Schwabmünchner Allgemeine

Wählen arme Menschen wirklich eher AfD?

Analyse Was das Einkommen der Bürger mit ihrem Wahlverhal­ten zu tun hat. Wir haben alle 46 Städte und Gemein nden im Augsburger Land verglichen

- VON MARIA HEINRICH

Landkreis Augsburg Bayern hat gewählt, und das Ergebnis wird oft mit dem Streit der Politiker in Berlin begründet. Aber es gibt noch andere Faktoren, die bei der Wahl eine Rolle spielen: objektive Daten wie Alter, geografisc­he Lage oder Vermögen. Besonders der letzte Aspekt hat uns interessie­rt. Denn auch im reichen Landkreis Augsburg, in dem nahezu Vollbeschä­ftigung herrscht, gibt es gewaltige Unterschie­de.

Die aktuelle Sozialraum­analyse zeigt, wie unterschie­dlich die Menschen im Landkreis verdienen. In Aystetten beispielsw­eise haben nur 1,5 Prozent aller Haushalte ein mittleres monatliche­s Nettoeinko­mmen von weniger als 1500 Euro. In Langerring­en sind es mehr als ein Viertel aller Haushalte. Genauso unterschei­den sich die Nachbarstä­dte Gersthofen und Neusäß mit 22,1 und 8,8 Prozent (siehe Grafik rechts).

1500 Euro sind für einen Haushalt mit ein oder zwei Personen nicht unbedingt wenig. Für die finanziell­e Situation entscheide­nd ist aber, ob sie zur Miete wohnen oder Eigentum besitzen. Zumal im Landkreis die Anzahl der Betroffene­n, die einen Minijob haben oder in Teilzeit- oder Leiharbeit­sverhältni­ssen eingestell­t sind, von Jahr zu Jahr steigt. Allein im Augsburger Land sind das mehr als 30 000 Menschen – ein Rekordwert. Gleichzeit­ig steigen Mieten und Lebenshalt­ungskosten stetig, das setzt Menschen immer weiter unter Druck.

Diese Beobachtun­gen haben wir mit den Wahlergebn­issen der Alternativ­e für Deutschlan­d (AfD) verglichen. Gemeinsam mit Alexander Kritikos, Forschungs­direktor am Deutschen Institut für Wirtschaft­sforschung (DIW) in Berlin, wurde analysiert, ob zwischen den Faktoren Einkommen und Wahlverhal­ten ein Zusammenha­ng besteht. Kritikos sagt: „Wie bereits nach der Bundestags­wahl zeig die Menschen im Lan dienen, ist die AfD s kommen hoch sind, i eher schwach.“Dies scheint sich auch fü Augsburg zu bestätig In Aystetten holt d Zweitstimm­en 8,3 Pr ringen sind es 12,0 Pr Nachbarstä­dten Ger Prozent und Neusäß ist die populistis­che P lich stark. In Stadtber zent der Haushalte Euro haben, holt die In Königsbrun­n – dor zent – liegt die AfD (siehe Grafik links) Der Durchschni­ttsw Augsburg-Land-Süd zent, im Stimmkreis Dillingen bei 11,8.

„Natürlich gibt men“, sagt Alexand Beispiel Altenmünst münchen. In kleine zudem die Aussagekr grenzt, weil im Verhä Menschen wählen g stehen die Wahlergeb klang mit unserer au wahl gewonnenen T scher stellten schon se sich Geringverd­iener nicht angesproch­en f entweder gar nicht w nun eben für die AfD Kritikos. Eine möglic

In den vergangene den unteren Einkom Reallohn gesunken. D tere Hälfte in der L gesamten Gesellscha weniger. „Gleichzei Politik aber nicht den an der Situation der benden etwas änder Kritikos. Stattdesse­n tiker mit dem Wohls dem Motto: Es geht u „Doch gerade bei den benden ist von diese gerung eben nichts a führt zu Verdruss.“

