Zurück ins Drama
Tipp des Tages Der Film „Das Leben vor mir“greift schwere Themen mit Leichtigkeit auf
ARD, 20.15 Uhr „Manchmal ist Familie wie eine Tombola, die nur Scheiße verlost“, wirft die alt gewordene linke Journalistin Julia dem Vater ihrer beiden erwachsenen Kinder an dessen ergrauten Strubbelkopf. Und die so bissig und selbstgerecht auftretende Frau (Eleonore Weisgerber) hat auf den ersten Blick allen Grund, sich zu erregen: Verließ der gut situierte Akademiker Cornelius (Matthias Habich) sie doch vor 25 Jahren, nachdem er seine Homosexualität und seine Liebe zum wesentlich jüngeren Karatelehrer Frank (Stephan Kampwirth, „Gladbeck“) entdeckt hatte. Diese und noch schwerere Themen greift das Fernsehdrama „Das Leben vor mir“heute im Ersten auf.
Julia ging damals mit Sohn und Tochter in die USA, um die Trennung zu verkraften und in San Francisco bei einem politisch engagierten Blatt Karriere zu machen. Am Ende aber beruflich und menschlich gescheitert, pleite und vermutlich todkrank kehrt sie nun zurück nach Hamburg und begehrt Unterschlupf im früheren gemeinsamen Haus, in dem die Eheleute Cornelius und Frank gerade stilvoll ihr Jubiläum begehen wollen.
Noch deutlich komplexer geraten die weiteren Beziehungs- und Familienthemen im Laufe des Fernsehdramas „Das Leben vor mir“. Abgründig erscheinen die Verhältnisse schon alleine aufgrund des Weltbilds der eingefleischten Alt-68erin Julia. Dennoch ist es keine Plackerei, dem in oft eisgrauen Bildern aufgenommenen Drama zuzuschauen. Das liegt zum einen an den souveränen Leistungen der Darsteller, zum anderen an den intelligent geschriebenen Dialogen, die für Leichtigkeit sorgen.