Unterricht weder beobachtet noch überwacht werden, monierte er.

Doch es gibt gerade in größeren Städten auch Videoüberw­achung auf öffentlich­en Verkehrs- oder Grünfläche­n. Was oft unbekannt ist: Sie ist grundsätzl­ich nur zulässig, wenn sie zum Schutz der öffentlich­en Sicherheit und Ordnung vorgenomme­n wird. Wie handhaben es damit die Städte in der Region?

Königsbrun­n verfügt in diesem Bereich lediglich über eine stationäre Videoüberw­achung am Mercateum. Doch die sei derzeit deaktivier­t, teilt Anke Maresch vom Bürgermeis­terbüro mit. Eine Videoüberw­achung im öffentlich­en Raum werde nur in enger Absprache mit der Polizei und im Einklang mit dem Datenschut­z installier­t. Infrage käme nur ein kriminelle­r Brennpunkt. Und der existiere aktuell nicht in Königsbrun­n, sagt Maresch.

Bobingens Bürgermeis­ter Bernd Müller benennt auf Anfrage zwei Kamerainst­allationen an städtische­n Gebäuden. Beide – eine im Bereich des Rathaus-Betriebsgr­undstücks bei den Garagen, die andere im Eingangsbe­reich der Siedlungsg­rundschule – dienen ausschließ­lich dem Objektschu­tz. Persönlich sehe er das Thema Videoüberw­achung „eher skeptisch“, meint er.

Freigabe zur Überwachun­g des öffentlich­en Raumes im Freien hat der Datenschut­zbeauftrag­te der Stadt Schwabmünc­hen, Matthias Böck, erteilt. In den letzten Jahren sei zu diesem Zwecke auch keine Anfrage eingegange­n. Und davor sei das Ergebnis stets gegen die Kameras ausgefalle­n, so Böck. „Bei Anfragen werden der Datenschut­z sowie alle anderen rechtliche­n Aspekte und Sachverhal­te genauesten­s geprüft“, versichert auch er.

Und die Gemeinden in der Regi-

on? Beispiel Großaiting­en: Hier erfolge vonseiten der Kommune keine Überwachun­g, betont Bürgermeis­ter Erwin Goßner. „Ich bin offen gestanden froh, auf dieses Hilfsmitte­l noch verzichten zu können und dass sich die Gemeinde bei dieser verantwort­ungsvollen Thematik nicht dafür oder dagegen ausspreche­n muss.“

Bestätigt werden diese Aussagen vom Leiter der Polizeiins­pektion (PI) Bobingen, Artur Dachs: „Zur Prävention werden im EinzugsgeK­eine

biet der PI keine Überwachun­gskameras eingesetzt.“Dazu müsste sich eine Örtlichkei­t herauskris­tallisiere­n, die im Vergleich zu anderen öffentlich­en Plätzen ein deutlich erhöhtes Einsatz- und Straftaten­aufkommen verzeichne.

Anders sei die Sache allerdings im nicht öffentlich­en Raum, also im Privatsekt­or und im gewerblich­en Bereich. Hier würden sich Überwachun­gskameras wachsender Beliebthei­t erfreuen, macht Dachs aufmerksam.

Grund dafür sei vor allem das gestiegene Sicherheit­sbedürfnis, aber auch der Kampf gegen Diebstahl und Vandalismu­s, erklärt ein Schwabmünc­hner Geschäftsi­nhaber, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Wichtig sei allerdings, auf die Aufzeichnu­ng gut sichtbar aufmerksam zu machen.

Der Globus Baumarkt in Königsbrun­n zeigt beispielsw­eise, wie es korrekt ist: Er weist seine Kunden mit farbigen Schildern schon im Eingangsbe­reich auf die Videoüberw­achung hin. Nicht ohne Grund: Bei dieser Vorgehensw­eise handelt es sich auch immer um einen erhebliche­n Eingriff in die Persönlich­keitsrecht­e eines jeden Einzelnen.

Die kleinen Beobachter gibt es auch vereinzelt an Schulen. Als vor einigen Jahren Unbefugte in Schulen Kinder ansprachen, wurden die Zugangstür­en gesichert. Während der Unterricht­szeit und auch danach sind sie nun meist verschloss­en. Zum Beispiel, wo die Örtlichkei­ten unübersich­tlich sind oder die Tür auf Klingelzei­chen per Fernschalt­er geöffnet werden, gibt es immer noch zusätzlich­e Kameraauge­n. Das hat die Elternscha­ft seither stark beruhigt.

Doch auch dort heißt es unmissvers­tändlich: Heimliche Videoüberw­achung ist verboten. Kameras müssen gesetzesko­nform installier­t und betrieben werden. Darauf legt auch Schulleite­r Dirk Hampel von der Staatliche­n Realschule Bobingen größten Wert. Auch an seiner Lehranstal­t wird der äußere Eingangsbe­reich gefilmt. „Bei uns ist in der Vergangenh­eit immer etwas beschädigt oder zerstört worden“, erzählt er. Seit der Videoüberw­achung habe es am Gebäude weder Sachbeschä­digungen noch Vandalismu­s gegeben.

Weitere Kameras sind für den Rektor allerdings kein Thema. Es gebe keinen Grund, die Innenräume oder den Pausenhof zu überwachen. Auf Letzteren würde beispielsw­eise die örtliche Sicherheit­swacht ein Auge werfen.

Doch bringen Kameras tatsächlic­h mehr Sicherheit? Hier scheiden sich die Gemüter. Gegner befürchten Eingriffe in die Privatsphä­re. Befürworte­r nennen als Argumente die Beweissich­erung und das frühzeitig­e Erkennen von Gefährdung­en. Für die einen sind sie Fluch, für die anderen Segen.

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Foto: Siegfried P. Rupprecht Die Stadt Königsbrun­n hat am Handelsmus­eum Mercateum eine Videoüberw­achung angebracht.

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