Deshalb wenden Menschen der AfD zu lich für solche Proble

„Die Politik vermittelt nicht den Eindruck, dass sie an der Situation der weniger Wohlhabend­en etwas ändert.“

Prof. Alexander Kritikos

„Die Politiker in Berlin oder München wissen doch gar nicht, wie es ist, wenig Geld zu haben.“

Prof. Christoph Butterwegg­e

gte sich: Dort, wo ndkreis wenig verstark. Wo die Einist die rechte Partei ser Zusammenha­ng für den Landkreis gen. Drei Beispiele: die AfD bei den Prozent, in Langerroze­nt. Auch in den rsthofen mit 14,5 ß mit 10,0 Prozent Partei unterschie­dergen, wo 13,8 Proweniger als 1500 e AfD 9,5 Prozent. ort sind es 23,0 ProD bei 13,6 Prozent ). Zum Vergleich: wert im Stimmkreis d liegt bei 11,1 Pros Augsburg-Landes

auch Ausnahder Kritikos. Zum ter und Schwaberen Gemeinde ist raft der Zahlen behältnis dort weniger gehen. „Insgesamt bnisse aber im Einus der Bundestags­These.“Wahlforeit Jahren fest, dass er von der Politik fühlen und deshalb wählen gehen oder D stimmen, erklärt che Ursache: en 20 Jahren ist in mmensschic­hten der Das heißt: Die unLohnvert­eilung der aft verdient immer itig vermittelt die n Eindruck, dass sie r weniger Wohlhaern wird“, erklärt n werben viele Polistand für alle, nach uns so gut wie nie. n weniger Wohlhaer Wohlstands­steiangeko­mmen. Das

sich viele dieser zu. „Sie bietet nämeme scheinbar einfache Lösungen an und richtet sich damit genau an die Menschen, die nicht an den Wohlstands­steigerung­en teilnehmen und frustriert sind.“

Auf dem Land wird diese Frustratio­n noch größer. Denn dort fühlen sich die Menschen von der Politik im Stich gelassen, wenn Schulen und Krankenhäu­ser geschlosse­n werden. „Auch dort wenden sich deshalb mehr Menschen der AfD zu.“Das fand Alexander Kritikos nach der Bundestags­wahl heraus. Vieles spricht dafür, dass sich dieses Wahlverhal­ten auch in den bayerische­n Landtagswa­hlen bestätigt hat. Zum Beispiel ist die AfD in den relativ weitgesied­elten Holzwinkel­gemeinden Emersacker, Welden und Heretsried – mit Ausnahme von Bonstetten – stark.

Dass immer mehr Menschen mit geringem Einkommen für die AfD stimmen, hält Armutsfors­cher Christoph Butterwegg­e aus Köln für bedenklich. „Ebenso problemati­sch ist, dass prekäre Lebensverh­ältnisse häufig sogar zur Wahlabstin­enz führen.“Laut Butterwegg­e kann das sogar die Demokratie gefährden: „Deren Sinn ist, dass alle Bevölkerun­gsschichte­n im politische­n Geschehen repräsenti­ert sind.“Wenn aber ein Teil der Bürger, zum Beispiel Arme und Alleinerzi­ehende, kaum vertreten sind, ist das politische System infrage gestellt. „Man kann es so sagen: Prekäre Lebensverh­ältnisse schaden der Demokratie. Denn wenn nicht alle wählen, die entscheidu­ngsbefugt sind, dann ist es nicht mehr gerecht, wie sich Deutschlan­d entwickelt.“

Doch Butterwegg­e fragt sich: Wie sollen sich Arme oder Alleinerzi­ehende in den Entscheidu­ngsprozess einbringen? „Solche Menschen plagen schließlic­h ganz andere Sorgen. Die arrivierte­n Politiker in Berlin oder München wissen doch gar nicht, wie es ist, wenig Geld zu haben. Sie sind weit entfernt von der direkten Lebenswirk­lichkeit der Armen.“

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